Tabu-Bruch im Karneval Muslime kritisieren Düsseldorfer Zug

Bundeskanzlerin Angela Merkel als Mammut, eine Achsel des Bösen und ein Tabu-Bruch beim Rosenmontagszug - die Düsseldorfer Narren nahmen beim Zoch gewohnt scharf Politik und Religion aufs Korn. Und sorgten damit für Aufregung, denn vom Zentralrat der Muslime kam heftige Kritik: Der Wagen "Klischee und Wirklichkeit" sei eine "Provokation um der Provokation willen", so Generalsekretär Aiman Mazyek.

Politische Mottowagen beim Zoch 2007
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Politische Mottowagen beim Zoch 2007

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Foto: ddp

Mazyek wies die Art der Darstellung von religiösen Führern des Islam auf einem Mottowagen als "Vorurteil" und "platte Lüge" zurück. Der Islam werde als "Negativfolie benutzt, um Aufmerksamkeit zu erregen", kritisierte er. Der Mottowagen des Düsseldorfer Wagenbauers Jacques Tilly zeigt zwei mit Pistole, Schwert und Sprengstoffgürtel bewaffnete Mullahs. Beide sehen exakt gleich aus, einer trägt den Schriftzug "Klischee", auf dem anderen steht "Wirklichkeit".

Mazyek sprach von einer "Provokation um der Provokation willen". Er frage sich, was der Wagen darstellen solle, sagte er und betonte: "Ich lese die Botschaft so: Wir lieben unsere Vorurteile und verfestigen sie notfalls mit platten Lügen." Mazyek zeigte sich überzeugt, dass "die Mehrheit der Jecken nicht dafür ist, dass Islamverachtung salonfähig gemacht wird".

Hitler als Karnevals-Figur

Gleich mit einem Tabu-Bruch startete der Zug, der diesmal unter dem Motto "Düsseldorfs närrische Illusionen" stand: Kurz vor dem Start hatten die Organisatoren am Montag einen Persiflage-Wagen mit einer Hitler-Figur aus Pappmaché enthüllt. Der gebückt und mit heruntergelassenen Hosen dastehende Diktator trägt eine braune Uniformjacke und eine Mütze - aus seinem Hinterteil kommen Ausscheidungen mit der Aufschrift "NPD". Der bis zuletzt geheim gehaltene Überraschungswagen wurde nur Minuten vor dem Start des Zuges um 13.44 Uhr enthüllt.

Religionsführer Hand-in-Hand

Zu sehen gab es wieder viele bunte und einfallsreiche Wagen, darunter auch weitere religiöse Motivwagen, die allerdings keine Kritik hervorriefen. Der Düsseldorfer Wagenbauer Jacques Tilly schuf unter dem Motto "Friede zwischen Religionen - Die größte aller Illusionen" einen Wagen mit Vertretern der großen Religionsgemeinschaften. Dort sind Hand-in-Hand ein Mullah, ein Kardinal, ein orthodoxer Jude und ein Hamas-Kämpfer zu sehen.

70 Wagen insgesamt

Dick eingepackt in Jacken, Schals, Mützen und Handschuhe schunkelten sich die Narren mit Alt-Bier sowie süßen Schnäpsen und Likören am Straßenrand seit dem Vormittag ein. Die rund 5.500 teilnehmenden Jecken waren auf der mehr als fünf Kilometer langen Stecke rund drei Stunden unterwegs. Mit von der Partie waren 70 Wagen, darunter 10 Mottowagen. 44 Musikkapellen sorgten für Stimmung. Rund eine Million Zuschauer säumten die Strecke.

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