Düsseldorf Jugendarrest-Anstalt braucht mehr Platz

Düsseldorf · Die Baugenehmigung für das alte Gerresheimer Amtsgericht ist schon erteilt - es wird die erste Baustelle von Gabriele Kuhn, die im Juli die Leitung der Arrestanstalt übernommen hat.

 Gabriele Kuhn hat die Schlüssel der Arrestanstalt übernommen, die Edwin Pütz mehr als zehn Jahre lang entscheidend geprägt hat.

Gabriele Kuhn hat die Schlüssel der Arrestanstalt übernommen, die Edwin Pütz mehr als zehn Jahre lang entscheidend geprägt hat.

Foto: Hans-Jürgen Bauer

Als erstes hat sie das Büro gestrichen, vom Sonnengelb ihres Vorgängers ist Gabriele Kuhn zu nüchternem Weiß übergegangen. Mehr Veränderungen wird es erst einmal nicht geben, sagt die 51-Jährige. "Ich habe ein gut geführtes Haus übernommen." Allerdings eins, das aus allen Nähten platzt, mit einem einzigen Gemeinschaftsraum, in dem sich alle Gruppen-Aktivitäten konzentrieren. Deshalb soll in den Räumen des alten Amtsgerichts, das an den Anstaltshof grenzt, das Pädagogik-Angebot für die jungen Arrestanten stattfinden. "Die Baugenehmigung der Stadt haben wir schon", sagt Kuhn. Jetzt fehlt nur noch der Landesbaubetrieb BLB, der die Sanierung übernimmt. Ein Jahr werde es wohl dauern, bis das seit zweieinhalb Jahren leerstehende, ehemalige offene Vollzugshaus der JVA genutzt werden kann.

Zehn Jahre, sieben Monate und 15 Tage war Kuhns Büro der zweite Arbeitsplatz von Jugendrichter Edwin Pütz. Der war schon vor zwei Jahren bereit, es abzugeben, wollte endlich wieder nur einen Arbeitsplatz, eine Telefonnummer und eine Mailadresse. Es kam dann anders, Pütz pendelte weiter zwischen Amtsgericht und Arrestanstalt, aber er nahm Gabriele Kuhn mit, Jugendrichterin wie er und seither seine Stellvertreterin. Die hatte er sich auch als Nachfolgerin ausgeguckt und ist nicht nur zufrieden mit seiner Wahl, sondern auch froh, dass er sie treffen durfte. Denn irgendwie ist die Jugendarrestanstalt schon so etwas wie sein Baby gewesen, dass er nun in guten Händen weiß.

Nicht nur die Gerresheimer Anstalt hat sich in diesen zehneinhalb Jahren verändert. Die Einstellung zum Jugendarrest in den Gerichten ist eine andere geworden. Auch Gabriele Kuhn war früher eher skeptisch, konnte die Befürchtung mancher Richter, die in Arrestanstalten die Brutstätten des Berufsverbrechertums sahen, teilen. Heute weiß sie: Im Jugendarrest lernen die Jugendlichen keine neuen kriminellen Tricks. "Hier drin können sie sich vielmehr den Angeboten nicht entziehen, die sie draußen meiden", sagt sie. "Wenn irgendetwas davon hängenbleibt, dann ist das schon eine positive Veränderung."

Rund 60 Jugendliche und Heranwachsende verbüßen in Gerresheim Arreststrafen von einem Wochenende bis zu vier Wochen. Die Hälfte von ihnen ist nie dazu verurteilt worden, sondern zu Sozialstunden, hat diese aber nicht geleistet. Mit so einem Arrest wächst die Bereitschaft dazu schnell, denn die Regeln sind strenger als in manchem Erwachsenen-Gefängnis: Rauchverbot, Handy- und Musikverbot, kein Internet, von TV und PC ganz zu schweigen, und tagsüber in der Zelle auf dem Bett liegen ist ebenfalls verboten. Die gewollte Langeweile im Arrest wird nur von eben jenen Freizeit- und Bildungsangeboten unterbrochen: da ist die Cannabisgruppe, in der über Drogen, die Folgen des Konsums und seine Nebenwirkungen geredet wird, es gibt Anti-Aggressionstrainings und auch ein bisschen Sport. Im neuen Haus will Gabriele Kuhn das Angebot erweitern.

Ein Respektsproblem bei den jungen Männern hat sie nicht. "Die akzeptieren mich als Chefin." Neulich hat sie einen wegen schlechten Benehmens gerügt. Dem hatte sie die Sozialstunden, die er nicht geleistet hat, selbst aufgebrummt. Der, sagt sie lächelnd, "fühlte sich vielleicht ein bisschen verfolgt".

(RP)
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