Müllabfuhr beim Rosenmontagszug Fegen, wo andere feiern

Wenn der Zug vorbei ist, fängt das Aufräumen an: Die Awista-Mitarbeiter fegen, kehren und saugen die Müllberge von der Straße. Und das, während die Jecken noch feiern. Wir sind mit der Putzkolonne am Rosenmontag in Düsseldorf mitgefahren.

Rosenmontagszug in Düsseldorf 2018: Unterwegs mit der Müllabfuhr
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Auf dem Müllwagen beim Rosenmontagszug

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Foto: Franziska Hein

Es ist 13.30 Uhr, als Dirk Quast in seine Kehrmaschine steigt und zum ersten Mal die Kehrbürsten anstellt. Zu diesem Zeitpunkt sind der Karnevalswagen der Toten Hosen und die großen Mottowagen schon auf Höhe der Kö. Doch an der Ecke Auf'm Hennekamp und Mecumstraße stehen immer noch Wagen und warten. Um 11.50 Uhr hat der erste die Aufstellung verlassen. Erst, wenn alle auf der Strecke sind, beginnt die Arbeit von Dirk Quast.

Aus dem Fahrerhäuschen seines Müllwagens sieht Quast das Ende des Düsseldorfer Rosenmontagszugs. Der Mottowagen von Jacques Tilly zeigt einen VW mit einer riesigen Abgaswolke, aus der ein Affe hervorlugt. In der Ferne hört Quast die Helau-Rufe der Jecken. Und er sieht die Fasanenfedern auf den Narrenkappen wippen.

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Foto: Helene Pawlitzki

Quast ist heute einer von 90 Awista-Mitarbeitern, die hinter dem Rosenmontagszug herputzen. Bei gutem Wetter kommen bis zu hundert Tonnen Müll zusammen, die die großen und kleinen Kehrmaschinen der Düsseldorfer "Gesellschaft für Abfallwirtschaft und Stadtreinigung", kurz Awista, zusammenkehren und aufsaugen.

Hinter dem Zug beginnt eine zweite Wagenkolonne aus Kehrfahrzeugen in knalligem Orange mit blauer Aufschrift: die Wassermaschine, der Laubsauger, die vier großen Straßenkehrmaschinen und dazu zwei kleine Kehrmaschinen, die auch über Bürgersteige fahren können. Dazu der Fußtrupp - und die mittelgroße Kehrmaschine von Dirk Quast. Denn der Karnevalsumzug ist erst vorbei, wenn auch der letzte Konfetti-Schnipsel aufgesaugt ist. Die Straßen sind dann sauberer als vor dem Umzug.

Seit 15 Jahren arbeitet Quast an Rosenmontag. "Ich bin ein Karnevalsmuffel geworden", erzählt er. "Als Kind bin ich öfter mal auf einem Wagen mitgefahren. Aber es gibt mir nix, auf Kommando lustig zu sein." Seit 25 Jahren fährt Quast Kehrmaschinen bei der Awista. Er liebt es, mit seiner Maschine sauber zu machen, sagt er. Auf seinem Handy zeigt er Vorher-Nachher-Bilder von Radwegen, die er von Laub gereinigt, und Baustellenausfahrten, die er von Schlamm und Erde befreit hat.

Am Rosenmontag ist der Anspruch der Truppe groß: Sie wollen schnell sein, aber auch besonders gründlich. Und sie müssen auf die Jecken aufpassen, für die der Zug nach dem letzten Wagen noch lange nicht vorbei ist. Die meisten feiern ausgelassen weiter. Vor allem auf der Kö. Deswegen wird dort erst ganz am Ende der Müll weggeräumt, wenn es schon dunkel wird.

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Foto: Anne Orthen (ort)

"Wir müssen gut aufpassen mit unseren Kehrmaschinen, dass wir niemanden erwischen", sagt Quast. Wenn ein Kind Kamelle auf der Straßen liegen sieht, renne es einfach los. Das kann gefährlich werden.

Am Anfang hält sich der Dreck in Grenzen. "Der dicke Dreck kommt erst auf der Kö", erzählt Quast. Dann helfen auch die Mitarbeiter der anderen Betriebshöfe mit.

Vor allem kleinere Schnapsfläschchen liegen am Fahrbahnrand. Ruck, zuck sind die zusammengekehrt und aufgesaugt. Selbst ganze Sektflaschen kann Quast mit seiner Maschine aufsaugen. Am Straßenrand parkt auch ein Werkstattwagen mit Ersatzreifen. Manchmal müssen die Mitarbeiter einen aufgeschlitzten Reifen reparieren. An diesem Tag ist gleich zu Beginn der Laubsauger kaputt, der eigentlich den groben Müll vom Straßenrand aufsaugen soll. Doch Ersatz ist schon unterwegs.

Zum Glück ist der Zug langsam. Manchmal tut sich minutenlang gar nichts. Erst gegen 15 Uhr haben sich alle Mottowagen und Fußgruppen in den Zug eingefädelt. Zu diesem Zeitpunkt sind die Toten Hosen schon am Rathaus vorbeigefahren.

Dann geht plötzlich alles ganz schnell und die Kolonne kommt kaum hinterher. Die Corneliusstraße liegt voller Müll: Plastiktüten, leere Flaschen, Keks- und Bonbonpapiere, jede Menge Plastikbecher, Pferdeäpfel. Aus der Fahrerkabine kann Quast genau sehen, was die Kehrmaschine einsaugt.

Innerhalb von wenigen Minuten ist der Straßenabschnitt wieder sauber. Zum Glück dringt der Geruch der Pferdeäpfel nicht ins Fahrerhäuschen, wenn die Fenster und Türen geschlossen sind.

Hinter Quast und den größeren Kehrmaschinen macht der Wasserwagen den "Feinschliff", wie es Jürgen, der Fahrer, ausdrückt. Er wird von seinen Kollegen nur "Banane" genannt - wegen eines waghalsigen Fahrmanövers, das der Chef "Banane" fand.

Er spritzt mit zwei Wasserdrüsen noch den letzten Dreck von der Straße und aus den Fahrrillen der Straßenbahn. Da kommen noch altes Laub, Zigarettenstummel und jedes Krümelchen Konfetti weg, damit die kleinen Kehrmaschinen alles aufnehmen können.

Das Wasser spritzt und hält die Jecken fern. In der Gischt schimmert ein kleiner Regenbogen. Sollte doch noch etwas zurückbleiben, kümmern sich die Tauben darum, die am Wegesrand picken.

Auch Jürgen "Banane" scheint seinen Job zu lieben. Weil man sehe, "dass hinterher alles piccobello sauber ist", sagt er. "An Rosenmontag putzen wir so richtig die Straßen durch." Die Wassermaschinen kommen normalerweise nicht zum Einsatz. Das wäre Wasserverschwendung. 12.000 Liter passen in den Wassertank, nach einer Viertelstunde ist er leer und muss an den Hydranten am Wegesrand aufgefüllt werden.

Wieder steht der Zug. Die Awista-Mitarbeiter, die die Gehwege reinigen, spielen Curling mit einer plattgedrückten Bierdose. Der Abschnittsleiter öffnet den Kofferraum seines Dienstfahrzeugs. Darin lagert er den Proviant: Cola, Wasser, Limonade, eine große Plastikbox mit kleingeschnittener Knoblauchwurst und Mettenden, dazu eine Box mit Brötchen und zwei Kartons mit Schokoriegeln.

Dann biegt der Zug endlich auf die Berliner Allee ein. Der Asphalt ist mit bunten Konfettipunkten bedeckt. Manchmal sieht es aus, als hätte es geschneit. Dann geht der Asphalt in Kopfsteinpflaster über. Doch selbst das ist für die Kehrmaschinen kein Problem.

Die Stimmung an der zweiten Wagenkolonne ist super. Die Jecken blicken aus den Fenstern der Wohnhäuser an der Strecke, grüßen laut und prosten den Awista-Mitarbeitern zu. Manche machen Fotos von den Kehrmaschinen. Auf dem Bürgersteig steht ein kleines Krokodil und winkt. Es wird von seiner Mutter am Schlafittchen gepackt, damit es nicht zwischen die Drahtborsten gerät. "Es ist schön, dass die Leute uns auch feiern."

Ein Griesgram im Clownkostüm kickt kleine Verpackungsreste und Schnapsfläschchen auf die Straße, noch während die Kehrmaschinen am Gehwegrand kreisen. Er hat die Reinigungskolonne fest im Blick. "Der ruft morgen in der Geschäftsstelle an und meckert", prophezeit Quast.

Gegen 16 Uhr ist die Kehrmaschine voll. "Das hat man im Gefühl", sagt er. "Die saugt dann nicht mehr richtig." Im Kehrbetrieb kann er maximal sieben Stundenkilometer schnell fahren. Jetzt rast er mit Tempo 50 zurück zum Höher Weg auf das Betriebsgelände. Da muss Quast den Unrat abkippen. Dort angekommen, landen 5000 Kubikmeter Müllmatsch in einem Container. Dann geht's schnell zurück zum Zoch - weitermachen.

(heif)
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