JVA Moers-Kapellen Seit sieben Uhr ist Helge Achenbach auf freiem Fuß

Moers-Kapellen /Düsseldorf · Der wegen Betrugs verurteilte frühere Kunstberater Helge Achenbach erlebt am Mittwoch zum ersten Mal seit über zwei Jahren wieder Freiheit. Er ist ab sofort im offenen Vollzug und darf ab und zu stundenweise das Gefängnis in Moers-Kapellen verlassen. Wir begleiten ihn bei seinem ersten Tag in Freiheit.

Vor gut zwei Jahren wurde Helge Achenbach (64) wegen Betrugs, Urkundenfälschung und Untreue zu sechs Jahren Haft verurteilt. Zuerst saß Achenbach in der JVA Essen, dann in Hagen ein und schließlich, seit wenigen Tagen, in der Justizvollzugsanstalt Moers-Kapellen — von Häftlingen gern Ponyhof genannt. Was nicht nur an den Pferdeweiden unmittelbar daneben liegt, sondern auch an dem — nach Gefängnis-Maßstäben — lockeren Regelwerk drinnen. Denn Moers-Kapellen ist ein Gefängnis für den offenen Vollzug: Wer dort einsitzt, darf ab und zu raus. Am Ende sogar täglich, falls er einen Job hat.

Einer dieser Häftlinge ist Achenbach — und am Mittwochmorgen darf er erstmals allein nach draußen. Ein großer Augenblick für diesen Mann, der bis zu seiner Verhaftung durch die Welt gejettet ist und dann über zwei Jahre in einer neun Quadratmeter großen Zelle verbringen musste.

Als die schwere Tür der Gefängnispforte hinter ihm ins Schloss fällt, atmet er tief durch, Tränen stehen ihm in den Augen. Draußen warten Fotografen — Achenbach ist bekannt, manche sagen prominent, sein Fall hat enorme Wellen geschlagen, mit seiner Frau — von der er sich demnächst scheiden lässt — war er eines der vielen Düsseldorfer Glamourpaare, gerne abgebildet in der Fachpresse der Reichen und Schönen.

An diesem kühlen Septembermorgen in Moers fängt für ihn ein neuer Lebensabschnitt an. Die Hoffnung: Womöglich im nächsten Jahr auf Bewährung ganz rauszukommen, bis dahin im offenen Vollzug erste Weichen stellen für die Zeit danach. Achenbach wird bei der Diakonie in Düsseldorf-Kaiserswerth arbeiten, dort im Rahmen eines kulturell-sozialen Programms Flüchtlinge betreuen. In ein paar Wochen tritt er an, Details sind noch nicht geregelt.

Für den ersten Tag in Freiheit am Mittwoch stehen eher banale Dinge auf dem Programm. Von Moers lässt sich Achenbach nach Düsseldorf bringen, wo bei einem Freund ein Auto auf ihn wartet, das er für ein paar Wochen nutzen darf. Danach will er seinen Arzt aufsuchen, um über die weitere Behandlung seiner Herzerkrankung zu beraten. Bei seinem Anwalt warten Papiere im Safe, die er braucht — vor allem der Führerschein soll abgeholt werden. Mittags will Achenbach mit Familie gemeinsam essen, danach mit Hund Daman (ein Münsterländer) einen Spaziergang machen — und dann wieder nach Hause fahren. In das Gefängnis nach Moers. Der nächste Freigang ist erst in einigen Tagen.

Helge Achenbach genießt seinen ersten Tag in Freiheit
9 Bilder

Helge Achenbach genießt seinen ersten Tag in Freiheit

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Foto: Bretz, Andreas

Den letzten freien Blick über Düsseldorf hat Helge Achenbach am 10. Juni 2014 gehabt. An diesem Dienstag nach Pfingsten kommt er von einer Reise nach Washington zurück, kurz zuvor war er im Camp der deutschen Fußballnationalmannschaft in Brasilien gewesen. Voller Euphorie plant er neue Projekte, wie er später erzählt. Am nächsten Tag soll es nach Wien gehen. Im Anflug auf seine Heimatstadt sieht er unten Chaos überall: Einen Tag vorher, am Pfingstmontag, ist der Sturm Ela durchgerauscht und hat zigtausende Bäume entwurzelt, Dächer abgedeckt, enormen Schaden angerichtet.

Später an diesem Tag wird er die Schäden aus der Nähe sehen. Da sitzt Achenbach in einem Wagen der Kripo Essen, die Fahrt dauert Stunden, weil viele Straßen blockiert sind. Die Polizei hat ihn am Flughafen unmittelbar nach der Ankunft festgenommen und ihm einen Haftbefehl präsentiert. Der Vorwurf: Betrug, Urkundenfälschung, Untreue.

So lief der Fall Helge Achenbach
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Foto: Andreas Endermann

Die Staatsanwaltschaft Essen ermittelt, weil diejenige, die die Anzeige erhebt, dort in einer erlesenen Villa nahe dem Baldeneysee wohnt: Babette Albrecht, Witwe des 2012 verstorbenen Aldi-Chefs Berthold Albrecht. Mit dem hatte Achenbach im Laufe mehrerer Jahre über 120 Millionen Euro Umsatz beim Verkauf und der Vermittlung von Kunstwerken und Oldtimern gemacht. Ihn hat er, so der Vorwurf, um etliche Millionen betrogen. Es folgte ein Prozess, ein Urteil, eine Strafe. Diese Strafe wurde seit Mittwoch etwas gelockert. Achenbach genießt den offenen Vollzug.

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