Mottowagen aus Düsseldorf Angela Merkel vor dem Untergang — aber mit Haltung

Düsseldorf · Trotz der Absage des Rosenmontagszug können Karnevalsfans die Mottowagen von Jacques Tilly vor dem Rathaus besichtigen. Tilly hat in diesem Jahr die Flüchtlingspolitik zu seinem wichtigsten Thema gemacht.

Rosenmontag Düsseldorf 2024: Das waren die Mottowagen von Jacques Tilly
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Die Mottowagen beim Rosenmontagszug 2024 in Düsseldorf

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Foto: dpa/Federico Gambarini

Der Düsseldorfer Rosenmontagszug ist für seine bissigen und treffsicheren Mottowagen bekannt. Zwölf Stück hat Wagenbauer Jacques Tilly gebaut. Alle Chancen, auf den Titelseiten der Zeitungen zu landen, hat der Wagen mit Angela Merkel, die es in ihrem Boot mit der Flüchtlingswelle zu tun hat.

Die Kanzlerin steht schon auf dem Kopf und die Frage ist: Schafft Angela Merkel die Flüchtlingswelle oder geht sie mit ihrem Boot darin unter? "Ich wollte keinen kritischen Merkel-Wagen bauen", sagt Tilly dazu, "ich bin auf ihrer Seite. Sie hält stand, lässt sich nicht beirren und deswegen hat sie ihre Hände auch zur berühmten Merkel-Raute geformt und demonstriert Ruhe."

Nicht der einzige Entwurf zum Thema Flüchtlinge. CSU-Chef Horst Seehofer hängt sich an die Grenzschranke und versucht sie herunterzuziehen. Das Land wird dichtgemacht, lautet die Botschaft. Anderes Motiv: Die Flüchtlingsheime brennen.

Der Aufschwung der AfD ist mit Blick auf die anstehenden Landtagswahlen interessant. Gestern, heute, morgen sind drei AfD-Figuren betitelt, und vielleicht macht es den ein oder anderen Betrachter ja nachdenklich, dass das Männchen immer brauner wird.

Terror und Krieg beschäftigen die Welt weiter, die Freiheit ist bedroht, radikale oder Politiker mit Hang zum Größenwahn haben Konjunktur. Das treibt Tilly um. Der Narr hält dem bärtigen Terroristen die Pappnase entgegen, und der türkische Präsident Erdogang stößt auf einem anderen Wagen mit dem IS an, mit Gläsern, in denen das Blut der Kurden schwappt. "Nach dem Attentat in Istanbul dachte ich, ein kritischer Erdogan-Wagen sei nicht möglich", sagt Tilly, "aber dann ging einfach alles so weiter und der Westen ignoriert, was mit den Kurden passiert. Es ist ein böses politisches Spiel."

Zu den politisch Extremen gehört für Tilly auch Donald Trump. Die Wähler mögen ihm in Iowa ein blaues Auge geschlagen haben, Tilly schreibt ihm seine Botschaft auf den Schopf: "Make Facism great again".

Die Silvesternacht von Köln wird in Düsseldorf nicht ignoriert. Im Gegenteil: Gleich zwei Wagen befassen sich mit dem Thema. Ein Motiv zeigt die Nacht als Fisch, die einen kleineren mit Namen "Willkommenskultur" frisst. Auf dem anderen zündet eine flotte Biene eine Rakete an, zwei Kerle — der eine hell-, der andere dunkelhäutig — werden gleich in den Orkus geschossen. Es ist einer der witzigsten Wagen, die Tilly gebaut hat, denn auf einem Stöckelschuh balancierte die Dame ein Glas Schampus und freut sich schon: "So schön wird das nächste Silvester."

Zwei Düsseldorfer Wagen dürfen nicht fehlen. Der Streit um die Sparkassen-Millionen verdichtet sich im Bild des Straßenräubers Geisel (Oberbürgermeister), der dem flüchtenden Hallmann (Sparkassenchef) den Geldsack aufschlitzt. Das traurige Aus des verglühenden Stern-Verlags schließlich bejubelt der rote Amazon-Teufel.

(ujr)
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