Düsseldorf Hesse - der malende Dichter

Düsseldorf · Zum Bücherbummel bietet die Galerie Ludorff Aquarelle des Autors an.

 "Caslano" von 1924; Aquarell und Bleistift auf Papier.

"Caslano" von 1924; Aquarell und Bleistift auf Papier.

Foto: Gal. Ludorff

Wahrscheinlich ist die Frage nicht zu beantworten, ob Hermann Hesse (1877-1962) nun ein spätentdecktes Talent ist, oder nur ein ambitionierter Amateur oder gar ein Sonntagsmaler. Vielleicht entscheidet genau darüber das Interesse des Publikums - also der Betrachter, der sich ästhetisch von den Bildern des Literaturnobelpreisträgers berühren lässt und dem dann möglicherweise Fragen in den Sinn kommen, die sich ihm zuvor nicht stellten. Das Besondere dabei ist: Während es zu Hesses Lebzeiten keine Ausstellungen seiner Bilder gab, folgten seit den 1970er Jahren weltweit über 50 Schauen. Es waren meist Riesenerfolge. In Tokio beispielsweise besuchten 1996 in nur zwölf Tagen 23.000 Interessenten und Hesse-Fans eine Ausstellung seiner Bilder.

Und jetzt präsentiert die Galerie Ludorff an der Kö den malenden Hesse, nicht zum ersten Mal, aber passend zum Bücherbummel direkt vor der Tür. Es ist müßig nach einer Handschrift des Künstlers zu suchen. Hesse schien oft auf der Suche gewesen zu sein: nach dem, was seiner Stimmung angemessen und wozu er technisch in der Lage war.

Dabei lassen sich Entwicklungen ablesen, von den frühen Vignetten, mit denen er die feinen Handschriften seiner Gedichte zierte, bis hin zu den Aquarellen aus dem Tessin, gemalt in der Natur und zumeist sein unmittelbares Lebensumfeld greifend. Diese Aquarelle - manche mit expressionistischer Kraft - werden erkennbar großflächiger, reduzierter, konzentrierter, naiver. Die Details sind plötzlich unwichtig. Das ist auch der Ausdruck einer Haltung, eine Geste des Selbstbewusstseins. Diese Arbeiten - wie "Caslano" von 1924 oder "Gehöft mit roten Dächern" von 1925 - zählen zum Besten, Ausdrucksstärksten des Werks, und auch zum Teuersten. In der Preisspanne von 5000 bis 45.000 Euro für die bei Ludorff gezeigten Arbeiten markieren die Aquarelle den Endpunkt.

Spannend ist, dass alle Bilder menschenleer und dennoch voller Leben sind, meist auch voller Licht. Das Therapeutische des Seelenerkunders kommt darin zum Vorschein. "Es ist so, dass ich längst nicht mehr leben würde, wenn nicht in den schwarzen Zeiten meines Lebens die ersten Malversuche mich getröstet und gerettet hätten", bekannte er.

Info "Hermann Hesse - Malerfreude"; Dauer: 11. Juni bis 20. August; Galerie Ludorff, Königsallee 22. Zur Eröffnung am Samstag von 12 bis 14 Uhr spricht Professor Joesph A. Kruse.

(los)
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