Düsseldorf Die älteste Glocke der Stadt

Düsseldorf · In St. Cäcilia in Hubbelrath hängt eine 576 Jahre alte Kirchenglocke. Gefertigt wurde sie von einem Kölner Gießer.

 Wissenschaftlerin Ulrike Spengler-Reffgen im Glockenturm von St. Cäcilia. Dort hängt die älteste Glocke der Stadt.

Wissenschaftlerin Ulrike Spengler-Reffgen im Glockenturm von St. Cäcilia. Dort hängt die älteste Glocke der Stadt.

Foto: Hans-Jürgen Bauer

Erst einmal ein paar Treppenstufen nehmen, vorbei an der Orgel, Leiter hoch und noch eine zweite Leiter, eine dicke Staubschicht mit dem Ärmel mitnehmen, Kopf einziehen, großer Schritt über eine Luke, dann sind sie da: die Glocken im Turm von St. Cäcilia. Dass in einem Kirchturm Glocken hängen, ist nun nicht weiter erwähnenswert, das ist ja in fast jeder Gemeinde so. Was in Hubbelrath unterm Dach angebracht ist, ist allerdings etwas Besonderes. Denn dort, ganz im Osten von Düsseldorf, hängt die älteste erhaltene Glocke der Stadt. Gefertigt wurde sie 1440.

576 Jahre ist sie also alt, und für einen Menschen, der in Deutschland heutzutage eine Lebenserwartung von knapp 80 Jahren hat, ist das unvorstellbar. Gegossen wurde sie zu einer Zeit, in der Johannes Gutenberg mit dem Buchdruck experimentierte, das Mittelalter ging zu Ende, die Neuzeit begann; die Reformation fand statt, der Dreißigjährige Krieg, der Absolutismus, die Industrialisierung, zwei Weltkriege, Wirtschaftswunder und Finanzkrisen, all das ist seitdem passiert, und noch immer hängt sie dort, wo sie hingehört, in St. Cäcilia in Hubbelrath.

Dass sie dort hingehört, ist ihr anzusehen, es steht nämlich drauf: "sancta celia hesch ich - hinrich broderman gus mich", ist auf der 88 Zentimeter großen und 330 Kilogramm schweren Bronzeglocke zu lesen. Gefertigt wurde sie von Heinrich Brodermann, einem Gießer aus Köln, der, wie es alle seine Kollegen taten, die Glocken mit Inschriften versah. "Das war im Rheinland damals üblich", sagt Historikerin Ulrike Spengler-Reffgen, die die Inschriften der Stadt Düsseldorf erforscht hat und ihre Forschungsergebnisse nun in einem Buch versammelt hat. "Die Zunft, der die Glockengießer angehörten, gab dem Auftraggeber eine Garantie für einen ordnungsgemäßen Guss", sagt sie. In Köln wurde die Signierpflicht Ende des 14. Jahrhunderts sogar per Amtsbrief verfügt. Künftig war auf Glocken der Name des Gießers zu nennen, als Gewährleistung ihrer Qualität. Bis heute hält Brodermanns Glocke in Hubbelrath das Qualitätsversprechen. So wie übrigens 15 weitere, die von ihm zwischen 1423 und 1459 gegossen wurden und der Forschung bekannt sind. Eine ist etwa Teil des Kölner Domgeläuts, eine andere hängt in St. Nikolaus in Himmelgeist, die ist von 1454. "Ich bin gegossen in eer Santte Nicolai unde Maria Madalena", hat Gießer Brodermann ihr als Inschrift mitgegeben.

"Dass die Hubbelrather Glocke erhalten ist, ist ein Glücksfall", sagt Spengler-Reffgen. Denn viele Glocken wurden mit der Zeit zu Kriegszwecken eingezogen und eingeschmolzen. "Das Material der Glocken, die Bronze, war eine kriegswichtige Legierung zur Munitions- und Waffenherstellung", sagt die Forscherin.

Die Cäcilia-Glocke allerdings war als Läuteglocke deklariert, zumindest eine sollte jeder Gemeinde bleiben, so war es auch in Hubbelrath. Darum schlägt sie bis heute ihren Ton: ein Cis.

(kl)
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