IS-Terror vereitelt Die Düsseldorfer Altstadt macht weiter

Düsseldorf · Nach dem Schock über die Anschlagspläne im Herzen der Landeshauptsstadt kehrt in Düsseldorf schnell Normalität ein. Besucher wollen sich nicht verunsichern lassen.

 Nahe der U-Bahn-Station "Heinrich- Heine-Allee" wollten die Attentäter Sprengsätze zünden und Menschen erschießen.

Nahe der U-Bahn-Station "Heinrich- Heine-Allee" wollten die Attentäter Sprengsätze zünden und Menschen erschießen.

Foto: andreas Endermann

Irgendwo hier sollte es passieren. Düsseldorfer Altstadt, zwischen Heinrich-Heine-Allee, Rathausplatz und Rheinufer sollten Sprengsätze detonieren, Menschen sterben. Gestern Morgen noch kennen die Düsseldorfer nur ein Thema: die heftigen Regenschauer, die vollgelaufenen Stadt-Tunnel. Als die Nachricht über die Anschlagspläne die Runde macht, so scheint es, hält die Stadt kurz den Atem an - um dann wieder zum Alltag zurückzukehren. Was man auf den Straßen am meisten hört: "Wir lassen uns nicht unterkriegen."

Erleichterung ist spürbar

Natürlich ist eine Menge Erleichterung im Spiel. "Wir sind sehr, sehr dankbar für die gute Zusammenarbeit der internationalen Behörden, die diese Pläne vereitelt haben", sagt die Sprecherin der Altstadt-Wirte, Isa Fiedler. Sie sorgt sich nicht nur um die Auswirkungen der Bedrohung aufs Image der "Längsten Theke der Welt". "Wer aus Angst nicht mehr ausgeht, beugt sich den Terroristen. Das darf nicht sein."

Es ist ein sonnig-warmer Nachmittag. Viele treffen sich auf ein Feierabend-Bier mit Freunden und Kollegen. In den U- und Straßen-Bahnen starren sie auf ihre Handys, lesen die Nachrichten über die Anschlagspläne, wo sie vor wenigen Monaten noch über die Terrorakte in Paris oder Brüssel gelesen haben.

Dieses Mal aber sollte es ihre Heinrich-Heine-Allee treffen, die Bolker vielleicht oder die Ratinger Straße. Wo sie hingehen, um zu feiern: Geburtstage, Junggesellenabschiede. Wo sie die Siege und Niederlagen ihrer Fortuna begießen. "Das ist schon ein komisches Gefühl", sagt Manfred Pauls und nippt an seinem Alt. Der 47-Jährige blickt auf die Kamera-Teams, die in der Altstadt ausgeschwärmt sind, um die sich füllenden Straßen zu filmen. Er selbst ist nicht zum Gucken da. Er genießt das Feierabend-Alt und sagt: "Das mache ich auch garantiert weiter so."

Die Altstadt füllt sich schnell

Den erschreckenden Nachrichten zum Trotz füllt sich die Altstadt schnell. Auch die Polizei ist da, mit leuchtend gelben Westen schon von Weitem zu sehen. Offiziell bestätigt natürlich niemand, dass die Kräfte in der Altstadt verstärkt worden sind, weil die Polizei nie gern über die Zahl ihrer Einsatzkräfte spricht. Aber weil die Beamten der Eingreiftruppe Prios sonst eher in brenzligen Nächten als an sonnigen Tagen unterwegs und auch die Westen nicht üblich sind, darf man getrost annehmen, dass das Präsidium dem Bürger zeigen will: Wir sind hier, wir passen auf euch auf.

"Wo sollen wir denn auch hin?", fragt eine Düsseldorferin. "Wir leben ja schließlich hier. Soll ich jetzt wegziehen?" Ihr Ehemann nickt heftig. "Es ist ja nichts passiert. Das ist die gute Nachricht." Hans-Peter Schwemin, Inhaber der jüngsten Hausbrauerei der Stadt, des "Kürzer", bleibt ebenfalls gelassen. "Es ist heute eben so. Überall da, wo sich viele Menschen aufhalten, kann auch etwas passieren," sagt er . "Natürlich denkt man bei diesen Nachrichten sofort an die Bilder aus Paris. Aber besonders bedroht fühle ich mich in der Altstadt nicht." Für das Sicherheitsgefühl ist seit Anfang des Jahres jedes Wochenende eine Polizeihundertschaft im Einsatz. Das tut der Partymeile gut.

"Überrascht uns nicht"

"Wenn sich einer in die Luft sprengt, macht auch die Hundertschaft nichts", sagt einer, der oft Dienst tut in der Altstadt. Die Beamten wissen, dass sie im Zweifel in der ersten Reihe sind, wenn etwas passiert. Ein Bewusstsein, das Polizisten nicht ängstlich macht, sondern vorsichtig. "Dass ein Anschlag geplant war, überrascht uns nicht. Es zeigt nur, dass es richtig ist, sich darüber Gedanken zu machen", sagt der Polizist. Heute Abend wird er wieder da sein, und er wird vermutlich nicht mit Terroristen, sondern mit Taschendieben zu tun haben. Eine der drei größten Messen, die drupa, hat nicht nur viele Gäste, sondern auch diese Täter gelockt, die in der Altstadt schnelles Geld machen wollen.

Ob die Besucher sich von den Nachrichten abschrecken lassen? "Das kann man doch nicht pauschalisieren", sagt Beate Och. Die 47-Jährige kommt aus Frankfurt, ist wegen der Messe in der Stadt, und sie wäre wohl auch gekommen, wenn die Nachricht gestern schon publik geworden wäre. "Ich denke, es ist egal, ob man in Berlin, Frankfurt oder Düsseldorf ist. Es kann einen immer treffen", sagt sie.

Erinnerungen an 2005

Es ist auch nicht das erste Mal, dass Düsseldorf mit Bedrohungen konfrontiert wird. Immer wieder hatte es in den vergangenen Jahren Bombendrohungen und Berichte von Anschlagsplänen gegeben. Im Oktober 2005 wurden drei Palästinenser und ein Algerier zu Haftstrafen zwischen fünf und acht Jahren verurteilt, weil sie Juden in Düsseldorfer und Berliner Lokalen töten wollten. Erst 2011 wurde die "Düsseldorfer Zelle" ausgehoben - marokkanische Studenten, die in einer Bilker Wohnung aus Grillanzündern Sprengsätze gebastelt hatten, um sie bei einer Großveranstaltung zu zünden.

Nicht einmal das Unwetter, das am frühen Abend erneut aufblitzt, verscheucht die Menschen aus der Altstadt. Sie warten den Regen ab, und dann gehen sie wieder los. Um 20 Uhr ist die Bolker Straße brechend voll. Die Terrorpläne haben die Altstadt nicht beeindruckt.

(RP)
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