Bekanntester Heimatverein in Düsseldorf Jonges international

Düsseldorf · So international wie die Stadt selbst ist mittlerweile auch ihr bekanntester Heimatverein. Bei den Jonges haben sich Düsseldorfer Männer mit verschiedenen kulturellen Wurzeln zusammengefunden. Was sie eint, ist die Liebe zu ihrer Stadt.

 Jobcoach und Dozent Hue Bing Lu hat chinesische Wurzeln.

Jobcoach und Dozent Hue Bing Lu hat chinesische Wurzeln.

Foto: Bretz Andreas

Eigentlich beginnt Heimat ja gerade dort, wo man sie nicht erwartet: ganz weit weg. Wer gereist ist, die eigene Komfortzone verlassen und sich mit Neuem herausgefordert hat, weiß, wie schön es ist, an den Ort zurückzukehren, an dem man sich zu Hause fühlt. Heimat ist der Ort, an dem man sich sicher fühlt und weiß, wer man ist - aber das ist nur eine der vielen möglichen Interpretationen.

Denn "Heimat", das sei für jeden etwas anderes und natürlich könnten damit auch verschiedene Orte verbunden sein, sagt Jonges-Baas Wolfgang Rolshoven. Für den größten Heimatverein Europas ist die Priorisierung jedoch ganz klar: An erster Stelle steht Düsseldorf. Was bei den Jonges hingegen zweitrangig ist, ist, woher jemand kommt. "Allen Jonges ist gemeinsam, etwas für ihre Heimatstadt tun zu wollen, auch wenn man dort nicht geboren ist", sagt der Chef des Vereins.

So kommt es auch, dass bei den Jonges viele verschiedene Nationalitäten vertreten sind. "Herkunft, Nationalität und Religion spielen bei uns keine Rolle", sagt Rolshoven. Was die Männer eine, sei die Freude, für ihre Lieblingsstadt Gutes zu tun.

Doch an dem Begriff Heimat klebte viele Jahre jede Menge Volkstümelei. Ein Mensch, so eine veraltet anmutende Interpretation, ist dort heimisch, wo seine Wurzeln liegen. Frischer und zeitgemäßer, findet Rolshoven, ist der Begriff der Wahlheimat oder zweiten Heimat.

Das sieht auch der 42-jährige Hue Bing Lu so. Der Düsseldorfer mit chinesischen Wurzeln wird beim jüngsten Wochentreffen der Heimatfreunde im Henkel-Saal in den Verein aufgenommen. "Das ist ein sehr schönes Gefühl", sagt der Jobcoach und Dozent. "Düsseldorf ist meine Heimatstadt, und wenn ich dafür etwas tun kann, dann mache ich das gerne."

Der Verein ist ein Zusammenschluss von Düsseldorfern, die das kulturelle Erbe der Landeshauptstadt bewahren wollen. Er besteht bereits seit 85 Jahren und im Jahr 2017 gehören viele verschiedene Kulturen dazu. "Die Jonges", sagt Rolshoven, "haben eine innere Verwurzelung, eine Bindung zu ihrer Stadt." In Zeiten des ständigen Unterwegsseins werde diese Verbundenheit wichtiger denn je.

Mit der Digitalisierung sei eine neue "soziale Kälte" entstanden, der ein Heimatverein etwas entgegensetzen könne, sagt der Baas - gerade durch Vielfalt. "Wir sind ein bunter Haufen", sagt auch Hue Bing Lu. Diese Vielfalt mache ihre Heimat aus, sagen die Mitglieder.

Leon Schersching ist bereits seit zwei Jahren dabei. "Düsseldorf ist einfach eine wunderschöne Stadt", sagt der 28-Jährige. Sein Vater stammt aus Sri Lanka, seine Mutter ist Deutsche. "Düsseldorf ist sehr weltoffen; der Düsseldorfer an sich hat großes Verständnis für fremde Kulturen", sagt der Immobilienkaufmann. "Es gibt eine unglaubliche Wärme in dieser Stadt, egal, ob man in einem schicken Laden oder in einer Kneipe sein Alt trinkt. Der echte Düsseldorfer ist warmherzig."

 Der Vater von Leon Schersching stammt aus Sri Lanka.

Der Vater von Leon Schersching stammt aus Sri Lanka.

Foto: Bretz Andreas

Der 28-Jährige wohnt in Unterbilk und ist in Golzheim aufgewachsen. Für ihn hat Heimat auch etwas mit Erinnerungen zu tun. An den Hofgarten zum Beispiel, wo er als Kind oft Schlitten gefahren ist, erzählt der Düsseldorfer Jong. Aber auch an den Rheinpark und die Rheinwiesen habe er schöne Erinnerungen. Diese machten für ihn sein ganz eigenes Düsseldorf-Gefühl aus.

Der Rechtsanwalt Suck Kim hat südkoreanische Wurzeln und auch er ist ein Düsseldorfer Jong. Der 40-Jährige betont, wie essenziell es ist, eine Heimat zu haben. "Es ist wichtig, einen Ort zu haben, an dem man sich wohlfühlt und zu Hause ist." Auch für Suck Kim ist das die Landeshauptstadt. "Die Düsseldorfer sind offen, freizügig und lustig. Ich habe nie das Gefühl gehabt, fremd zu sein", sagt der Jurist.

 Suck Kim ist Anwalt. Seine Familie kommt aus Südkorea.

Suck Kim ist Anwalt. Seine Familie kommt aus Südkorea.

Foto: Bretz

Dass Düsseldorfs großer Heimatverein ebenso international ist wie die Stadt selbst, sei nur selbstverständlich, sagt Rolshoven. "Wir leben in einer international ausgerichteten Großstadt", sagt der Baas.

Im Kleinen ließe sich eine zweite Heimat oft leichter finden als im Großen, sagt Leon Schersching. "Man passt sich zuallererst der direkten Umgebung an", sagt der 28-Jährige. Er glaubt, dass Einwanderern die Identifikation mit der Stadt oder der Gemeinde, in der sie leben, zunächst leichter fallen kann als die Identifikation mit dem Land, in das sie ausgewandert sind.

Ein Heimatverein, der sich an alle Düsseldorfer richte, schaffe schnell ein gemeinsames Thema, da sind sich die Düsseldorfer Jonges einig. Und überhaupt: "Das Rheinland war immer ein Mischmasch", sagt der neue Düsseldorfer Jong Hue Bing Lu.

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