Düsseldorf Der Künstlerraum ist Künstlers Traum

Düsseldorf · Von den zwei Dutzend Künstlerräumen im K21 sind jetzt drei neu bezogen worden - mit starkem Bezug zu Politik und Gesellschaft.

 Eine Schlossruine, die versandet: die Installation "Betonschloss" (2014) von Nina Fischer und Maroan el Sani im K21.

Eine Schlossruine, die versandet: die Installation "Betonschloss" (2014) von Nina Fischer und Maroan el Sani im K21.

Foto: Andreas Endermann

Jeder Künstler sehnt sich danach, einen eigenen Raum zu gestalten. Einen Raum, der den Besucher ummantelt, ihn in eine bestimmte Atmosphäre lockt. Einen Raum auch, in dem man nicht gleich zum nächsten Bild weiterzieht und unliebsame Eindrücke wegklickt, sondern sich erst einmal sortiert. Ein Künstlerraum ist Künstlers Traum. Das wird auch für diejenigen gelten, die sich jetzt im K21 mit ihrer Kunst bis zum Ende des Jahres einrichten durften.

Nicht immer ist Künstlers Traum auch des Betrachters Traum. Künstler setzen gern einiges voraus, und nicht jeder kann ihnen auf Anhieb folgen. Nur einer der drei neuen Räume lässt erahnen, worum es gehen könnte. Die beiden anderen erschließen sich erst über die Texte, die in Form von Postkarten jeweils am Eingang Aufklärung versprechen.

Ibrahim Mahama aus Ghana, Jahrgang 1987, hat seinen Raum mit aneinandergenähten Jutesäcken vollgehängt. Sie bedecken die Fenster und bilden im Inneren Unterteilungen, zwischen denen sich dank akustischer Einspielungen Menschen zu unterhalten scheinen. Man fühlt sich in eine afrikanische Hütte oder Werkstatt versetzt, doch alles andere muss man sich erlesen: Die Jutesäcke dienten ursprünglich dem Transport von Lebensmitteln. Mahama beauftragt Wanderarbeiter, die großen Draperien zu nähen. Thema der Installation ist eine Gesellschaft zur Verteilung von Nahrungsmitteln in Ghana, die ihre Arbeit nach dem Bau großer Speicherhäuser in den 60er Jahren jedoch nicht aufnahm. Mahama experimentiert mit der Form des Silos und ihrem zukunftsweisenden Potenzial - darauf muss man erst mal kommen.

Das ist noch gar nichts gegen die Herausforderung, vor die man sich bei der Installation "Der Dreisatz der Identität" gestellt sieht. Sie besteht aus dem Objekt "Betonschloss" von Nina Fischer und Maroan el Sani sowie einem Film dieses Künstlerpaars mit Bertold Stallmach. Wer ohne lesen, allein aufgrund optischer Eindrücke zu dem Schluss gelangt, dass "Der Dreisatz der Identität" vom strittigen Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses handelt, dem sollte unverzüglich der Titel "Intelligenzbestie des Jahres" verliehen werden.

Die beiden Teile der Installation sind durch eine Sandwüste miteinander verbunden. Sie taucht sowohl im Animationsfilm als auch in einem Modell auf, das eine vage Nachbildung des Stadtschlosses enthält. Der Film lädt ein zu einer Reise mit Isa und Jenga, zwei Aussteigertypen auf der Flucht aus "Elitien" und auf der Suche nach einer besseren Gesellschaft. Das Modell einer versandeten Schlossruine fragt, "wie gesellschaftliche Prozesse und Identitäten in der Architektur beschrieben und gespeichert werden". Na denn.

Der dritte Raum stammt von dem in Düsseldorf lebenden kubanischen Konzeptkünstler Diango Hernández, Jahrgang 1970. Auch er hat es sich in seiner künstlerischen Klause gemütlich gemacht und lässt so leicht niemanden herein. Doch zum Glück gibt es Texte. Daraus erfährt man, dass sein Arrangement aus wellenhafter Malerei, einem Kronleuchter mit Apfelsinen statt Glühbirnen und einer den Raum teilenden Glaswand, über die sich ebenfalls farbige Wellen winden, des Künstlers Sehnsucht nach der verlorenen Heimat spiegeln soll. Die Erinnerung an Strand und Früchte verbindet sich mit verklärenden Gedanken an die mäandernden Reden Fidel Castros. Die Wellen sollen zugleich eine Rede Castros aus dem Jahr 1961 wiedergeben.

So kann man sich in den Künstlerräumen zwar nicht unbedingt sattsehen, aber doch sattlesen. Wohl bekomm's!

(B.M.)
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