Düsseldorf Kanal-Geld nur für Investitionen

Düsseldorf · Das Ampel-Bündnis will festschreiben, dass die 599 Millionen Euro nur für Schulen und Bäder genutzt werden. Die CDU kritisiert den Deal.

 Düsseldorfs Kanäle haben bald einen neuen Besitzer: Die Stadt überträgt sie einer eigenen Tochterfirma.

Düsseldorfs Kanäle haben bald einen neuen Besitzer: Die Stadt überträgt sie einer eigenen Tochterfirma.

Foto: Andreas Endermann

Der Stadtrat wird heute den größten Finanz-Deal seit vielen Jahren auf den Weg bringen. Das Ampel-Bündnis aus SPD, Grünen und FDP sieht in der Übertragung des Kanalnetzes einen geschickten Weg, an viel Geld für Investitionen zu kommen. CDU und Linke lehnen das Geschäft ab. Die wichtigsten Infos:

Worum geht es?

Der Stadtrat wird heute aller Voraussicht nach seiner Zustimmung zu einer großen und komplizierten Transaktion geben, die sich innerhalb des Stadt-Konzerns abspielt: Die Stadt überträgt das Kanalvermögen an ihre Tochterfirma für das Abwasser, den Stadtentwässerungsbetrieb. Dieser zahlt 599 Millionen Euro in die Stadtkasse. Dafür gehen 1400 Kilometer Kanäle, die beiden Klärwerke und anderes Vermögen in seinen Besitz über. Um das Geschäft zu finanzieren, nimmt der Betrieb einen Kredit bei einem Geldinstitut auf, der mit bis zu 1,9 Prozent im Jahr verzinst wird.

Wozu dient das Geschäft?

Die Rücklagen der Stadt sind aufgebraucht, SPD, Grüne und FDP brauchen Kapital. Sie kündigen an, es für Investitionen vor allem in Schulen und Bäder zu nutzen. "Wir müssen die Schulen jetzt bauen und können nicht warten, bis wir das Geld angespart haben", sagt Norbert Czerwinski (Grüne). Grüne und FDP verweigern aber, dass die Stadt ihre Investitionen durch Kredite finanziert. Also wurde ein anderer Weg gesucht - der den Frieden im Bündnis rettet. Politisch ist das Geschäft noch aus anderem Grund bequem: Die Bürger merken nichts. Die Abwassergebühren werden nicht steigen, da der Betrieb im Gegenzug keine Pacht mehr zahlen muss.

Ist das Versprechen der Schuldenfreiheit damit gebrochen?

Das ist politisch eine entscheidende und umstrittene Frage. Die CDU meint: ja. Sie sieht nur eine Verschiebung der Schulden. "Es geht nur darum, dass die Ampel weiterregieren kann", sagt Fraktionschef Rüdiger Gutt. FDP-Chefin Marie-Agnes Strack-Zimmermann müsste eigentlich die Zusammenarbeit mit SPD und Grünen beenden, da sie gesagt habe, sie werde Schulden im Kernhaushalt oder verlagerte Kredite zu Stadttöchtern nicht dulden. Die Liberalen sehen das anders. Sie verweisen darauf, dass das Geschäft wirtschaftlich sinnvoll sei. "Der Betrieb erwirtschaftet selbst das Geld, um seine Schulden zurückzuzahlen", sagt Manfred Neuenhaus. Bei Krediten im Kernhaushalt sei das anders - die müsse die Stadt tilgen. Die Linken verweigern ebenfalls ihr Ja, da sie versteckte Schulden beklagen. Auch bei externen Experten ist das Geschäft umstritten. Rüdiger Goll, Geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens Industrie Consult, sieht das Verlagern von Schulden "aus optischen Gründen". Nur, wenn die Einnahmen investiert würden, stünden den Ausgaben Werte entgegen.

Wofür wird das Geld verwendet?

Das Ampel-Bündnis beteuert, es werde nicht zum Stopfen von Löchern aufgebraucht. Das Bündnis wird heute wohl einen Antrag einbringen, der festlegt, dass der Betrag ausschließlich für Investitionen verwendet werden darf - ein Signal an die Kritiker. "Das ist kein Geld für Konsum", sagt Markus Raub (SPD). Er wirft der Union vor, selbst keine Ideen zur Finanzierung drängender Investitionen vorgelegt zu haben. Darüber, dass das Geld wie angekündigt verwendet wird, wird wohl auch die Bezirksregierung wachen: Sie will der Übertragung nur zustimmen, wenn die Stadt dafür investiert. Die CDU bezweifelt hingegen, dass viel Geld für den Schulbau übrig bleibt, da die Einnahme bereits in den laufenden Haushalt eingebucht seien. "Die Frage ist, wie OB Geisel die Maßnahmen in den nächsten Jahren finanzieren will", so Fraktionsvize Andreas Hartnigk.

Sind die Finanzsorgen erledigt?

Nein. Das hartnäckigere Problem liegt woanders: Düsseldorf erwirtschaftet in jedem Jahr ein dickes Minus, die Rede ist von einem strukturellen Defizit von 100 Millionen Euro. Das zehrt die Rücklagen auf. Die Ampel hat angekündigt, dies zu ändern. Der Rat hat dazu eine Kommission gegründet, an der auch die CDU mitwirkt. Alle Beteiligten haben aber Angst, den ersten Schritt zu machen - aus Sorge vor einem Aufschrei, der dem Gegner nutzt. Nach der Bundestagswahl im September könnte das anders werden.

(RP)
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