Düsseldorf "Gestartet, gescheitert und dennoch zufrieden"

Düsseldorf · Das Start-up Abendtüte gibt auf. Für eine Expansion reicht es nicht. Bereuen es die Gründer? "Nicht eine Sekunde", sagen sie unisono.

 Peter und Susanna Wiedeking, Gründer und Beender von Abendtüte. Peter Wiedeking sucht schon ein neues Start-up-Projekt.

Peter und Susanna Wiedeking, Gründer und Beender von Abendtüte. Peter Wiedeking sucht schon ein neues Start-up-Projekt.

Foto: H.-J. Bauer

Sie waren ambitioniert gestartet. Peter und Susanna Wiedeking schwebte schon lange eine Geschäftsidee vor: Regionale und biologische Lebensmittel nach Hause liefern, hieß das einfach klingende Geschäftsmodell. Der Name: Abendtüte. Vor drei Jahren dann, die Idee war da schon lange geboren, machte das in Grafenberg lebende Ehepaar ernst. Peter war vorher als Wirtschaftsinformatiker bei IBM tätig. Sie arbeitete als freie Grafikerin. Diese Jobs hängten sie an den Nagel für das Projekt Abendtüte. "Zweifel am Geschäftsmodell hatten wir immer mal wieder, das ist völlig normal als Start-up-Unternehmer. Gerade das erste Jahr lief mau", erinnert sich Peter Wiedeking. Rund 30.000 Euro steckten beide aus ihrem Ersparten in die neue Firma. Bankkredite lehnten sie ab. Im zweiten Geschäftsjahr war es besser. "Wir konnten alle Zahlungen wie Miete und Sonstiges aus den laufenden Einnahmen decken. Es lief also", sagt Peter Wiedeking.

Der Name Abendtüte wurde immer bekannter in Düsseldorf. Immer mehr Medien berichteten. "Anfangs hatten wir noch ein Akzeptanzproblem, was das Bestellen von Lebensmitteln angeht", sagt Susanna Wiedeking. Doch ausgerechnet der wesentlich größere und qualitativ aus Sicht der Wiedekings nicht vergleichbare Konkurrent "Hello fresh" der Samwei-Brüder ebnete den Wiedekings den Weg. Lebensmittel im Internet bestellen, das ist heute eine sehr normale Sache geworden.

Inzwischen haben die Gründer viele Düsseldorfer Kunden. "Vor allem Stammkunden, wer einmal bestellt hat, der bestellt in der Regel auch wieder", sagt Susanna. In den ganzen drei Jahren habe es nicht eine negative Kundennachricht gegeben.

Doch nun werfen die Wiedekings das Handtuch. Das Projekt Abendtüte wollen sie beenden. Aber warum? "Wir haben unsere Kunden hier in Düsseldorf. Und seit einer Weile hat sich der recht ordentliche Kundenstamm nicht mehr vergrößert", sagt Peter. Um weiter zu wachsen, müssten die beiden Unternehmer expandieren. Also entweder regionale Produkte aus Düsseldorf auch nach München oder Hamburg liefern. "Genau das ist aber nicht unsere Philosophie", sagt Peter. Wiedeking. Oder die Abendtütenerfinder expandieren samt Einkauf in andere Regionen. "Aber dafür hätten wir erheblich investieren müssen. Und dass wir keine Bankkredite wollen, daran hat sich nichts geändert. Die bräuchten wir aber", meint der 44-Jährige. Daher wird die Abendtüte nun in den kommenden Wochen eingestellt.

Ist das eine Niederlage, bereuen es die Gründer? "Nicht eine Sekunde", sagen beide. Und ihre Stimmung verrät: Das ist keine Lüge. "Wir hatten unsere Idee, und wir haben es versucht", sagt die 43-Jährige. "Hätten wir es gar nicht gewagt, wäre es viel, viel schlimmer." Es gehöre dazu, dass man ein Start-up als Ballon fliegen lässt, und ihn wieder einfängt, wenn er nicht fliegt. So geht es 90 Prozent der Start-ups. Völlig normal und lehrreich sei das. Und als verschenkte Zeit sehen die beiden die Jahre auch nicht an. "Wir waren flexibel, hatten viel mehr Freiräume und Zeit für unsere heute sechsjährige Tochter Emma", sagt Peter Wiedeking.

Wie geht es jetzt weiter? Der Unternehmergeist hat beide nicht verlassen, man kann ahnen, dass er eher gestärkt wurde. Peter will sich im Verein Start-up-Dorf, wo er 2. Vorsitzender ist, gleich ein neues Start-up suchen, um als Co-Gründer einzusteigen. Susanna arbeitet wieder als selbstständige Grafikerin. Den Namen Abendtüte und die Homepage wollen sie verkaufen. Verhandlungen mit der Metro-Tochter Emmas Enkel und anderen laufen bereits.

(tb.)
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