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Düsseldorf Die arabische Welt im Familienalbum

Düsseldorf · Die Kunstsammlung widmet dem Filmemacher und Künstler Akram Zaatari die Ausstellung "Against Photography".Die Schau im K 21 dokumentiert die Geschichte der "Arab Image Foundation", deren Hauptvertreter Zaatari ist.

Verstöße gegen die Logik wecken Neugier. Warum nennt der in Beirut lebende Künstler, Filmemacher und Kurator Akram Zaatari seine Fotografie- und Video-Ausstellung im K 21 ausgerechnet "Against Photography", "Gegen Fotografie"? Seine Antwort: "Man soll das Foto vergessen und auf das Objekt schauen."

Die Anzahl der fotografierten und teilweise verfremdeten Objekte in dieser Ausstellung ist so hoch, dass den Besuchern rasch der Kopf schwirren wird. Denn diese Schau gegen die Fotografie ist auch eine gegen das Vergessen, und da ist jedes Objekt wichtig als Steinchen in einem Mosaik der Vergangenheit.

Viele der schwarz-weiß fotografierten Objekte sind längst den Zerstörungen im Nahen Osten zum Opfer gefallen, sie existieren nur noch als unscharfe, schlecht belichtete Erinnerungen. Vergrößert und in Leuchtkästen aber wirken sie auf einmal wie etwas Kostbares, Unwiederbringliches.

Als Mitbegründer und Hauptvertreter der 1997 in Beirut gegründeten "Arab Image Foundation" ist Akram Zaatari nicht nur Sammler, sondern zugleich Verwerter von Fotografien aus den zurückliegenden 60 Jahren. Das heißt, er lässt die Fotografien nicht nur selbst sprechen, sondern nutzt sie auch als Material für neue Bild-Findungen. Zur ersten Kategorie zählen die Fotos von Automobilen, die der Kurator in arabischen Familienalben der 1950er Jahre entdeckte. Sie zeigen Autos als Symbole einer sich modernisierenden Gesellschaft. Die stolzen Besitzer lassen sich neben ihren Fahrzeugen ablichten, als seien die Blechkisten Mitglieder der Familie. An anderer Stelle zeigt sich ein Kind auf einer Vespa, ein Paar in einem Boot, und in Gestalt einer Fotomontage bahnt sich schon die zweite Abteilung an: die Verwertung. Eine Mutter schaut mit ihren beiden Kindern oben aus einem Flugzeug heraus.

Wenn Zaatari selbst eingreift, macht er sich dabei selbstverständlich die Technik des 21. Jahrhundertts zunutze. So lässt er je eine Jerusalem-Ansicht eines palästinensischen und eines zionistischen Filmemachers vom Beginn der 20er Jahre miteinander verschmelzen. In der Arbeit "To retouch" (Retuschieren) gesellt er dem schwarz-weißen Foto einer schönen Frau eine farbige, in die Gegenwart übersetzte Version hinzu. Für die Serie "Schatten eines Fotografen" hat Zaatari die Schatten, die ungeübte arabische Fotografen einst auf ihre schwarz-weißen Bilder warfen, auf alten Abzügen und Negativen erneut abfotografiert. Damit lenkt er die Aufmerksamkeit auf jenen Ausschnitt, in dem der Fotograf mit dem Gegenstand seines Bildes verschmilzt.

Die Ausstellung ist in abgedunkelten, vor allem durch die Leuchtkästen erhellten Räumen großzügig inszeniert, jedoch macht es einige Mühe, die beigegebenen Beschriftungen zu lesen und dadurch erst einen Zugang zu den Objekten zu finden. Das Thema der Schau, die auch die arabische Diaspora in Mexiko, im Senegal, im Iran, Irak und in Marokko umfasst, wirkt vielleicht etwas abseitig, macht jedoch darauf aufmerksam, dass die Fotografie der zurückliegenden Jahrzehnte dazu beigetragen hat, die gemeinsame Identität in der arabischen Welt zu stärken.

Akram Zaatari ist hierzulande vor allem Spezialisten bekannt. Immerhin aber nahm er an der Documenta des Jahres 2012 teil, seine Werke waren schon in vielen Ländern zu sehen, einige Arbeiten sind dauerhaft in der Tate Modern in London, dem Museum of Modern Art in New York und im Pariser Centre Pompidou präsent.

(B.M.)
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