Restaurant "Im Schiffchen" Jean-Claude Bourgueil macht Düsseldorf seit 40 Jahren leckerer

Düsseldorf · Jean-Claude Bourgueil zählt zu den Kreativköpfen seiner Branche. Seit vier Jahrzehnten lädt er Feinschmecker aus aller Herren Länder in sein Kaiserswerther Restaurant. Treue Weggefährten unter seinen Gästen fand er in Düsseldorf.

 Jean-Claude Bourgueil (l.) und sein treuer Gast Klaus-Jürgen Ciper im Restaurant "Im Schiffchen" in Düsseldorf-Kaiserswerth.

Jean-Claude Bourgueil (l.) und sein treuer Gast Klaus-Jürgen Ciper im Restaurant "Im Schiffchen" in Düsseldorf-Kaiserswerth.

Foto: Andreas Bretz

Klar, denkst du, dieser Mann hat gut reden, wenn er von den einfachen Dingen spricht, die beim Kochen wichtig sind. Neun Sterne erkochte sich Jean-Claude Bourgueil (70) im Laufe der vergangenen 40 Jahren in Düsseldorf, sein Name steht ganz oben auf der Liste der weltbesten Küchenmeister. Er hat 250 Rezepte für Kartoffeln im Kopf, kann eine bretonische Ente von einer aus der Gegend von Aachen unterscheiden, wenn er sie aufschneidet, und zaubert mit seiner Crew (derzeit 20 Frauen und Männer) Schmeckleckerreien aus Pott und Pfanne, bei denen selbst abgekochten Profi-Testessern vom Gaullt Millau und Michelin das Wasser im Munde zusammen läuft. Oder die Spucke wegbleibt - je nach dem. In dieser Liga angekommen, kann man sich den Luxus leisten, vom Genuss einer Frikadelle ("Die besten gibt es im Uerige!") oder eines Kalbskopfsalates zu schwärmen - seine Lieblingsspeise übrigens, weil die Großmutter ihn so perfekt auf den Tisch brachte.

Trotz seiner Erfolge wirkt der Franzose (geboren am 1. Mai 1947 bei Tours) abgeklärt und nachdenklich. Steht er nicht am Herd (da agiert er bei Stress robust, laut und wenig umgänglich), macht der Herr der Töpfe sich Gedanken über die Menschen und ihr Verhalten auf dieser Welt (was ihm manchmal den Appetit verdirbt), sinniert über seine Nähe zur Natur (die er sehr schätzt) und zeigt den Blick des Philosophen, wenn er versucht, zu begreifen, warum manchen Völkern die Qualität ihres Essens wichtig ist und andere Würstchen aus dem 99-Cent-Fünfer-Pack auf den 1500-Euro-Grill legen. Bei vielen Deutschen sieht er da noch Luft nach oben. Lebenserfahrener Skeptiker, der er nun mal ist, hält er die Chance auf eine Verbesserung in seiner zweiten Heimat allerdings für gering. Und dass, obwohl Deutschland nach seiner Einschätzung in Europa nach Frankreich die vielfältigste und beste Küche hat.

Also tut er alles dafür, die Wertschätzung für Qualität auf dem Teller in dem Land zu fördern, in dem er seit über 40 Jahren lebt und arbeitet. Natürlich hat das Gute seinen Preis, das erlebt er täglich. Aber für ihn ist die Definition von preiswert eben nicht billig, sondern ihm ist klar, wie viel Geld manche wirklich hochwertigen Dinge tatsächlich kosten müssen.

Daher gibt es bei ihm auch keine Enten von einem ambitionierten Züchter aus der Gegend von Aachen ("Als ich die aufgeschnitten habe, kam da so eine komische weiße Brühe raus!"), sondern er kauft sie bei einem Bauer in der Bretagne. Er kennt den französischen Landwirt persönlich, der ihm Wachteln liefert - und beschreibt die winzigen und so delikaten Vögel fast liebevoll und schwärmerisch, bevor sie in den Herd wandern.

Frische Kräuter gebe es in Deutschland allerorten, gute Weine und einiges an Obst - aber wenn es um die wirklich zentralen Dinge in seiner Küche geht, dann ordert er bei Großhändlern in Paris (die kommen täglich vorbei!) und Erzeugern in französischen Regionen. Dass er mit einer Japanerin verheiratet ist, merkt man auch an seinen Speisekarten - feine Wagyu-Schnitte Kagoshima wird da angeboten oder Tee vom Wagyu-Rind, gern lässt er aus feinem Teepulver das Bild des den Japanern heiligen Berges Fujiyama auf Vorspeisen-Teller stäuben.

Das alles hätte er sich vor 40 Jahren vermutlich kaum vorstellen können. 1977 hat er angefangen in Kaiserswerth, nach Jahren und ersten Sternen im Hilton mit dem seinerzeit legendären Restaurant Walliser Stuben. Die Anfänge im Schiffchen waren weit weg von jeder Idee einer sternegekrönten Karriere: Eine winzige Küche in einem uralten Gemäuer (das Haus ist von 1733, seit 1844 mit Gastronomie), gängige Küchengeräte für ein paar hundert D-Mark und vier simple Herde. Der Rest ist bekannt und Gourmet-Historie. Auch zwei Brände, die alles verwüsteten, ließen den temperamentvollen Koch nicht verzweifeln, nach und nach entstand ein Tempel für alle, die es lieben, wenn der Gaumen sich geschmeichelt fühlt und der Verstand kaum zu begreifen vermag, was der Künstler am Herd aus Fisch, Fleisch, Gemüse, Obst, Sahne und Butter angerichtet hat. Übrigens ist ein Abschied des Chefs auch mit 70 nicht geplant. Weil: "Kochen ist eine Kunst ohne Ende", sagt er. Würde er es aufschreiben, stünde darunter: "Mit kulinarischen Grüßen!"

Versierte Feinschmecker erwiesen sich auch als seine treuen Weggefährten: Klaus-Jürgen Ciper etwa, angesehener Arzt, ist von der ersten Stunde mit dabei. Silvester feiert er gerne bei Bourgueil. "Sehr kultiviert", schwärmt der Kochkünstler - auch von Manager Carsten Mahnkopf und seiner Ehefrau Doris. Er bewundere diese Menschen für ihren generellen Feinsinn. "Solche Gäste sind für mich sehr kostbar, sie erlebten mit, wie ich meine Ehefrau kennenlernte, wie meine Kinder und Enkel geboren wurden." Drei Kinder und neun Enkel gehören zum Bourgueil-"Clan".

(RP)
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