Düsseldorf Klassik-Karneval im Schumann-Saal

Düsseldorf · Eine normale Karnevalsgesellschaft wollten die "Weißfräcke" nie sein. Seit 65 Jahren verstehen sich deren Mitglieder als Vertreter des "Lackschuhkarneval", pflegen eine besondere Nähe zur Kunst und den Künsten. Vor sieben Jahren haben sich die "Macher" um Präsident Burkard Brings das Klassik-Konzert zur Session ausgedacht. Das ist ein Alleinstellungsmerkmal. Dazu betreten diesmal auch wieder ziemlich normale Musiker das Podium des Schumann-Saals. Der allerdings ist grünweißrot geflaggt, vor dem ersten Ton ruft man sich ein dreifaches Helau zu und erst dann nimmt das gemeine KG-Mitglied die Narrenkappe vom Kopf. Die Musik ist dann ziemlich lustig.

Das liegt zum einen an den Stücken selbst, meistens aber an Burkard Sondermeier. Der kommt zwar aus Köln. Humor hat er trotzdem. Und vor nun 14 Jahren hat er die "Camarata Carnaval" gegründet, in der junge Leute von der Musikhochschule und neuerdings der erfahrene Drehorgel-Aktivist Michael Peschko Werke und Werkchen von Offenbach bis Willi Ostermann zum Besten geben.

Diesmal sind neben allerlei Schlaginstrumenten Klarinette, Saxofon, Klavier und Flöte sowohl solistisch wie im Ensemble zu hören. Sehr hübsch: das Melodram "Die zerstreute Brillenschlange" von Wilfried Hiller, bei der sich dieselbe selbst verspeist, wobei sich die solistische Klarinette in ihre Einzelteile auflöst, bis am Ende (von Michael Ende stammt der lustige Text) nur noch das Mundstück den letzten Seufzer tut.

Hier wie sonst macht aber gerade Burkard Sondermeier den Charme des Konzerts aus. Er sitzt bühnenmittig im Plüschsessel, rezitiert und singt ganz wunderbar natürlich und hat ein angeborenes Feeling für Pointen. Ganz gleich ob ein klassenkämpferisches Gedicht von Prévert, die Reportage eines Konzertbesuchs in Taschkent aus der Feder Scholl-Latours oder das heftig belachte "Verzällchen" von der "ahl Zang" - der pfiffige Charmeur mit dem weißen Bart bringt sein Programm "ex oriente Jux!" virtuos auf den Punkt.

Das ist zwar bestes Nonsens-Latein, führt aber gezielt in fremde Welten hinaus. Dazu gehört für den karnevalsverrückten Düsseldorfer selbstredend auch Köln. Von da grüßt - im Verein mit seiner Tante - Sondermeier mit Fritz Klutsch und seinem Song "Köln wird immer am Rheine steh'n".

Die Teilnehmer dieser Klassik-Sitzung zeigten sich weltoffen und bestens unterhalten.

(RP)
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