Meinung Harry Heine und der kleine Kreis

Düsseldorf · Der neu gegründete "Heinrich Heine Kreis" möchte aus nostalgischen Gründen keine Frauen aufnehmen. Schlechte Idee!

 RP-Redakteurin Nicole Lange (rechts!) Auge in Auge mit dem großen Heinrich Heine. Die Büste des großen Dichters steht im Rathaus.

RP-Redakteurin Nicole Lange (rechts!) Auge in Auge mit dem großen Heinrich Heine. Die Büste des großen Dichters steht im Rathaus.

Foto: Andreas Endermann

Der René Heinersdorff, muss man ehrlicherweise feststellen, macht an sich nicht den Eindruck, ein Problem mit Frauen zu haben. Wirkt sympathisch und hat auch eine nette Frau abgekriegt, die ihn nötigenfalls (wie jüngst geschehen) loyal verteidigt. Trotzdem ist der Chef des Theaters an der Kö jetzt Leiter des neugegründeten "Heinrich Heine Kreises", der dem "Freundeskreis Heinrich Heine" nachfolgt. Und der gleich in seiner Gründungssitzung erstmal beschlossen hat, keine Frauen aufzunehmen. Wie in alten Männer-Clubs, "aus nostalgischen Gründen", hat Heinersdorff gesagt. Und nicht einmal darauf verzichtet hinzuzufügen: "Ich glaube, dass wir in ganz Düsseldorf und Umgebung keine einzige Frau finden würden, die sich bei uns wohlfühlt."

Ach, was! Wenn man kein vernünftiges Argument hat, warum Frauen wegbleiben sollen, behauptet man einfach, dass sie ja eh nicht mitmachen wollen? Was passiert denn im Heine-Kreis so Schreckliches, dass es dort für Frauen unerträglich sein soll? Wollen die Herren Popel-Wettbewerbe austragen, soll das Ausspucken auf die Tische ausdrücklich genehmigt werden - oder ist es vorgesehen, aus Gründen der Bequemlichkeit während der Sitzungen die Hose auszuziehen? Sollte es nicht so sein, ist nicht nachvollziehbar, warum eine Frau an den Aktivitäten des Kreises keine Freude haben sollte. Dazu gehören laut Satzung immerhin der Einsatz für - hört, hört - Aufklärung (!) und sogar Toleranz. Werte, für deren Vertretung sich der Kreis mit seiner merkwürdigen Mitgliederbeschränkung vorerst mit Karacho disqualifiziert hat. Überhaupt: nostalgische Gründe? Wenn man damit argumentiert, wie die Dinge früher waren, wo soll dann die Grenze sein? Könnte man dann nicht noch weiter gehen und Frauen von anderen Dingen ausschließen, die sie vor zehn Jahren, vor 100 Jahren oder zu Zeiten Heines nicht durften? Wählen etwa? Auch traditionsreiche Vereine wie die Rotary-Clubs haben es immerhin 1989 geschafft, Frauen zuzulassen, und es scheint den Club-Aktivitäten nicht geschadet zu haben. Bis auf den Verzicht auf Popel-Wettbewerbe, und dass alle bei den Sitzungen die Hosen anbehalten müssen.

Traurig ist Heinersdorffs, nun ja, Argument, wenn eine Frau dabei sei, fange gleich das Balzverhalten an. Was in etwa bedeutet: Wenn eine Frau im Raum ist, muss man sie gefälligst als Flirt-Objekt betrachten und entsprechend behandeln. Was dann die Schuld der Frau ist, weil sie ja nicht weggeblieben ist. Kleiner Tipp: Wenn das Balzen schlecht für die Atmosphäre ist - lassen Sie's doch einfach! Für Frauen, die bis heute mit Themen wie (beispielsweise) ungleicher Bezahlung für gleiche Arbeit konfrontiert werden, die also schon oft genug in anderen Lebensbereichen für ihre Position kämpfen müssen, sind derart respektlose Äußerungen nur überflüssig. Ganz nebenbei verzichtet der Heine Kreis mit seiner Entscheidung auf den Input der vielen klugen, kreativen Düsseldorferinnen, die so viel einbringen könnten. Vielleicht machen wir's so: Der Verein lässt die Frauen rein, die nach diesem Bombenstart noch reinwollen. Und die Herren, die das zu anstrengend finden, gehen einfach zu den Jonges! In der Hoffnung, dass die es nicht auch demnächst einsehen.

Wie Heinrich Heine selbst das gesehen hätte, lässt sich nur vermuten. Der große Dichter hatte ein vielschichtiges Frauenbild, geprägt von einer liebevollen Familie, von Gönnerinnen und Fans, aber auch von Widersacherinnen und Konkurrentinnen, "gefährliche Weiber" eben, wie Heine einmal sagte. Die Direktorin des Düsseldorfer Heine-Instituts, Sabine Brenner-Wilczek (die 2015 ein Buch über Heines Verhältnis zu Frauen veröffentlichte) sagt, Heine habe von den gemischten Salons, in denen auch die Frauen mitredeten, "stets sehr profitiert". Man möchte also meinen, er könnte vielleicht auch mit einem gemischten Heine Kreis umgehen.

Heine meinte, um das klarstellen, mit den "gefährlichen Weibern" eben keineswegs die, die er als, sagen wir, besonders balzwürdig erachtete. Sondern die Cleveren. Die, die ihm Konkurrenz zu machen drohten. Womöglich müssen die Herren im Heine Kreis mal in dieser Richtung reflektieren. Nicole Lange

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort