Serie Die Macher Vom Rhein Kluge Autos am Seestern

Düsseldorf · Das israelische Unternehmen Mobileye entwickelt Grundlagen für autonomes Fahren. Der Deutschlandsitz ist in Düsseldorf.

 Lior Sethon ist der Europachef für den Aftermarket-Bereich des Unternehmens Mobileye, die Dienstleistungen und Services bietet, die Kunden benötigen, wenn sie Technik von Mobileye einsetzen.

Lior Sethon ist der Europachef für den Aftermarket-Bereich des Unternehmens Mobileye, die Dienstleistungen und Services bietet, die Kunden benötigen, wenn sie Technik von Mobileye einsetzen.

Foto: Andreas Bretz/Illustrationen: Mobileye

Lior Sethon hat sehr eindrucksvolle Videos auf seinem Laptop. Sie alle zeigen, wie die Warntechnik seines Unternehmens funktionieren. In einem Video befindet sich die Kamera in einem Auto, das über einen US-amerikanischen Highway fährt. Das Fahrzeug vor diesem Auto scheint weit genug weg zu sein und weckt auch sonst keinerlei Sorge. Plötzlich macht das Warngerät im Auto aber sein sehr deutliches Geräusch, einige Zehntelsekunden später sind die Bremslichter des Fahrzeugs davor zu sehen. Die Kamera im Auto hat so viele Informationen über das Fahrverhalten und das Tempo der anderen Autos sowie der Abstände gesammelt, dass der Computer "wusste", dass das Auto direkt davor gefährlich bremsen wird, noch bevor es dessen Fahrer wusste.

In einem anderen Video ist der Bildschirm geteilt. Auf der einen Seite ist ein Busfahrer zu sehen, auf der anderen die Straße vor dem Fahrzeug. Der Busfahrer fällt in einen Sekundenschlaf, sein Fahrverhalten verändert sich erkennbar, das beschriebene Warngeräusch weckt den Busfahrer wieder auf und sorgt dafür, dass der Betrachter des Videos schmunzeln kann über dessen lustiges Gesicht.

 In einem Projekt mit der Rheinbahn will Mobileye Busfahrern den Blick in die toten Winkel ermöglichen.

In einem Projekt mit der Rheinbahn will Mobileye Busfahrern den Blick in die toten Winkel ermöglichen.

Foto: Mobileye

Die hier beschriebene Technik entwickelt das Unternehmen Mobileye in Israel und zeigt sie unter anderem in einem Fahrzeug, das der Deutschland-Zentrale in Düsseldorf zur Verfügung steht. Eine Kamera hinter dem Rückspiegel sammelt diverse Beobachtungen aus dem Straßenraum. Sie liest zum Beispiel, welche Höchstgeschwindigkeit ein Verkehrsschild am Rand vorschreibt. Die dahinterliegende Platine verarbeitet die Informationen und lässt das kleine Gerät, das vorne links an der Windschutzscheibe befestigt ist, aufleuchten oder -schrillen. So warnt die Technik, wenn ein Fahrer einem Auto, Radfahrer oder Fußgänger so nah kommt und dabei so schnell ist, dass er nicht mehr rechtzeitig bremsen könnte, wenn er seine Spur nicht mehr hält oder zu schnell unterwegs ist.

Diese Assistenz-Technik bildet die erste Stufe auf dem Weg zum autonomen Fahren, dem so genannten Roboterauto. Mobileye hat gemeinsam mit BMW und Intel angekündigt, solche Fahrzeuge bis 2021 zur Serienreife zu bringen. Die nächsten Stufen auf dem Weg dorthin sind: Autos, die teilautomatisiert fahren, Autos, die kurzzeitig selbstständig fahren und schließlich Autos, die vollautomatisiert unterwegs sind.

 Der Busfahrer hat links und rechts Alarmdisplays, die ihn vor Verkehrsteilnehmern im toten Winkel warnen.

Der Busfahrer hat links und rechts Alarmdisplays, die ihn vor Verkehrsteilnehmern im toten Winkel warnen.

Foto: Mobileye

So eindrucksvoll wie die Videos und der Vorführwagen ist der Deutschlandsitz von Mobileye nicht. Das Unternehmen hat einige Büros am Seestern gemietet, aktuell sind dort neun Mitarbeiter beschäftigt. Diese entwickeln aber nicht die beschriebene Technik, sondern sind für den "Aftermarket" in Europa zuständig, also die Dienstleistungen und Services, die Kunden benötigen, die Mobileye-Technik gekauft haben. Diese Kunden sitzen unter anderem im Vereinigten Königreich, in Portugal, der Türkei und Russland und heißen zum Beispiel Coca-Cola und Philip Morris. Mit der Zahl der Kunden, die ihre Flotten sicherer machen wollen, steigt auch die Zahl der Mitarbeiter am Seestern.

Über Anschauung und Dienstleistung hinaus hat Mobileye in Düsseldorf noch ein drittes Arbeitsfeld: die "Smart City". Das Unternehmen hat Anfang 2016 zwei Busse der Rheinbahn mit Kameras ausgerüstet. Diese sollen in erster Linie dafür sorgen, dass der Fahrer eine Meldung erhält, wenn in einem toten Winkel ein Radfahrer oder Fußgänger auftaucht. Die Rheinbahn testet so, ob sie die Unfallpräventionstechnik kaufen und in Bussen einbauen sollte. Die Fahrten haben einen netten Nebeneffekt. Mobileye vermerkt auf einer Karte alle Punkte, an denen die Warntechnik angesprungen ist, und wie oft dort der Alarm losging. An der Ecke von Luegallee und Quirinstraße zum Beispiel sind viele Punkte eingezeichnet. So entsteht ein Gesamtbild, das der Stadt einen sehr guten Eindruck vermittelt, wo Gefahrenstellen sind und bearbeitet werden sollten.

Zum Thema toter Winkel hat Sethon auch ein Video auf dem Laptop. Der Betrachter nimmt die Perspektive eines Lastwagenfahrers ein. Die Kamera schwenkt nach rechts und links, dort und in den Außenspiegeln ist nichts zu erkennen. Dann fährt die Kamera langsam um den Lkw herum und es werden zwölf Fahrradfahrer sichtbar, die neben dem Laster stehen und nicht zu erkennen waren.

(hdf)
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