Hells-Angels-Weihnachtsfeier in Düsseldorf gestürmt Betroffene erheben schwere Vorwürfe gegen Polizei

Düsseldorf · In Düsseldorf hat die Polizei eine Party gestürmt, auf der auch Hells Angels waren. Besucher der Feier, die bei dem Vorgehen der Beamten verletzt wurden, erheben nun schwere Vorwürfe.

Düsseldorf: SEK-Einsatz bei Party der Hells Angels in Rath
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SEK-Einsatz bei Party der Hells Angels

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Foto: Privat

Es ist kurz nach 1 Uhr in der Nacht, als am Samstag schwer bewaffnete Spezialkräfte der Polizei in eine voll besetzte Eckkneipe in Düsseldorf stürmen. Julia B. steht mit einer guten Freundin neben der Eingangstür. "Ich wurde von den Polizisten, die vermummt waren, auf den Boden geschmissen. Es ging alles wahnsinnig schnell", sagt die 30-Jährige. Dabei sei sie ohnmächtig geworden. Aufgewacht sei sie mit starken Schmerzen in einem Rettungswagen. "Im Krankenhaus stellte sich dann heraus, dass ich einen doppelten Beinbruch erlitten habe." Sie ist nicht der einzige Gast, der bei dem Einsatz der Polizei verletzt worden ist. Darüber hinaus wurde auch das Inventar verwüstet.

Die Polizei hatte in dem Lokal, in dem an dem Abend auch Mitglieder der Rockergruppe Hells Angels verkehren, illegale Waffen vermutet. "Deshalb mussten wir von einer Gefährdung ausgehen", erklärte ein Polizeisprecher. "In so einem Fall ist für uns das Überraschungsmoment und zügiges Vorgehen entscheidend", betonte er. Waffen wurden allerdings nicht gefunden.

Die Verletzten und Betroffenen, darunter keine Mitglieder der Hells Angels, bezeichnen den Polizeieinsatz als unverhältnismäßig und wollen juristisch gegen die Sicherheitsbehörde vorgehen. Bei der Polizei ist bereits eine Strafanzeige wegen Körperverletzung eingegangen. "Mir hat ein Polizist ohne Vorwarnung mit seiner Waffe voll gegen die Brust gehauen. So eine Gewalt bei der Polizei habe ich noch nie erlebt", sagte eine betroffene Frau. Ein Mann, der sich im Lokal aufhielt, erlitt sogar einen epileptischen Anfall. "Die Polizisten haben mich und die anderen einfach auf den Boden geworfen, gefesselt und unsere Köpfe auf den Boden gedrückt", sagt er. "Ich bekam dann einen Anfall und machte deutlich, dass ich Hilfe benötige. Aber die sagten nur, ich soll mich nicht so anstellen." Auch er wurde nach eigenen Angaben ohnmächtig und kam ins Krankenhaus.

Die Polizei verteidigte ihr Vorgehen dennoch: "Jeder, der einem Rockerclub oder dessen Umfeld zuzurechnen ist, wurde kontrolliert. Wir dulden in Düsseldorf keine rechtsfreien Räume — das gilt auch für private Veranstaltungen von Rockerclubs", erklärte Einsatzleiter Bernd Schünke.

Eingeladen zu der Feier hatte ein Wirt aus der Düsseldorfer Altstadt, der nach eigenen Angaben kein Mitglied der Hells Angels ist, aber mit ihnen befreundet sei. Insgesamt seien rund 400 Gäste da gewesen. "Das war keine Party für Hells Angels, sondern eine öffentliche Veranstaltung für alle", sagt der Wirt, der anonym bleiben möchte. "Und dementsprechend gemischt war dann auch die Zusammensetzung des Publikums."

Schwere Kritik am Vorgehen der Polizei

Der Düsseldorfer Rechtsanwalt Wolf-Michael Bonn, der die Hells Angels rechtlich berät, bezeichnete die Vorgehensweis der Sicherheitsbehörden als völlig inakzeptabel und rechtswidrig. "Die angebliche Rechtfertigung der Polizei hat sich als inhaltslos dargestellt. Waffen wurden nicht gefunden. Die Feiernden haben sich vielmehr vollkommen rechtskonform verhalten", betonte Bonn. "Harmlose, nicht Widerstand leistende Personen niederzuschlagen und noch in gefesseltem Zustand zu misshandeln, ist in keiner Weise zu rechtfertigen", so der Jurist.

Begonnen hat der Polizeieinsatz bereits gegen 17 Uhr mit umfangreichen Straßensperren und Fahrzeugkontrollen rund um die Lokalität. Dabei wurden 387 Besucher und 127 Fahrzeuge kontrolliert. Für die Personenkontrolle war sogar ein großes Zelt aufgebaut. Dabei wurden laut Polizei zwei Personen, die mit Haftbefehl gesucht worden waren, festgenommen und fünf Messer, ein Reizstoffsprühgerät und Betäubungsmittel sichergestellt.

Im Rahmen der Kontrollen hätten sich dann nach Angaben der Polizei Hinweise darauf ergeben, dass sich im Lokal, in dem die Rocker schon häufiger gefeiert hatten, Waffen befinden könnten. "Deshalb haben wir einen richterlichen Durchsuchungsbeschluss erwirkt und das SEK angefordert", erklärte ein Polizeisprecher. Anwohner berichteten jedoch davon, dass schon lange vor der Erstürmung des Lokals in einer Seitenstraße massive Kräfte der Polizei mit einem Panzerwagen zusammengezogen gewesen wären. "Es ist fragwürdig, warum die Polizei erst Stunden abwartet, bis sie die Feierlichkeit um 1 Uhr nachts in Anwesenheit von über 100 harmlosen Gästen ohne Vorwarnung gewaltsam stürmt", so Bonn.

Die Argumentation der Polizei für die Razzia, es hätten Hinweise auf Waffen vorgelegen, entbehre jeglicher Grundlage. Die polizeilichen Kontrollen im Vorfeld, die dazu dienten, Waffen oder gefährliche Gegenstände aufzufinden, seien nach Angaben Betroffener so engmaschig gewesen ("Wir mussten uns mitunter teilweise entkleiden"), dass man keine Möglichkeit gehabt hätte, Waffen hinein zu schmuggeln. Die Polizei sieht das offenbar anders.

(csh)
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