Düsseldorf Brotlose Schreiber

Düsseldorf · Eine neue Ausstellung im Heine-Institut widmet sich Schriftstellern in Geldnot.

 William Hogarths notleidender Poet auf einem Gemälde ("The Distrest Poet") von 1740. Links im Bild fordert eine Gläubigerin ihre Bezahlung.

William Hogarths notleidender Poet auf einem Gemälde ("The Distrest Poet") von 1740. Links im Bild fordert eine Gläubigerin ihre Bezahlung.

Foto: dpa

Dass künstlerische Berufe eine finanzielle Herausforderung sind, weil man sich seines Einkommens nie sicher sein kann, ist allgemein bekannt. So ergeht es auch Schriftstellern. Nur wenige können allein von ihren Veröffentlichungen leben. Viele haben ein zweites Standbein.

Dies ist natürlich kein neumodisches Phänomen. Die Literaturgeschichte zeigt, dass vor allem Schriftsteller des 19. und 20. Jahrhunderts unter Geldnöten litten. Unter ihnen war auch Heinrich Heine. Der Düsseldorfer beklagte sich - zwar eher scherzhaft - bereits 1824 in einem seiner Gedichte über die "Brotloseste der Künste, Poesie!".

Dieser Aussage widmet sich nun das Heinrich-Heine-Institut mit der Ausstellung "Schriftsteller in Geldnot". Sie beleuchtet die Faktoren, die die finanzielle Lage von Autoren beeinflusst haben, wie die Wirtschaftskrisen, die Einschränkungen der Pressefreiheit, der Publikumsgeschmack und der individuelle Umgang der Literaten mit Geld. Exemplarisch nimmt sich die Schau die Sorgen von sieben Autoren vor: Heinrich Heine, Christian Dietrich Grabbe, Detlev von Liliencron, Peter Hille, Else Lasker-Schüler, Paul Zach und Irmgard Keun. Das Leitmotiv dieser Forschung spiegelt sich im Gemälde "Der notleidende Poet" von William Hogarth wieder. Das Bild ist neben 70 weiteren Exponaten in der Ausstellung zu sehen.

Heinrich Heine zählt zu den unverfrorensten Geldborgern unter den Autoren: Er lebte stets über seine Verhältnisse und konnte sich dies nur durch die finanzielle Unterstützung seines millionenschweren Onkels Salomon Heine und durch Honorarvorschüsse von seinem Verleger Julius Campe leisten. Außerdem pumpte er seine Freunde an. Später kam er durch den Aktienhandel an Geld. Eine von ihm erbettelte Eisenbahnaktie, die er von einem Freund bekam, ohne auch nur ein Startkapital beizusteuern, ist in der Ausstellung zu sehen.

Nicht alle Schriftsteller waren so dreiste Bettler wie Heinrich Heine. Detlev von Liliencron etwa hatte zwar auch sein Leben lang enorme Schulden, versuchte aber immer wieder irgendwie, Fuß zu fassen: als Offizier im preußischen Militär, als Freiberufler in Amerika sogar im Verwaltungsdienst.

Irmgard Keun ist ein Beispiel für eine an der Gesellschaft gescheiterte und im Exil leidende Autorin. 1931 erzielte sie mit ihrem Debütroman "Gilgi, eine von uns" einen Erfolg. Mit ihrem zweiten Roman "Das kunstseidene Mädchen" geriet sie in Verdacht, Plagiate verwendet zu haben. Diesen Ruf wurde sie nicht mehr los.

Ein von ihr beschriebener Bierdeckel mit dem Vers "Bitte noch ein Bit / Die Mutter spritzt mit Flit / Der Vater hat 'ne Nitbrit, Und in der Bockwurst ist Nitrit - Darauf noch ein Bit!" zeigt, dass sie nicht nur mit den ärmlichen Verhältnissen im Exil, sondern auch mit einem Alkoholproblem zu kämpfen hatte.

(RP)
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