Düsseldorf Seelsorger am Flughafen rund um die Uhr im Einsatz

Düsseldorf · Im Katastrophenfall spielt am Flughafen die Betreuung von Angehörigen eine Hauptrolle. Rund 150 Menschen waren dafür am Absturztag aktiv. Für die Teams finden stete Weiterbildungen statt.

Viele Mitarbeiter des Flughafens gehören zum Care-Team, das sich im Unglücksfall um Angehörige kümmert.

Viele Mitarbeiter des Flughafens gehören zum Care-Team, das sich im Unglücksfall um Angehörige kümmert.

Foto: Andreas Bretz

In einigen Tagen verblasst der Schrecken des Absturzes, die Aufklärung des sogenannten Flugunfalls tritt in den Vordergrund. Für die Angehörigen der Opfer ist das anders. Der Schmerz des plötzlichen Verlustes sitzt tief, viele Menschen müssen betreut werden. "An ein Ende ist nicht zu denken", sagt Flughafenseelsorger Detlev Toonen. "Bis zu einem Jahr dauert die Trauerarbeit in Einzelfällen."

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Foto: Endermann, Andreas (end)

So schlimm der Absturz des Germanwings-Flugzeuges ist, so gut ist es, dass am Flughafen viele Menschen auf solche Ausnahmesituationen vorbereitet sind. Als sich am Dienstagvormittag die Nachricht vom Absturz verbreitete, wurde umgehend eine Alarmierungskette aktiviert, die im Gefahrenabwehrplan des Flughafens festgeschrieben ist. Eine zentrale Rolle bei diesem Regelwerk bildet das Notfallmanagement, für das es eine eigene Abteilung gibt. Das Handeln in Minutenschnelle ist wichtig, schließlich waren bereits Menschen auf dem Weg zum Flughafen, um Freunde oder Familienangehörige abzuholen.

Rund 150 Menschen waren dann für Angehörige zuständig. Mitarbeiter diverser Abteilungen zogen die Weste des Care-Teams über, für das sie besondere Lehrgänge besucht haben. Sie sorgten dafür, dass die Menschen abgeschirmt und in Richtung der VIP-Lounge geführt wurden, wo ein Bereich für sie reserviert wurde. Dort ist man für sich, es gibt zu essen und zu trinken - und vor allem: zuverlässige Informationen aus erster Hand, sogar von den Bergungsteams vor Ort.

Ein 15-köpfiges Kernteam aus qualifizierten Notfall- und Airportseelsorgern sowie Psychologen der Stadt stand und steht dort bereit, um die Trauernden zu betreuen. Rund 50 waren es am Dienstag, gestern noch 15. "Jeder trauert anders", sagt Detlev Toonen. Einige saßen am Dienstag in sich gekehrt auf dem Sofa, andere weinten oder schrien auch. Emotional agitierend nennen das die Fachleute. "Wir müssen auf jeden eingehen und ihm geben und lassen, was ihm gut tut."

In den ersten Stunden waren die Smartphones im Dauereinsatz, weitere Angehörige wurden informiert, und natürlich wurde auch viel geraucht. Einige nahmen das Angebot des Flughafens an, in Lohausen zu übernachten. Gleich 100 Zimmer in mehreren Hotels hatte die Flughafengesellschaft gebucht, als sich die Kunde vom Absturz bewahrheitete.

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Die Notfallseelsorger betreuen die Menschen nun weiter, im Hotel, zu Hause, es werden für Auswärtige Netzwerke in anderen Städte geknüpft, auch außerhalb von NRW. Und der Flughafen unterstützt all dies, weil nicht jede Fluggesellschaft wie Lufthansa oder Air Berlin über "Special assistent teams" verfügt, die jetzt etwa mit den Angehörigen zur Absturzstelle fliegen. Diese Reise begrüßt Toonen. "Die Menschen wollen ihren geliebten Angehörigen noch einmal nah sein. Sie versuchen so zu verstehen, was passiert ist, wollen nachvollziehen, wie die letzten Minuten waren."

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Die Unglücksstelle am Tag nach dem Absturz

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Foto: dpa, sh

Für die Seelsorger selbst ist die Situation übrigens auch neu. "Wir haben hier Angehörige eines Air-Frances-Absturzes betreut oder des Unglücks der Costa Concordia. Das aber ist jetzt erstmals ,unser' Flugzeug, das ist etwas anderes." Die Betreuer erhalten Supervision, werden also ihrerseits betreut. "Wir haben allein in unserem Seelsorge-Team 25 Freiwillige", sagt Toonen, "da gehört die stete Weiterbildung dazu." Im Notfall muss eben von jetzt auf gleich die Betreuung auf hohem Niveau sichergestellt sein.

(RP)
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