Düsseldorf Großes Radsport-Fest auf der Tour-Route und der Kö

Düsseldorf · Rund 3500 Fahrer waren beim Radsporttag unterwegs, darunter prominente Düsseldorfer sowie Sportler aus den USA und Afrika. Trotz des Wettstreits prägte eine familiäre Stimmung die 13 Rennen.

Es war ein imposantes Bild wie die Teilnehmer des Jedermann-Rennens nach dem Startschuss zunächst im Kö-Bogen-Tunnel verschwanden und am Hofgarten dann wieder aus ihm hinaufgeklettert kamen.

Es war ein imposantes Bild wie die Teilnehmer des Jedermann-Rennens nach dem Startschuss zunächst im Kö-Bogen-Tunnel verschwanden und am Hofgarten dann wieder aus ihm hinaufgeklettert kamen.

Foto: Hans-Juergen Bauer

"Auf der Spur der Tour": So wurde eine Talkrunde auf der Hauptbühne an der Steinstraße überschrieben, an der neben Oberbürgermeister Thomas Geisel auch Ex-Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping teilnahm, der seit 2005 Präsident des Bundes Deutscher Radfahrer ist. Scharping bezeichnete es als riesigen Erfolg für Düsseldorf, den Zuschlag für den Grand Départ bekommen zu haben und meinte zudem: "Der Radsport hat die Lehren aus der Vergangenheit gezogen. Wir sind gestürzt, lagen auf der Intensivstation, sind jetzt aber wieder auf einem guten Wege der Gesundung, was die vielen Erfolge deutscher Fahrer bei großen Rennen zuletzt gezeigt haben."

Das Thema Doping hält auch Thomas Geisel für überwunden, weswegen der Oberbürgermeister jetzt nur noch in die Zukunft blickt: "Es gibt noch viel zu tun bis zum nächsten Sommer, immerhin dauert dieses Event insgesamt vier Tage. Wir dürfen in der Suche nach Sponsoren nicht nachlassen, müssen das Rahmenprogramm genau abstimmen. Düsseldorf erwartet zwei Millionen Menschen, das wird eine riesige logistische Herausforderung. Aber wir wollen zeigen, dass wir so etwas packen können und uns als gastfreundliche Stadt zeigen. Denn Sinn der Sache ist ja nicht zuletzt, dass die Leute auch wiederkommen."

Christian Knees war gestern der vielleicht bekannteste deutsche Radfahrer, der den Weg nach Düsseldorf fand. Das Mitglied des Sky-Teams, das den dreifachen Tour-de-France-Sieger Christopher Froome stellt, bekam gestern einfach nicht genug davon, Selfies mit seinem Handy zu machen, vor allem am Start des Jedermann-Rennens über die lange Distanz von 92 Kilometern, bei dem der siebenmalige Tour-de-France-Teilnehmer mitfuhr - außer Konkurrenz, versteht sich. "Es ist natürlich mein großes Ziel, im nächsten Jahr hier an den Start zu gehen, zumal ich aus Rheinbach komme, was ja quasi um die Ecke ist", sagte Knees. Da konnte ihm Profi-Kollege Nikias Arndt nur zustimmen: "Das wäre wirklich der absolute Höhepunkt meiner bisherigen Karriere." Aber Knees legte noch einen drauf: "Ich war auch bei Olympia in London dabei, bin aber überzeugt, dass Düsseldorf das überbieten wird."

Diese Stimme kennt man doch: Wer Radsport-Fan ist, kommt an Karsten Migels nicht vorbei. Der von den Fahrern hochgeschätzte Kommentator von Eurosport war gestern ebenfalls am Start anzutreffen und versprach für das kommende Jahr "enorme Fernsehpräsenz" seines Senders. Und er mahnte das Fahrerfeld zur Vorsicht: "Normalerweise heißt es ja, wer bremst, verliert, aber heute sollte dann doch mal der olympische Gedanke im Vordergrund stehen."

Auf der Steinstraße, wo viele Info- und Essensstände aufgebaut waren, wurde es zwischenzeitlich ziemlich eng.

Auf der Steinstraße, wo viele Info- und Essensstände aufgebaut waren, wurde es zwischenzeitlich ziemlich eng.

Foto: Hans-Juergen Bauer

Das beherzigten die Fahrer natürlich, dennoch gab es einen Sieger: Der heißt über die kurze Distanz von 46 Kilometern Holger Koopmann. Mit 14 Minuten Rückstand erreichte Thomas Geisel als 791. das Ziel. Auf der langen Distanz von 92 Kilometern passierte Bastian Dick als Erster die Ziellinie. Dass jedoch der Spaß am Radsport und die Neugier auf die Strecke durch die Landeshauptstadt und die Region klar im Vordergrund standen, konnte man an den Phantasienamen der Teams ablesen: Da traten die Schlammspringer gegen die Heckenkurbler an, maß sich Pitter's Pappel Team mit Remmidemmi.

Ein Team fiel schon rein optisch auf. Das Rosa von Porno al Forno war nicht zu übersehen. Ein Trio aus der Band, das sich für das Rennen Verstärkung hinzugeholt hatte, kam auf den Plätzen 323 bis 325 sogar im vorderen Mittelfeld an. Am Abend zeigten die Spaß-Musiker dann aber, was ihre eigentlichen Stärken sind: Auf der Hauptbühne ließ die Gruppe es zum Abschluss des Radsportages ordentlich krachen.

An manchen Stellen an der Strecke hielt sich das Interesse am Radrennen in Grenzen (wie hier an der Klever Straße), dafür kam der Applaus von Herzen.

An manchen Stellen an der Strecke hielt sich das Interesse am Radrennen in Grenzen (wie hier an der Klever Straße), dafür kam der Applaus von Herzen.

Foto: Hans-Juergen Bauer

Die Teilnehmer kamen zum Teil von weit her, um an den Rennen teilzunehmen, keineswegs nur aus Belgien oder den Niederlanden. Die Mitglieder des Teams AfriQa aus Eritrea nutzten die Gelegenheit, um darauf aufmerksam zu machen, welch hohen Stellenwert der Radsport in ihrem Land genießt, immerhin gibt es dort 200 Profi-Fahrer. Gleichzeitig setzten sie sich aber auch für eine bessere Integration von Flüchtlingen in Deutschland ein. Ein Fahrer, der am wohl ungewöhnlichsten Rennen des Tages teilnahm, bei dem die Teilnehmer nur einen einzigen Gang zur Verfügung hatten, kam sogar extra aus den USA angereist, um auf der Kö sein Können zu beweisen.

Viele Zuschauer - wie hier in Gerresheim - nutzten den Radsporttag, um ein kleines Nachbarschaftsfest auf der Straße zu feiern.

Viele Zuschauer - wie hier in Gerresheim - nutzten den Radsporttag, um ein kleines Nachbarschaftsfest auf der Straße zu feiern.

Foto: Hans-Juergen Bauer

Die Wettbewerbe auf der Kö standen zwar ein bisschen im Schatten der Jedermann-Rennen über die Tour-de-France-Strecke, hatten es zum Teil aber durchaus in sich. Auf den Laien skurril wirkte nicht zuletzt das Derny-Rennen, bei dem die Fahrer im Windschatten laut knatternder Mofas fuhren. Die legten ein ziemliches Tempo vor, was vor allem in den beiden engen Kurven an der Girardet-Brücke nicht ungefährlich aussah.

 Einige der Fahrer am Jedermann-Rennen hatten ihren ganz persönlichen Fanclub am Straßenrand, der sie anfeuerte.

Einige der Fahrer am Jedermann-Rennen hatten ihren ganz persönlichen Fanclub am Straßenrand, der sie anfeuerte.

Foto: Hans-Juergen Bauer

Ein ganz großes Erlebnis war der gestrige Tag natürlich für die Kinder, die beim Petit Départ auf der Königsallee an den Start gingen. Mit dabei war auch der zehnjährige Pascal Winter, der sein Hobby durchaus kritisch sieht: "Ich weiß natürlich, dass in der Vergangenheit viel gedopt wurde. Aber deswegen lasse ich mir doch nicht meine Lieblingssportart kaputt machen." Unterstützt wurden die Kinderrennen von Harald Christ. Der Geschäftsmann sitzt auch 2017 bei der Organisation des Programms für den Nachwuchs mit im Boot. Dafür kündigte er bereits "einige Überraschungen" an.

Fuhr bereits im Gelben Trikot: Martin Beier, Karnevalist aus Unterbach.

Fuhr bereits im Gelben Trikot: Martin Beier, Karnevalist aus Unterbach.

Foto: Hans-Juergen Bauer

Grünen-Fraktionschef Norbert Czwerwinski feierte gestern seinen 53. Geburtstag. Da war es naheliegend, dass der verkehrspolitische Sprecher der Partei mit seinem Geburtsjahr 1963 als Startnummer das Jedermann-Rennen aufnahm. OB Geisel hatte sich die Startnummer 1895 gesichert.

Düsseldorf: Großes Radsport-Fest auf der Tour-Route und der Kö
Foto: Hans-Juergen Bauer

Extra aus Lohmar kamen Helga und Lothar Richter angereist, um sich ein Bild von dem Radsportspektakel zu machen. "Das ist doch wirklich eine tolle Veranstaltung, die Lust auf die Tour de France im nächsten Jahr macht. Dabei hatte ich bislang mit Radsport eigentlich gar nichts am Hut", sagte Lothar Richter. So viel Lob tut ja auch mal gut.

Ein Geheimnis konnte gestern nicht gelüftet werden. Was hatte Rudolf Scharping bloß in seiner schwarzen Aktentasche? Die sah jedenfalls wie die eines Finanzbeamten aus.

(RP)
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