Serie Erfinderregion Rheinland Hauptstadt der Patent-Streithanseln

Düsseldorf · Firmen aus aller Welt tragen ihre Streitereien um Patente in Düsseldorf aus. Doch warum? Hier sind die Richter selbst so etwas wie Spezialisten, nicht nur für Recht, auch für Technik. Das macht Düsseldorf zum Zentrum des Patentrechts.

 Apple und Samsung stritten im Jahr 2012 vor einem Düsseldorfer Gericht um bestimmte Patente und Geschmacksmuster.

Apple und Samsung stritten im Jahr 2012 vor einem Düsseldorfer Gericht um bestimmte Patente und Geschmacksmuster.

Foto: dpa

Apple und Samsung sind weltweit Rivalen, wenn es um den Markt für Smartphones und Tablet-Computer geht. Und neben dem Buhlen um die Kunden verbindet die beiden Streithanseln eine Hassliebe. Denn sie werfen sich gegenseitig und immer wieder vor, die jeweiligen Geräte des anderen zu kopieren - oder zumindest Teile davon. Unter anderem im Jahr 2012 trugen die beiden Technologie-Konzerne ihren Streit vor dem Oberlandesgericht in Düsseldorf aus. Aber Samsung kommt aus Südkorea, Apple aus Cupertino im US-Bundesstaat Kalifornien. Warum treffen sich Koreaner und Amerikaner ausgerechnet in Düsseldorf, um sich zu streiten? Die Antwort: Düsseldorf ist die Heimat eines der renommiertesten Patentgerichte der Welt.

Die Gründe dafür sind vielfältig. Einer davon ist die starke Spezialisierung der Düsseldorfer Patentrichter. Aufgrund der hohen Fallzahlen am Patentstandort Düsseldorf bearbeiten sie ausschließlich Patentverfahren. In anderen Bundesländern kümmern sich Kammern und Richter um Patentstreitigkeiten, die auch noch "normale" Zivilverfahren bearbeiten müssen.

Die Tradition Düsseldorfs als Patentstandort ist mehr als 80 Jahre alt. Bereits in den 1930er Jahren gab es am Rhein Patentstreitigkeiten vor Gericht. Düsseldorf als Hauptstadt des Ruhrgebiets war das deutsche Zentrum der Industrie, insbesondere der damals innovativen Schwerindustrie. Dennoch war Berlin als Hauptstadt auch der Hotspot in Sachen Patentstreit.

"Doch nach dem Zweiten Weltkrieg hatte Berlin eine Insellage mit wenig Wirtschaftsunternehmen. Daher wollten viele Juristen weg. Erst sollte es nach Bayern gehen, wo in München das Patentamt sitzt. Doch da gab es Probleme mit der Anerkennung der Rentenansprüche. Und so zog es die meisten nach Düsseldorf", sagt Gottfried Schüll, Patentanwalt bei der Kanzlei Cohausz & Florack. Düsseldorf positioniert sich heute im nationalen und internationalen Wettbewerb der deutschen Standorte für Patentrechtsstreitigkeiten auf der Pole Position.

Die Richter am Landgericht mit derzeit drei auf das Patentrecht spezialisierten Zivilkammern und ihre Kollegen am Oberlandesgericht gelten im weltweiten Maßstab als führend. Seit Anfang Januar 2014 gibt es am Oberlandesgericht als Berufungsgericht nun einen zweiten Patentsenat unter dem Vorsitz von Ulrike Voß - eine der anerkanntesten Persönlichkeiten unter den deutschen Patentrichtern. "Dass viele Firmen Düsseldorf als Gerichtsstandort wählen, hängt wohl auch damit zusammen, dass Deutschland die wichtigste Volkswirtschaft Europas sein dürfte", sagt Richterin Voß. Und weil Düsseldorfs Gericht als renommiert gilt, akzeptieren viele Parteien die Entscheidungen der Düsseldorfer Gerichte auch für die Märkte anderer Länder.

Den Gerichtsstandort wählt die klagende Partei. Der Unterschied zu anderen Verfahren: Neben den "normalen" Anwälten sitzt auf beiden Seiten ein Patentanwalt am Tisch. "Dass sind die Experten, die die Technik erklären können", sagt Voß. Denn Patentanwälte sind keine Juristen, sondern meist Physiker oder Ingenieure, die Meister ihres Fachs sind, und sich dann in einer Weiterbildung juristisch qualifiziert haben.

(tb.)
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