Düsseldorf Ádam Fischers Mozart in Salzburg bejubelt

Düsseldorf · Der Chefdirigent der Düsseldorfer Symphoniker führte die c-Moll-Messe sowie ein unbekanntes Requiem von Michael Haydn auf.

 Generalprobe in der Salzburger Peterskirche: Ádam Fischer (r.) dirigiert Mozarts c-Moll-Messe mit der Camerata Salzburg und dem Bachchor Salzburg.

Generalprobe in der Salzburger Peterskirche: Ádam Fischer (r.) dirigiert Mozarts c-Moll-Messe mit der Camerata Salzburg und dem Bachchor Salzburg.

Foto: Keller, Christiane

Wenn er den Taktstock von der rechten in die linke Hand nimmt, ist Vorsicht angebracht. Dann will er vom bloßen Takt weg, den er schlägt; mit der Rechten wird er gleich eine Linie begleiten, streicheln, animieren. Er kann sie aber auch zur Faust ballen, damit das Fortissimo im nächsten Takt wie eine Weltanschauung explodiert, die unter die Hörer gebracht werden muss.

Ádam Fischer, der Chefdirigent der Düsseldorfer Symphoniker, ist zu Gast in Salzburg und leitet hier mit der dortigen Camerata und dem Bachchor die c-Moll-Messe von Wolfgang Amadeus Mozart - und zwar in der Peterskirche, in der sie möglicherweise uraufgeführt wurde. Für Fischer ist die Präsenz an diesem Ort eine Selbstverständlichkeit; für Düsseldorf hingegen ist es ungewöhnlich, dass sein Konzert-GMD bei den Salzburger Festspielen auftritt. Aber der verändert sich dadurch nicht; er kehrt hier vor der Welt nicht den Pultstar heraus, sondern ordnet sich bescheiden ein, wie ein Primus inter pares. Das merkt man auch in der Generalprobe, in der Dirigenten schon mal hibbelig und unleidlich werden, weil sie jetzt merken, dass sie in den Proben vorher nicht ökonomisch und effizient gearbeitet haben.

Wie immer wirkt Fischer vor Beginn dieser Generalprobe etwas unsortiert, denn er steht im Dienste Mozarts und folglich unter Strom. Eine etwas altertümliche Jutetasche muss er erst auf den Kopf stellen, um die Partitur darin zu finden. Dann eilt er - schwarzes Hemd, graue Hose - durch den Altarraum, um aber gleich zum Pult zurückzukehren. Wenn Chor und Orchester versammelt und die Instrumente gestimmt sind, sagt Fischer erst einmal gar nichts, keine Ansprache, nimmt die Brille ab, nickt alle freundlich an, findet ein paar Worte für den Konzertmeister und die vier Solisten - und gibt den Einsatz zum ersten Takt. Dann erleben wir bereits in der Generalprobe eine wirklich denkwürdige Mozart-Aufführung.

Das sieht man auch auf der Kollegenseite so. Der Salzburger Bachchor ist ohne Frage einer der besten Kammerchöre Europas und hat schon mit vielen bedeutenden Dirigenten gearbeitet. Zu Fischer haben die Sänger ein überaus herzliches Verhältnis. Gregor Faistauer, ihr geschäftsführender Präsident, berichtet: "Wir hatten zuvor noch zwei weitere Proben, und wir waren überaus glücklich mit Fischers Art - menschlich wie künstlerisch. Seine suggestive, aber sparsame Art des Dirigierens vermittelte uns in jedem Takt, was er von uns wollte. Und seine Liebenswürdigkeit ist darüber hinaus beeindruckend. Mit Fischer arbeiten wir wirklich sehr, sehr gern." Übrigens spricht Fischer den Chortext die ganze Aufführung über mit, gibt aber keine Einsätze, die sowieso nur Ergötzung für die Galerie wären. Faistauer: "Der Chor fühlt sich animiert bei Fischer, er signalisiert uns, dass wir alle gemeinsam musizieren - auch deshalb ist uns die Arbeit mit ihm so willkommen." Einige Tage zuvor hatte er mit Bachchor und Mozarteumorchester Johann Michael Haydns "Schrattenbach-Requiem" im Mozarteum geboten.

Fischers Sicht auf Mozart ist spannend, das ist keine geglättete Kirchenmusik, sondern hat Ereignis-Charakter. Die Kontraste sind atemberaubend, vor allem wenn er das Kollektiv ins Piano zurückholt. Und der langsame Beginn des "Sanctus" gelingt fabelhaft, es schürft in der Tiefe und ist mehr Ahnung als verfrühte Erfüllung. Nach jedem Satz sieht man ihn lächeln, und der Daumen der Linken fährt hoch: Gut gemacht! Keine Korrekturen, um 11.58 Uhr ist Ende, und Fischer schickt alle heim. Er wirkt sehr zufrieden. Dann eilt er mit Jutetasche aus der Kirche.

Ádam Fischer ist in Wien, New York, London, Mailand zu Gast, er hat in Bayreuth und Salzburg dirigiert. Und in jedem Programmheft dort steht zu lesen, dass er Konzertchef der Düsseldorfer Symphoniker ist. Das ziert. Und als Bitte bei Gelegenheit: Mozarts c-Moll-Messe möchte man in Düsseldorf von ihm wirklich sehr gerne einmal hören.-

(w.g.)
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