Serie "So Wohnt Düsseldorf" "Ich wäre nie an den Stadtrand gezogen"

Düsseldorf · Seit einigen Wochen lebt die erste Mieterin im Wohnkomplex Moorenplatz: 40 Wohnungen für ältere Menschen, die die Stadtnähe schätzen.

 Maren Dreyer (KB Servicewohnen) und Hartmut Mühlen (Seniorenrat) stehen vor der neuen Wohnanlage.

Maren Dreyer (KB Servicewohnen) und Hartmut Mühlen (Seniorenrat) stehen vor der neuen Wohnanlage.

Foto: Andreas Endermann

Für einen Neustart ist es nie zu spät. Erst recht nicht, wenn man eine resolute Düsseldorferin ist, die Jahrzehnte in der Altstadt gewohnt hat und nun findet, "dass es doch im Alter ganz schön wäre, ein bisschen mehr Ruhe zu genießen." Also hat sich Helga Anstatt entschlossen, das Leben noch mal umzukrempeln und ist kurz vor ihrem 82. Geburtstag umgezogen. Mittlerweile sind vier Wochen vergangen und sie sagt: "Ich hab' genau die richtige Entscheidung getroffen."

Es war ein langer Weg bis zu diesem Tag. Acht Jahre sind vergangen, seit dem im Seniorenbeirat die Idee reifte, ein Wohnquartier für ältere Menschen zu initiieren. "Aber dann dauerte es endlos, bis das geeignete Grundstück gefunden war", erinnert sich Hartmut Mühlen, Sprecher des Beirats "Wohnen im Alter" und hartnäckiger Kämpfer für das Projekt. Gut erreichbar sollte es sein, nicht zu weit von der Innenstadt entfernt, trotzdem ruhig gelegen, am besten mit nahem Grün und Geschäften - und bezahlbar musste es auch noch sein. Viel Geduld brauchten alle Beteiligten, bis das fast Unmögliche doch noch gefunden wurde: Ein städtisches Grundstück an der Ecke Witzel-/Moorenstraße, groß genug für 40 , 16 davon öffentlich gefördert - und alle barrierefrei.

 Helga Anstatt sitzt in ihrem hellen Wohnzimmer. Die Nähe der Wohnung zur Stadt war ihr wichtig.

Helga Anstatt sitzt in ihrem hellen Wohnzimmer. Die Nähe der Wohnung zur Stadt war ihr wichtig.

Foto: Endermann Andreas

Anfang Juli wurde das Quartier fertig, mit einem großen Komplex zur Straßenseite und drei Gebäuden dahinter. Vor dem Haus halten mehrere Bus- und Straßenbahnlinien, das Uniklinikum ist schräg gegenüber, ein paar Läden gleich um die Ecke: Bäcker, Blumen, Schnellimbiss und ein Zeitschriftenladen, bei dem es auch Milch und Butter gibt. Beim nahen Italiener hat Helga Anstatt gerade ihren Geburtstag gefeiert, "da gehen wir jetzt öfter hin."

Klein aber fein ist ihre neue Wohnung mit nur 47 Quadratmetern, die doch genug Platz für einen Vitrinenschrank mit ihren Käthe-Kruse-Puppen bietet und für die Kommode mit der CD-Sammlung - vor allem Mozart und Beethoven. Die Musik hat immer eine besondere Rolle in ihrem Leben gespielt, lange hat sie selbst in Chören gesungen, "aber das gibt meine Stimme nicht mehr her." Im Regal liegt das Strickzeug gleich neben ihrem Computer, doch zu ihrem Kummer wartete sie auf den Anschluss bisher vergeblich. Heißt: Sie kann keine Mails verschicken und empfangen, was die 82-Jährige mit einem Wort kommentiert: "Schrecklich!"

 Die Zugänge zu den einzelnen Räumen sind breit und barrierefrei wie bei allen Wohnungen in dem Projekt.

Die Zugänge zu den einzelnen Räumen sind breit und barrierefrei wie bei allen Wohnungen in dem Projekt.

Foto: Endermann Andreas

Helga Anstatt war am 15. Juli die erste Mieterin, die eingezogen ist. Ein Wochenende wohnte sie dort ganz allein, räumte schon mal ihre neue, knallrote Küche ein, dann hielten die Umzugswagen täglich und neue Mitbewohner kamen. Sie alle schätzen, dass die Balkone und die Wohn- und Schlafzimmer zum ruhigen Innenhof ausgerichtet sind - und zur Südseite. Die Bäder auch der kleinen Wohnungen sind so groß, dass ein Rollstuhl Platz hätte, hier - wie in der übrigen Wohnung - bremst keine Stolperkante die Bewegungsfreiheit.

Im Erdgeschoss wird "Servicewohnen am Moorenplatz" mit Leben erfüllt: In einem Büro bietet die Diakonie Sprechstunden und organisiert auf Wunsch Hilfe aller Art, ob Putzdienst, Einkaufshilfe oder Pflege. Ein großer Gemeinschaftsraum mit eigener Küche ist für die Lebensfreude reserviert, hier sollen Feste gefeiert werden, auch ein Gymnastikkursus wäre möglich. Denn dass unter den neuen Dächern ein Gemeinschaftsgefühl wachsen soll, ist erklärtes Ziel der Initiatoren. Anstatt passt genau in dieses Konzept: "Ich habe gern ein offenes Ohr für andere. Und viele Ideen." Wichtig ist ihr die Straßenbahnhaltestelle vor ihrer Haustür. Da ist sie in ein paar Minuten in der Altstadt - und bei ihren alten Freundinnen. "Diese Nähe ist unverzichtbar, ich wäre nie an den Stadtrand gezogen."

(RP)
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