Düsseldorf Horizonterweiterung in Finnland

Düsseldorf · Für ein Künstleraustauschprogramm ist die Düsseldorferin Anna Weber nach Tampere gezogen. Auch andere Kreative machen mit.

 Die Künstlerin Anna Weber tauschte für einige Wochen ihre Düsseldorfer Stadtwohnung gegen ein einsames Holzhaus in Finnland.

Die Künstlerin Anna Weber tauschte für einige Wochen ihre Düsseldorfer Stadtwohnung gegen ein einsames Holzhaus in Finnland.

Foto: Seppo Parviainen

Anna Weber verbrachte den zurückliegenden Sommer in Finnland. "Dass ich das Stipendium bekommen habe, war für mich eine Riesenüberraschung", sagt die Malerin. Im Juli reiste sie mit Leinwänden, Sprühdosen, Streetart-Stiften, Papier und diversen Werkzeugen im Gepäck in die drittgrößte finnische Stadt. Tampere hat gerade einmal 225.000 Einwohner, aber eine sehr lebendige Kulturszene. Webers Unterkunft: ein skandinavischer Traum. Ein rotes Holzhäuschen am See mit eigener Sauna und "einem Riesen-Garten mit Johannisbeeren". Herrlich ruhig, aber für die 30-Jährige, die in Düsseldorf mitten in der Stadt wohnt, doch ungewohnt einsam: "Ich war froh, dass es nachts gar nicht dunkel wurde, ansonsten hätte ich wahrscheinlich Angst gehabt", sagt sie.

Tagsüber durchstreifte sie Nadel- und Birkenwälder, fuhr mit dem Rad ins Museum oder erkundete umliegende finnische Städte. Nachts, das entspricht ihrem Rhythmus, malte sie. Sechs bis zehn Stunden pro Tag. Sehr konzentriert sei die Arbeit gewesen, "man hat ja keinerlei Ablenkung". Das ist in Düsseldorf ganz anders. Hier hat Weber zwei Jobs, einen als Barfrau, einen als Assistentin eines Künstlers, einen Haufen Freunde und Bekannte gibt es zudem.

In Tampere verbrachte sie die ersten beiden Wochen hingegen komplett allein, bis plötzlich tierischer Besuch auftauchte. Ein Igel. Weber war begeistert. Einen Igel hatte sie seit ihrer Kindheit nicht mehr gesehen. Später hat sie ihn - wie auch das Eichhörnchen, das ihr regelmäßig im Garten Gesellschaft leistete - in einem Gemälde verewigt.

Ungewöhnlich, zumal ihre Bilder bis dahin komplett ohne Lebewesen ausgekommen waren. Seit 2012 hatte sie sich auf ein einziges Sujet konzentriert: Buden, wie sie Kinder bauen. Vor Finnland, erzählt Weber, habe sie stets in ihrer gewohnten Umgebung gemalt. "Ich war selbst gespannt, wie sich meine Arbeiten an dem fremden Ort verändern würden."

Die neuen Werke wurden in Tampere in einer Gruppen-Ausstellung gezeigt. Mit renommierten finnischen Künstlern. Weber war die einzige Nicht-Finnin. Aber die Einheimischen haben es ihr leicht gemacht. "Die Menschen in Finnland sind sehr offen", findet die 30-Jährige. Sie sprechen sehr gut englisch, viele auch deutsch. Im Gegenzug hat Weber ein paar Worte Finnisch gelernt. Hei für Hallo. Hei hei für Tschüss. Und Kippis für Prost, "dabei habe ich die ersten sechs Wochen in Finnland gar keinen Alkohol getrunken", sagt sie lachend.

Es war ein gesundes Leben in Tampere. Viel Ruhe. Viel Natur. Keine Geld-Sorgen. Gutes Essen. Saubere Luft. Bei ihrer Abreise hat die Düsseldorferin eine künstlerische Spur hinterlassen. Ein winziges Quadrat auf dem roten Holzhäuschen ist jetzt rosa-gelb mit etwas Glitzer. Typisch Anna Weber.

Josef Schulz sitzt auf gepackten Koffern. In nicht einmal 48 Stunden geht sein Flieger nach China. Zweieinhalb Stunden bis Helsinki. Von dort aus noch mal neun bis Chongqing. Der Fotograf kennt die Metropole mit mehr als 30 Millionen Einwohnern in der Provinz Sichuan. 2009 war er an einer Gruppenausstellung mit deutschen und chinesischen Künstlern in Wuhan beteiligt. "Im Anschluss habe ich noch eine Woche in Peking verbracht und eine in Chongqing." Mit der Stadt sei er damals künstlerisch nicht so richtig warm geworden, erinnert sich der 50-Jährige: "Mir sprangen in China zu der Zeit zu viele Fotografen rum. Da stand ja praktisch ein Stativ neben dem anderen." Jetzt, sieben Jahre später, da die meisten Kollegen weitergezogen sind, hofft er, dass seine Zeit gekommen ist.

Schulz reist mit kleinem Gepäck. Kamera, Soundequipment, Stativ, Rechner und Grafik-Tablet, mehr braucht er nicht, um vor Ort arbeiten zu können. In Chongqing wird der Mann mit den polnischen Wurzeln im Organhaus wohnen, einem privaten Ausstellungshaus mit angeschlossenen Ateliers und Wohnungen. Es wird von dem chinesischen Künstler und Kurator Yang Shu betrieben.

Wie erschließt man sich nun eine Stadt, die flächenmäßig so groß wie Österreich ist, recherchiert man da im Vorfeld? "Nein", sagt Schulz. "Es ist wichtig, dass man unvoreingenommen hinfährt und den fremden Ort einfach auf sich wirken lässt." Acht Wochen hat er dafür Zeit.

Während seines Aufenthalts wird eine Ausstellung mit Arbeiten von ihm in Chongqing gezeigt werden, am besten mit welchen, die vor Ort entstanden sind. "Notfalls hätte ich aber auch fertiges Material auf dem Rechner", sagt Schulz und lacht. Angst vor dem Ungewissen empfindet er nicht. Er freut sich vielmehr auf die neuen Eindrücke. "So ein Ortswechsel verändert ja auch immer den Blick auf die Welt."

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort