Düsseldorf Händels Oper "Alcina" besingt die freie Liebe

Düsseldorf · Im Partika-Saal der Robert-Schumann-Hochschule beschäftigen sich die Studierenden erstmals mit barockem Musiktheater.

 Monika Rydzkowski (links) in der Rolle der Alcina und Franziska Heinzen als Ruggiero bei der Probe für Händels "Alcina".

Monika Rydzkowski (links) in der Rolle der Alcina und Franziska Heinzen als Ruggiero bei der Probe für Händels "Alcina".

Foto: Susanne Diesner

Der Partika-Saal ist für diese Wochen Alcinas Zauberreich. Die Insel der sagenhaften Zauberin, in der angeblich der Geist der freien Liebe herrschen soll, verschanzt sich hinter einer 23 Meter langen Barrikade gegen das Publikum. Hier wird ab dem heutigen Freitag Händels berühmte Oper "Alcina" gegeben.

Es ist das erste Mal, dass sich Studierende der Gesangsklassen der Robert-Schumann-Hochschule an eine Barock-Oper wagen. Im Gespräch vor einer der letzten Proben machten Dino Lüthy (Klasse Ludwig Grabmeier) und Monika Rydzkowski (Klasse Konrad Jarnot) kein Hehl aus ihrer Begeisterung für dieses Unterfangen. Die beiden Master-Studierenden werden in den Partien der Alcina und des Oronte zu erleben sein, in einer der beiden Besetzungen, die Erfahrung auf der Bühne sammeln und sich für höhere Aufgaben in ihrem späteren Beruf empfehlen sollen.

Regisseurin Sabine Hartmannshenn legt wieder sehr großes Augenmerk auf die körperliche Präsenz der jungen Sänger-Schauspieler. Diesmal verlangt sie ihren Akteuren neben einer höchstmöglichen Übereinstimmung zwischen Körpersprache und Gesangsausdruck auch eine Menge Spontaneität ab. "Bei den Liebeswirren in Alcinas Reich müssen alle hellwach sein. Wir spielen mit allen Sinnen, mit einem hohen Maß an Improvisation", sagt die Regisseurin, die diesmal mit dem jungen Bühnenbildner Lukas Kretschmer zusammenarbeitet.

Der hat - als Zeichen der Revolution der Gefühle - eine Barrikade quer in den Saal gewuchtet. Eine steile, schwarze Schräge, hinter der sich Alcinas Reich verbirgt. "Wir nutzen die Tricks des Puppentheaters, um die Phantasie des Publikums in Bewegung zu setzen", sagt Kretschmer bei einer Klettertour auf und hinter die Spielfläche, die das einzige Requisit der Inszenierung bleibt: "Oft sind die Sänger nur bis zum Oberkörper zu sehen, spielen eine Szene an, tauchen ab und anderswo wieder auf. Was dazwischen passiert, findet in den Köpfen des Publikums statt."

Alcinas Welt ist eine von Erotik aufgeheizte Welt, in der (libertinäre) Freiheit und (bürgerliche) Sicherheit als Gegensatzpaar aufeinandertreffen. Die Geschichte von der die Männer vernaschenden Zauberin scheint dem Regieteam dabei eher unglaubwürdig. "Händels Musik sagt etwas anders", meint die Regisseurin, "sie erzählt von intensiven, wahren, zutiefst menschlichen Gefühlen." Die angebliche Zauberin kann nämlich überhaupt nicht zaubern, und statt reihenweise Männer flachzulegen, liebt sie nur den einen, Ruggiero, den seine Verlobte, Bradamante, aus dem Zauberreich befreien will. Und das aus ganzem, wahrem Herzen.

Händels Musik feuert dieses aus vorrevolutionärem Geist, wie Kretschmer sagt, geborene Drama an. Für dieses Projekt hat die Hochschule erstmals das Barockorchester Düsseldorf verpflichtet, das von Thomas Gabrisch geleitet wird. Die Sängerinnen und Sänger sind im Vorfeld des für sie ungewohnten Repertoire-Stücks in den Genuss eines Meisterkurses mit der weltbekannten Barock-Sopranistin Emma Kirkby gekommen. Sie haben dort viel über barocke Verzierungskunst gelernt. Auch in dieser Disziplin haben die Gesangslehrer ihren Schülern viel Spielraum bei der Ausgestaltung der Arien gelassen. Bei "Alcina" geht es ja schließlich auch um Freiheit.

(RP)
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