Düsseldorf Adam Fischer zelebriert Haydn als Pointen-Feuerwerk

Düsseldorf · Ist es nun das Verbindende oder das Trennende, was die Begegnung von Joseph Haydn und Gustav Mahler immer wieder so erhellend macht? Seit Adam Fischer den Symphoniekonzerten diese musikalische Wirkstoffkombination als Langzeittherapie verordnet hat, wirkt sich die Medikation auf beide Meister, die an Rezeptions-Klischees kranken, vitalisierend aus. Was natürlich nicht nur am tieferen Wesen der Wiener Tonsetzer, sondern an Fischers Dirigat, seiner peniblen Probenarbeit und seiner aufgeklärten, keiner der gängigen Konventionen folgenden Lesart liegt.

Diesmal steht Mahlers bekannteste Symphonie auf dem Programm, nämlich die fünfte, übrigens 1904 nebenan in Köln vom Gürzenich-Orchester uraufgeführt und zu ihrer heutigen Berühmtheit gelangt durch Viscontis "Tod in Venedig"-Film, der den vierten, langsamen "Adagietto"-Satz zum morbiden Soundtrack umfunktionierte.

Der erste Satz beginnt mit einem einsamen, hoch riskanten Trompeten-Solo, das jedem Trompeter schlaflose Nächte bereitet. Doch Bassam Mussad intoniert das unheilvoll militärisch klingende Thema herrlich entspannt, hoch musikalisch und mit weichem, völlig angstfreiem Ton. Ein Einstieg, der sogleich höchste Erwartungen weckt. Und tatsächlich geht es an diesem Abend auf diesem Niveau der selbstverständlichen Souveränität auch weiter.

Intendant Michael Becker hatte bei den einführenden Worten von drei "Orchestererziehern" auf dem Podium gesprochen, Haydn, Mahler und Fischer - und in der Tat, Fischer wirkt in Sachen Präzision, Trennschärfe und Klangkultur bei den Symphonikern wahre Wunder. So einmütig hörte man die Düsseldorfer Bläser nie, in der Holz- und Blechfraktion gleichermaßen. Auch die Streicher klingen wie aus einem Guss, aber mit scharf zeichnenden Konturen. So verlieren sich Mahlers Ekstasen nicht ins Sentimentale und wuchern seine Ausbrüche nicht ins Brachiale.

Adam Fischers Mahler klingt aufregend klar strukturiert, logisch und rhetorisch gedacht. Eben nicht pure Emotion, sondern auch kalkulierte Konzeption. Und darin ist er dem alten Meister Haydn näher als gedacht. Dessen späte 97. Symphonie zelebrierte Fischer als Pointen-Feuerwerk.

Natürlich ist für ihn Haydn nicht der harmlosere Mozart oder das routiniert herunter gepinselte Warmspiel-Stück zu Konzertbeginn, aber er hungert ihn auch nicht herunter auf Kammerstärke oder raut ihn mutwillig auf. Nach jedem Satz tut Fischer einen kleinen Hopser, ein Zeichen vergnügter Zufriedenheit, zu der er auch allen Grund hat.

(RP)
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