Düsseldorf Kirche und Gewerkschaft gegen Offenen Sonntag

Düsseldorf · Die geplante Verdoppelung der verkaufsoffenen Sonntage in Nordrhein-Westfalen sorgt für Proteste vor dem Landtag.

 Kirchen und Gewerkschaften haben ein gemeinsames Ziel: Der Sonntagsschutz soll nicht durch neue Landesgesetze aufgeweicht werden. In vorderster Reihe: Düsseldorfs Stadtdechant Ulrich Hennes (über dem "sind")

Kirchen und Gewerkschaften haben ein gemeinsames Ziel: Der Sonntagsschutz soll nicht durch neue Landesgesetze aufgeweicht werden. In vorderster Reihe: Düsseldorfs Stadtdechant Ulrich Hennes (über dem "sind")

Foto: Hans-Jürgen Bauer

Der verkaufsoffene Sonntag bleibt ein Thema, das die Gemüter vieler Menschen erhitzt. Die Kommunen fürchten die Klagen, die unter anderem von der Gewerkschaft Verdi in der Vergangenheit zahlreich eingereicht wurden - mitunter erfolgreich. Einer der Gründe ist, dass die Sonntagsruhe im Grundgesetz fest verankert und geschützt ist. Mit der Einführung des Ladenöffnungsgesetzes, das die damalige schwarz-gelbe Landesregierung Ende 2006 auf den Weg gebracht hatte, lässt sich dieser Schutz durch einen Anlassbezug wie öffentliche Feste, Märkte oder Messen in bestimmten Fällen umgehen.

Genau diesen Anlassbezug möchte die neu gewählte Koalition aus CDU und FDP mit dem "Entfesselungspaket I" wieder kippen und darüber hinaus die Anzahl der verkaufsoffenen Sonntage landesweit von vier auf acht erhöhen. Innerhalb einer Gemeinde könnten durch kommunale Regelungen sogar 16 statt der bisher elf Sonntage zur Ladenöffnung freigegeben werden. Gegen die am 21. März fallende Entscheidung formiert sich ein breiter Widerstand vonseiten der "Allianz für den freien Sonntag".Gestern rief das Bündnis aus kirchlichen und gewerkschaftlichen Arbeiterverbänden zu einer Demonstration vor dem Landtag auf und überreichte Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) eine Erklärung. "Der Sonntag ermöglicht dem Menschen, sich auf Wesentliches im Leben zu besinnen. Er trägt dazu bei, dass Menschen Zeit für sich selbst und für andere haben - geschenkte Zeit, die nicht unter dem Druck des Ökonomischen stehen", heißt in der Erklärung. Dem Sprecher der Allianz Winfried Gather ist die Streichung des Anlassbezugs ein Dorn im Auge. "2006 war das für uns schon ein Kompromiss, den wir zähneknirschend hingenommen haben. Aber ohne den sachbezogenen Anlass kann ja jede Kommune verkaufsoffene Sonntage bestimmen, wie sie möchte", sagt er. Verdi-Gewerkschaftssekretär Nils Böhlke wurde bei dem der Demonstration vorangegangenem Symposium im Townhouse-Kolpingsaal noch deutlicher. "Die Menschen brauchen den freien Sonntag. Sei es, um am gesellschaftlichen Leben wie in Sportvereinen teilzuhaben. Oder um Zeit mit der Familie und den Kindern verbringen zu können. All das wird von der Landesregierung mit der Neuregelung ignoriert", sagt Böhlke. Von den 700.000 Beschäftigten im Einzelhandel in NRW seien vor allem Frauen betroffen, die circa zwei Drittel der Einzelhandelsverkäufer ausmachen.

Breite Unterstützung erhält das Bündnis von den Landeskirchen. Stadtdechant Ulrich Hennes betonte, dass der arbeitsfreie Sonntag kein Partikularinteresse der Kirchen mit Blick auf die Gottesdienstbesucherzahlen sei. Christoph Pistorius, Vizepräses der Evangelischen Kirche im Rheinland, sagte: "Schon vor 2000 Jahren hieß es im Alten Testament, dass nach sechs Tagen Arbeit ein Tag Pause erfolgen soll. Der Sonntag ist für die Menschen da und stellt ein hohes Gut unserer Sozialkultur dar. Unter den vielen Demonstranten, die trommelnd und pfeifend zum Landtag zogen, waren auch viele Betroffene wie Robert Puleski. Er ist seit 17 Jahren im Einzelhandel tätig, hat auf seiner Arbeitsstelle aber noch Glück. "Die Einteilung an verkaufsoffenen Sonntag erfolgt auf freiwilliger Basis. Ich bin deswegen für die vielen Kollegen hier, die nicht die Möglichkeit haben, den Sonntag mit ihrer Familie zu verbringen."

(RP)
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