Armin Willy "Im gleichen Werk wie Vater und Opa"

Düsseldorf · Der neue Chef des Daimler-Werks spricht über den laufenden Abbau von 625 Stellen, den Wegfall der Aufträge von Volkswagen Ende des Jahres und über die Verbindung seiner Familie zum Düsseldorfer Automobilwerk.

 Armin Willy ist der neue Standortleiter im Daimler-Werk. Er stammt aus einer Daimler-Dynastie. Sein Großvater und sein Vater arbeiteten dort.

Armin Willy ist der neue Standortleiter im Daimler-Werk. Er stammt aus einer Daimler-Dynastie. Sein Großvater und sein Vater arbeiteten dort.

Foto: Bauer

Sie sind 100 Tage im Amt als Standortleiter des Sprinterwerks. Was waren Ihre ersten Stationen?

Willy Ich habe einen Rundlauf durch diverse Produktionsbereiche gemacht und an zahlreichen Stellen reingeschnuppert und mitgearbeitet. Ich war jeweils für einen knappen Tag im Rohbau, also dort, wo die Karosserien entstehen, in der Montage, der Lackierung, dem Finish, also in verschiedenen Gewerken.

Was haben Sie dort gemacht?

Willy Ich wurde von den Gruppensprechern eingewiesen und habe dann entsprechend vor Ort mitgearbeitet. Und ich muss sagen, dass ich etwa beim Schweißen oder Lackieren Blut und Wasser geschwitzt habe. Im Rohbau gibt es 670 verschiedene Karosserievarianten. Und bei jeder müssen Schweißpunkte anders gesetzt werden. Kein Fahrzeug gleicht dem anderen, das ist anders als im Pkw-Bau. Gegenüber den Azubis war ich klar unterlegen, die simulieren etwa das Lackieren am Computer, bevor es ans echte Auto geht.

Wie läuft der Sprinter-Absatz?

Willy Wir haben 2015 hier im Werk 179.500 Fahrzeuge gebaut, ein Rekord. Der Absatz im gesamten Van-Bereich ist im ersten Quartal des laufenden Jahres noch mal um 20 Prozent gestiegen. Das Geschäft läuft zurzeit wirklich gut.

Ihr Vorgänger hat gesagt, das Werk arbeite an der Kapazitätsgrenze, wie können Sie da überhaupt noch mehr Sprinter bauen?

Willy Wir haben unsere Produktion durch organisatorische und technische Maßnahmen noch einmal gesteigert. Früher war das Maximum 725 Autos am Tag in Düsseldorf. Zurzeit schaffen wir 740 Fahrzeuge, das ist die so genannte Kammlinie, mehr geht nicht. Wir arbeiten im Dreischicht-Betrieb.

Jeder vierte Wagen, der in Düsseldorf vom Band läuft, wird nicht als Mercedes, sondern für VW als Crafter verkauft, was passiert nun nach Ende des Vertrages?

Willy Die Kooperation mit VW läuft Ende dieses Jahres aus. Aber das wird keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Mitarbeiter haben.

Ein Viertel der Produktion bricht weg und das hat keine Auswirkungen auf die Mitarbeiter? Das müssen Sie mir erklären.

Willy Bald startet die Produktion der Vorserienmodelle des Nachfolgers vom aktuellen Sprinter, beispielsweise Fahrzeuge für Crashtests. Diese Fahrzeuge herzustellen ist wesentlich aufwendiger als normale Serien-Sprinter. Wir werden auf jeden Fall bis zum Jahresende und voraussichtlich auch darüber hinaus im Dreischichtbetrieb fahren, unter der Woche 24 Stunden am Tag.

Wann kommt der neue Sprinter?

Willy (lacht) Noch in diesem Jahrzehnt.

Trotzdem wird es Überkapazitäten geben, da ja auch der Sprinter für den US-Markt bald nicht mehr in Düsseldorf gebaut wird . . .

Willy Zurzeit arbeiten wir unter Vollgas. Die Mitarbeiter füllen ihre Arbeitszeitkonten und feiern diese Überstunden 2017 ab. Dann werden die Werksferien verlängert. Wir brauchen diese Phase, um Instandsetzungs- und Modernisierungsarbeiten durchzuführen. Wir haben 2015 50 Millionen Euro in das Werk investiert, 2016 werden es 86 Millionen mehr sein. Insgesamt investiert Daimler 300 Millionen. Düsseldorf ist unser Leitwerk und damit führend beim Bau des Sprinter weltweit. Die Zukunft des Standorts ist über das Jahr 2020 hinaus gesichert.

Wie weit ist der Abbau der 625 Stellen wegen der Verlagerung?

Willy Wir haben mit den Gesprächen mit Mitarbeitern begonnen. Arbeitsverträge werden im Rahmen der freiwilligen Ausscheidungsvereinbarungen nur in beiderseitigem Einvernehmen gelöst.

Welche Bindung haben Sie an das Werk Düsseldorf?

Willy Mein Großvater hat hier am 1. November 1955 begonnen zu arbeiten. Er kam aus Berlin und war verdutzt, dass er nicht ins Werk kam, weil in NRW ja Allerheiligen ein Feiertag ist. Mein Vater startete dann am 1956 seine Lehre hier im Werk.

THORSTEN BREITKOPF FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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