Interview Wilfried Schulz Bauarbeiten machen Intendant zu schaffen

Düsseldorf · Der neue Chef des Düsseldorfer Schauspielhauses kann erst in der dritten Spielzeit in sein Haus.

Foyerbrücke in der Ausweichspielstätte des Düsseldorfer Schauspielhauses: Intendant Wilfried Schulz (63) sitzt an einem improvisierten Tisch mit schwarzer Samtdecke und spricht über die Zukunft seines Theaters. Wegen der Bauvorhaben in der Düsseldorfer Innenstadt muss das Schauspielhaus vermutlich bis zur Spielzeit 2018/2019 geschlossen bleiben. Deswegen gab es gerade ein Krisengespräch zwischen allen Beteiligten.

Was hat die Krisensitzung ergeben?

Schulz Wenig Gewissheit. Es ist unklar, wann mit dem Abriss der Tiefgarage neben dem Schauspielhaus begonnen werden kann, darum ist auch unklar, wann der Lärm dort endet. Stadt und Investor haben sich dafür gegenseitig die Schuld zugewiesen. Ich konnte immerhin klären, dass die Inszenierung von Robert Wilson wie geplant im Mai 2017 im Schauspielhaus zu sehen sein wird. Die Bauarbeiten werden darauf abgestellt. Außerdem habe ich darauf gedrängt, dass in ähnlicher Weise bis 2018 noch andere Projekte im Schauspielhaus realisiert werden können, die nur dort möglich sind. Wir möchten an unserer eigentlichen Wirkungsstätte ein paar Spuren hinterlassen und uns nicht ganz von diesem Ort vertreiben lassen. Dazu hat man mir versichert, dass man sich bemüht, dass wir in der dritten Spielzeit ab 2018 in vollem Umfang die Arbeit im Schauspielhaus aufnehmen können. Zunächst hatte es so ausgesehen, als sei das alles nicht möglich.

Wie verbindlich sind diese Zusagen?

Schulz So verbindlich wie alle zuvor. Ich gehe davon aus, dass alle mit bestem Willen und besten Kräften handeln.

Hat man Sie unter falschen Vorzeichen nach Düsseldorf gelockt?

Schulz Ich habe den Auftrag bekommen, dem Schauspielhaus im Zentrum der tollen Kulturstadt Düsseldorf wieder die richtige Gewichtung und Ausstrahlung zu verschaffen. Diesem Auftrag bin ich gern gefolgt. Das bereue ich auch nicht. Im Moment ist die Frage: Existiert dieser Auftrag noch? Oder sucht die Stadt nur jemanden, der ein Interim verwaltet und das Haus möglichst ruhig hält. Mit Stadt und Land, den Trägern des Theaters, haben wir ein Gespräch vereinbart über die Zielvorstellungen für das Düsseldorfer Schauspielhaus. Da werden wir einiges zu klären haben.

Sonst werfen Sie hin?

Schulz Ich bereite eine Spielzeit vor, ich telefoniere jeden Tag mit Schauspielern, Regisseuren, ich freue mich auf die Arbeit und werde die Leute nicht im Regen stehen lassen. Aber für meine Perspektive ist es entscheidend, ob mein Auftrag noch besteht und ob man bereit ist, mich darin zu unterstützen, dieses Ziel nun auf wieder neuen Wegen zu erreichen. Da wird es auch um Geld und Genehmigungen gehen, vor allem aber um die gemeinsame Idee. Wir arbeiten seit zwei Jahren - sehr umfänglich - für dieses Theater, es ist nicht meine Art aufzugeben. Aber Stadt und Land müssen sich entscheiden, ob sie der einzigen Landesbühne, dem Flaggschiff dieses großen Bundeslandes, wieder Strahlkraft verleihen wollen und es auch in schwierigen Situationen genug schützen. Ich bin jedenfalls nicht als Interimsverwalter nach Düsseldorf gekommen. Und ich konnte auch Mitarbeiter und Künstler in mein Team holen, die ganz andere Angebote hatten. Ich habe sie umworben mit der Idee, in Düsseldorf wieder etwas zu bewegen. Nicht allen Verantwortlichen ist offenbar klar, dass das ein Geschenk ist.

Gab es schon Absagen?

Schulz Nein, dafür spüren die Künstler zu viel Verantwortung. Vieles entsteht auch schon. Robert Wilson etwa beginnt schon im Juni mit der ersten Probenphase.

Wann werden Sie vor ihr Publikum treten und sagen: Es ist geschafft?

Schulz Das weiß ich nicht. Wahrscheinlich werden wir scheibchenweise eröffnen müssen. Früher hätte ich das abgelehnt, aber wir werden das Beste daraus machen.

Auf einer Schmerzskala von null bis zehn - wo sortieren Sie sich ein?

Schulz In der ersten Hälfte der Krisensitzung bei 9,5, in der zweiten Hälfte bei 6,5.

DOROTHEE KRINGS FÜHRTE DAS INTERVIEW.

(RP)
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