Düsseldorf Grundschüler lernen die Evolution

Düsseldorf · Sämtliche Grundschulen erhalten Bücher und DVDs des Projekts "Evokids". Die religionskritische, nicht unumstrittene Giordano-Bruno-Stiftung und Jacques Tilly gehören zu den Ideengebern. Für die Stadt ist das kein Problem.

 Jungen und Mädchen der Theodor-Heuss-Schule vor dem Wandbild zur Evolutionsgeschichte

Jungen und Mädchen der Theodor-Heuss-Schule vor dem Wandbild zur Evolutionsgeschichte

Foto: Hans-Jürgen Bauer

Mit der Evolution beschäftigen sich Schüler und Lehrer der Theodor-Heuss-Schule bereits seit sechs Jahren. Sie laufen im wahrsten Sinne des Wortes täglich an ihr vorbei. Denn damals haben Schulkinder und ein Team rund um Künstler Jacques Tilly das mit 50 Metern längste Wandbild Düsseldorfs gemalt: Es zeigt die gesamte, auf den Erkenntnissen des englischen Wissenschaftlers Charles Darwin fußende Lehre von der Entwicklung des Lebens und der Arten. Das, was an der Wand hängt, soll nun Unterrichtsthema in allen Düsseldorfer Grundschulen werden.

Unter der Überschrift "Evolution macht Schule" haben das Institut für Biologiedidaktik der Universität Gießen und die religionskritische Giordano-Bruno-Stiftung das "Evokids" genannte Projekt ins Leben gerufen. "Die Kinder lernen beim Lesen ihre Vorfahren kennen, wie beispielsweise ,Oma Fischmaul', die vor 470 Millionen Jahren durch die Meere schwamm", sagte Autor Michael Schmidt-Salomon bei der Präsentation seines Lehrbuches "Big Family - die phantastische Reise in die Vergangenheit" vor rund 40 Dritt- und Viertklässlern der Werstener Grundschule. Ebenfalls ein Thema im Buch: "Oma Chimpman", die gemeinsame Vorfahrin aller heutigen Menschen und Schimpansen.

Das Projekt, für das sich auch Künstler und Wagenbauer Jacques Tilly engagiert, zielt gegen die Lehre der unter anderem im evangelikalen Milieu aktiven Kreationisten. Diese nehmen die Schöpfungsgeschichte der Bibel weitgehend wörtlich und lehnen die Lehre Darwins im Wesentlichen ab. Die das Projekt mit initiierende, 2004 von Unternehmer Herbert Steffen gegründete, religionskritische Giordano-Bruno-Stiftung, in der sich Tilly engagiert, nennt sich dagegen "Denkfabrik für Humanismus und Aufklärung". Sie vertritt eine tendenziell atheistische Weltanschauung und hält die Evolutionstheorie für das "Fundament des modernen Weltbilds".

Das Kinderbuch, das die Evolution als persönliche Geschichte erzählt, ist nur eine Lerneinheit innerhalb der "Evokids"-Reihe. Passend zum Buch hat Tillys Frau, die Filmemacherin Ricarda Hinz, einen rund 20-minütigen Film produziert, der in der Aula der Theodor-Heuss-Schule gezeigt wurde.

Burkhard Hintzsche, Stadtdirektor und Schuldezernent, ging auf die Ausrichtung der Giordano-Bruno Stiftung bei der Projektpräsentation nicht gesondert ein. Ihm gefällt das Projekt, das machte er deutlich. "Nicht zuletzt mit Blick auf den aktuellen Zuzug von Flüchtlingen und deren Kindern kann das frühzeitige Einbinden der Evolutionsgeschichte in den kindlichen Schulalltag sehr nützlich sein", sagte er. Die Kinder fanden Hinz' Film jedenfalls spannend, insbesondere den Jungen gefiel es, irgendwie auch von einem Dinosaurier abzustammen. Und wie verträgt sich diese Vorstellung mit dem Unterrichtsstoff, der in der Religionsstunde besprochen wird? "Hier ist behutsames Vorgehen wichtig", sagt Schulleiterin Dagmar Austermann. Sie will das Thema demnächst in den naturwissenschaftlichen Unterricht integrieren, beispielsweise lasse sich die Entwicklung des menschlichen Gehirns anhand der Evolution gut erklären. Stellvertretend für alle Grundschulen nahm sie Buch und DVD entgegen.

(RP)
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