Düsseldorf Auch 2016 keine Blockbuster

Düsseldorf · Marion Ackermann, Direktorin der Kunstsammlung NRW, setzt auf "marktferne" Kunst. Erstmals zu sehen ist die Sammlung Henkel.

 Heimspiel: Der in Düsseldorf lebende Foto-Weltstar Andreas Gursky wird 2016 erstmals in der Kunstsammlung (K 20) gezeigt.

Heimspiel: Der in Düsseldorf lebende Foto-Weltstar Andreas Gursky wird 2016 erstmals in der Kunstsammlung (K 20) gezeigt.

Foto: Andreas Krebs

Sechs Jahre ist sie Chefin der Kunstsammlung NRW mit drei Stationen in der Stadt, dem K 20 am Grabbeplatz, dem K 21 im Ständehaus am Schwanenweiher und dem Schmela-Haus in der Altstadt. In dieser Zeit hat Marion Ackermann sichtbare Veränderungen durchgesetzt und nicht unbedingt an die Haltung des legendären Sammlungsgründers Werner Schmalenbach angeknüpft. Aber sie hat diese auch nicht ignoriert, sondern respektiert.

Wenn die 50-Jährige auf Wandel in einer globalisierten Welt setzt, wenn sie sagt, "Unser Publikum verändert sich", und wenn sie andere Aspekte der jüngeren Kunstgeschichte in der Landesgalerie anklingen lässt als ihre beiden Vorgänger, so nehmen doch viele ihrer Ausstellungen Bezug zu den 220 Hauptwerken der Moderne. Denn diese machen die Güte des Kunststandorts Düsseldorf wesentlich aus.

 Rekord: Die berührende Retrospektive des Werkes von Günther Uecker hat 2015 der Kunstsammlung 80.000 Besucher beschert.

Rekord: Die berührende Retrospektive des Werkes von Günther Uecker hat 2015 der Kunstsammlung 80.000 Besucher beschert.

Foto: Endermann

Als "streng" und "marktfern" bezeichnet sie ihr Programm für 2016. Bildung und Forschung sind ihr wichtig. "Beglückend" sei das auslaufende Jahr gewesen, der Höhepunkt die Uecker-Ausstellung. 80.000 Besucher wollten Uecker anschauen. Aber über Zahlen will Ackermann gar nicht so gerne sprechen, sie sagt: "Es gibt andere Parameter des Erfolges." Und sie meint: gutes Maß und Erkenntnisgewinn.

 Vermächtnis: Nach dem Tod von Galeristin Dorothee Fischer kauft die Kunstsammlung den Nachlass der Galerie an.

Vermächtnis: Nach dem Tod von Galeristin Dorothee Fischer kauft die Kunstsammlung den Nachlass der Galerie an.

Foto: Evers

Zahlen Die Besucherzahlen des auslaufenden Jahres liegen bei 270.000; darin eingerechnet werden die Teilnehmer am pädagogischen Programm und die Zuhörer von Vorträgen. 2014 kamen immerhin 300.000 in die Häuser der Kunstsammlung. Schon 2013 zählte man so viele wie 2015. Der größte Publikumserfolg war die Uecker-Ausstellung.

Etat Der Etat der landeseigenen Kunstsammlung beträgt 10,5 Millionen Euro, davon sind die Hälfte Personalkosten. Zwei Millionen kostet nach Ackermanns Angaben der Sicherheitsdienst, etwa drei Millionen fließen in die Gebäudekosten und andere Posten (z.B. Porto). Für die Dachsanierung habe man Geld aus einer Extrakasse erhalten. Unterm Strich, sagt Ackermann, bleibe für Ausstellungen nichts übrig. Diese erheblichen Summen kommen zum einen aus den Eintrittsgeldern, und zum anderen muss die Kunstsammlung die Ausstellungskosten selber einwerben bei Stiftungen, Sponsoren und Privatpersonen. "Im vergangenen Jahr haben wir 4,5 Millionen Euro für Ausstellungen gebraucht", sagt Ackermann. Sie selber akquiriere zu fast 60 Prozent, sagt sie und dass sie dafür Gegenwerte in Form von Vorträgen bietet.

Bundeskulturstiftung 800.000 Euro erhält die Kunstsammlung von der Bundeskulturstiftung für das "Museum global", das 2016 mit internationalen Rechercheprojekten beginnt und 2017 in einem globalen Ausstellungsprojekt mündet. Dabei sollen die Werke des Hauses in Bezug zu weltweiten parallelen Strömungen präsentiert werden. Einflussreiche Museen wie die Tate in London, das Centre Pompidou in Paris oder das MoMa in New York hätten längst ihren Sammlungskanon überprüft, sagt Ackermann. Dass andere Häuser neidisch auf ihr Haus schauen, weiß sie. Gerade erst hatte sie eine halbe Million Euro für die Ausstellung "The Problem of God" aus Berlin erhalten. Sicher ist, sagt sie, dass die Bundeskulturstiftung ihr das Geld nicht gäbe, würde sie eine Blockbusterschau planen. Denn die Stiftung ist wie Ackermann darauf bedacht, Denkprozesse anzustoßen, den Blickwinkel global zu erweitern und das veränderte gesellschaftliche Klima in Deutschland thematisch und programmatisch mitzuberücksichtigen.

Vorschau Das Programm für 2016 klingt spannend: Als besonders darf man den Einzug der Henkel-Sammlung ins Museum bewerten, die von Gabriele Henkel und ihrem Mann Konrad unter dem Leitmotiv der Abstraktion über Jahrzehnte kenntnisreich zusammengestellt wurde. Auch Andreas Gursky ist erstmals am Grabbeplatz eingeladen; der Fotograf wird eine kleine Werkgruppe zeigen. Neben Alberto Burris Malerei, den Räumen von Dominique Gonzalez-Foerster und Christoph Büchels Überraschungs-Projekt wird die legendäre Sammlung des Galeristen-Paares Konrad und Dorothee Fischer ausgebreitet, die man mit Unterstützung des Landes und anderer Förderer erwirbt.

Dies eröffne die Möglichkeit, den Weg vom abstrakten Expressionismus zur Konzeptkunst als Umbruch zu dokumentieren - in Düsseldorf, wo vieles angestoßen und realisiert wurde. Dabei gilt dem Archiv der Galeristen besondere Aufmerksamkeit. "Wir werden jetzt ein richtiges Museum", frohlockt Ackermann, "denn bisher hatten wir kein Archiv." Künftig betreibe man intensiv die Digitalisierung der Bestände, was angesichts des Urheberrechts kein leichtes Unterfangen sei.

(RP)
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