Düsseldorf Klavierhaus muss verschwundenen Steinway-Flügel ersetzen

Düsseldorf · Das spurlose Verschwinden eines 350 Kilogramm schweren Musikinstruments, das auch noch 2,11 Meter lang ist, klingt nach einem besonders raffinierten Zaubertrick. In Wahrheit ging es gestern vor dem Landgericht aber um eine Schadenersatzklage gegen ein Pianohaus. Denn aus dessen Lager war vor Jahren ein fast antiker Steinway-Flügel (von 1908) urplötzlich verschwunden. Das Klavierhaus muss diesen Flügel nun wieder hervorzaubern - oder den Flügel-Besitzer mit einem gleichwertigen Instrument für 3000 Euro entschädigen, urteilten die Richter. Wo der monströse Flügel geblieben ist, blieb rätselhaft. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Für den Kläger, einen Musikpädagogen aus Bonn, war der Verlust des Steinway-Flügels B 211 ein herber Verlust. Er habe das Instrument einst von seinem Großvater geerbt, habe als Fünfjähriger darauf erste Akkorde geübt. Doch zum Hundertjährigen kam das Familienschmuckstück Mitte 2008 zu einem Düsseldorfer Pianohaus, sollte hier generalüberholt werden. Bis zu 6000 Euro wollte sich der Kläger die Auffrischung des Flügels kosten lassen. Doch ein Kostenvoranschlag der Piano-Werkstatt lag deutlich höher. Also ließ der Kläger das Instrument damals zunächst in der Werkstatt zurück. Was er nicht ahnte, erst 2010 erfuhr: Das Pianohaus gab Ende 2008 den Geschäftsbetrieb samt Inventar und Werkstatt auf, eine Nachfolgefirma übernahm alles. Nur der Steinway-Flügel des Klägers fehlte plötzlich, als er das Instrument 2010 abholen lassen wollte. Ersatz dafür oder zumindest die Kosten muss laut Urteil jetzt der Inhaber des früheren Pianohauses tragen. Denn er hätte, so die Richter, der Nachfolgefirma mitteilen müssen, dass jener Steinway-Flügel einem Kunden gehörte. Oder er hätte den Musikpädagogen informieren müssen, dass er den Geschäftsbetrieb räumen will. Dann hätte der Kläger das Instrument rechtzeitig bergen können. Da der Pianohändler aber nichts davon getan hat, sei er nun schadensersatzpflichtig, so das Urteil. Ganz so üppig, wie vom Kläger gefordert, fällt die Geldentschädigung aber nicht aus. Nach Expertise eines Gutachters war der Steinway-Flügel nämlich keine 25.000 Euro wert (wie der Musikpädagoge annahm), sondern nur 3000 Euro. Immerhin waren bei dem betagten Instrument auch etliche Risse im Resonanzboden vorhanden. Und allein danach haben die Richter den Wert bewertet, nicht nach dem ideellen Stellenwert, den der Flügel für den Kläger einst hatte.

(wuk)
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