Düsseldorf Künstler platzen in den Unterricht

Düsseldorf · Schauspielhaus und Zakk erproben an der Joseph-Beuys-Gesamtschule ein einzigartiges Projekt. Künstler kommen in die Schule, um den Kindern Kultur näherzubringen - und überraschen sie mit einem Auftritt mitten in der Schulstunde.

 Poetry-Slammer Frederik Brumm bei seinem Auftritt in der Joseph-Beuys-Gesamtschule.

Poetry-Slammer Frederik Brumm bei seinem Auftritt in der Joseph-Beuys-Gesamtschule.

Foto: Anne Orthen

Der Kurs "Darstellen und Gestalten" der neunten Jahrgangsstufe der Joseph-Beuys-Gesamtschule in Oberbilk sitzt im Halbkreis auf dem Boden der Aula. Die Kinder haben sich in schwarze Bühneneinteiler gezwängt, und Lehrerin Christine Haas hält einen Vortrag über die Kunst des Schauspiels. Plötzlich öffnen sich Hallentüren und ein junger Mann betritt den Raum. Der Mittzwanziger trägt Zopf und ein betont lässiges Outfit. Er stellt sich als Frederik Brumm vor, Schauspieler und Poetry-Slammer. Unvermittelt beginnt er mit seiner Show: Reime zum Thema Hass. Ziel seines Spotts ist unter anderem die rechtspopulistische "Dügida". Es fallen viele Schimpfwörter. Die Kinder lachen, ihre Lehrerin wird rot vor Scham.

 Gedicht-Künstler Frederik Brumm präsentiert den Kindern Reime zum Thema Hass. Danach sollen die Schüler ihre Gefühle niederschreiben.

Gedicht-Künstler Frederik Brumm präsentiert den Kindern Reime zum Thema Hass. Danach sollen die Schüler ihre Gefühle niederschreiben.

Foto: Anne Orthen

"Es gibt, keine Unterschiede", heißt es in Brumms Text unter anderem. "Es gibt nur Menschen." Nach nicht einmal zehn Minuten ist der Spuk vorbei. Brumm beendet sein Programm und verschwindet aus der Aula. Die Kinder bleiben etwas ratlos zurück. "Und jetzt?", fragt der kleine Manuel. Seine Lehrerin drückt ihm ein Buch mit unbeschriebenen Seiten in die Hand. "Jetzt darfst du deine eigenen Gedanken aufschreiben", antwortet sie.

Dieser ungewöhnliche Auftritt des Düsseldorfer Künstlers war Teil eines neuen Projektes, das das Schauspielhaus in Zusammenarbeit mit dem Zakk derzeit an der Joseph-Beuys-Gesamtschule erprobt. Bei der sogenannten "Poesiepause" geht es darum, die Schüler möglichst niederschwellig an Kultur heranzuführen. "Wir haben uns überlegt, dass wir mit unserem Angebot auch in die Schulen gehen müssen", sagt Katrin Lorenz, Theaterpädagogin am Schauspielhaus. "Die Lehrer kommen mit ihren Schülern sonst immer zu uns. Jetzt drehen wir den Spieß eben mal um." Die "Poesiepause" wird in Rücksprache mit der Schulleitung in regelmäßigen Abständen in den Jahrgangsstufen sieben und neun durchgeführt. "Wir haben immer andere Künstler dabei und sprengen eine Unterrichtsstunde. Die Kinder wissen also nicht, wer kommt", so Lorenz. Die Künstler habe man dafür nicht lange bitten müssen. "Als sie gehört haben, worum es geht, waren die meisten sofort Feuer und Flamme. Regina Brochhagen-Klein, Leiterin der Gesamtschule, ist glücklich, dass Zakk und Schauspielhaus auf sie zugekommen sind. "Das bringt frischen Wind in den Unterricht", sagt sie. "Der pädagogische Wert liegt in der Konfrontation mit Kunst und Hochkultur. Einfacher kann man es als Lehrer nicht haben." Künstler und Musiker, die in die Schule kommen, seien grundsätzlich begrüßenswert. Außerdem gebe es im Vergleich zu einem Theaterbesuch noch einen anderen Vorteil. "Weil wir in der Schule sind, haben wir Möglichkeit, das Erlebte unmittelbar pädagogisch aufzuarbeiten."

Das Projekt läuft noch etwa ein halbes Jahr. "Dann setzen wir uns zusammen und werten aus", sagt Christine Brinkmann vom Zakk. "Vorher wird es aber noch eine Abschlussveranstaltung mit allen Schülern geben. Da hören wir uns dann an, was wir in Zukunft vielleicht anders oder besser machen können." Sollten die Rückmeldungen positiv sein, könne sie sich vorstellen, die Aktion auch auf andere Schulen auszuweiten.

(RP)
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