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Monika Piasetzky "Geld für die Tour de France ist auch da"

Düsseldorf · Die Geschäftsführerin des Tierheims über den Streit mit der Stadt um höhere Zuschüsse, Hunde-Importe aus Osteuropa und Pläne für ein Jugendprogramm.

 Monika Piasetzky im Katzenhaus des Tierheims - und mit Kätzchen Elfe, die gerade neue Halter sucht.

Monika Piasetzky im Katzenhaus des Tierheims - und mit Kätzchen Elfe, die gerade neue Halter sucht.

Foto: Andreas Bretz.

Das Tierheim hat seinen Vertrag mit der Stadt gekündigt. War dieser harte Schritt nötig?

Monika Piasetzky Wir hatten keine andere Wahl. Wir bekommen nur rund 350.000 Euro pro Jahr dafür, dass wir die Aufgaben der Stadt übernehmen. Wir kümmern uns also um die Tiere, die herrenlos aufgefunden oder von den Behörden beschlagnahmt werden. Die Versorgung kostet aber viel mehr. Da fahren wir auf Dauer finanziell an die Wand.

Ist das Tierheim denn in ernsthaften finanziellen Schwierigkeiten?

Piasetzky Nein, zum Glück nicht. Aber wir gleichen bis jetzt das Defizit durch Spenden und Erbschaften aus. Es kann nicht sein, dass dieses Geld für städtische Aufgaben verwendet wird. Das ist gedacht für die vielen anderen Tätigkeiten des Tierheims und des Tierschutzvereins.

Wer kümmert sich denn jetzt um die Tiere?

Piasetzky Immer noch wir - aber wir stellen der Stadt jetzt jedes einzelne Tier nach einer neuen Preistabelle in Rechnung. Und siehe da: Wir haben in der ersten Jahreshälfte schon fast den Betrag erwirtschaftet, den wir sonst im Jahr erhalten haben.

Haben Sie keine Sorge, dass die Stadt jemand anderes mit den Aufgaben betraut? Das Wuppertaler Heim musste schließen, weil die Stadt die Tiere anders vermittelt.

Piasetzky Das ist natürlich ein Risiko. Aber ein Tierheim in unserer Größe gibt es in direkter Nachbarschaft nicht. Und ich muss auch betonen: Wir arbeiten eigentlich mit der Stadt sehr gut zusammen und wollen das auch weiter tun. Es geht ums Geld, über das wir seit Jahren verhandeln. Ich finde: Wenn Düsseldorf so viel Geld in Schickimicki wie die Tour de France stecken kann, sollte auch eine angemessene Unterstützung des Tierheims möglich sein. Ich bin zuversichtlich, dass wir das hinbekommen.

Was kostet denn eigentlich die Versorgung zum Beispiel eines Hundes oder einer Katze?

Piasetzky Wir stellen der Stadt derzeit pro Tag 25 Euro pro Hund und zwölf Euro pro Katze in Rechnung. Dazu kommen die Kosten für den Tierarzt.

Diese Beträge wirken auf den ersten Blick gar nicht so gering.

Piasetzky Man muss aber auch sehen, was das alles beinhaltet. Es geht ja nicht nur um ein bisschen Futter. Das Tierheim ist ein großer Betrieb mit 35 Mitarbeitern, wir haben allein zwei Tierärzte. Die Menschen verlangen zurecht von uns, dass wir die Tiere gut versorgen und dass die Anlage gepflegt ist. Das ist auch Voraussetzung dafür, dass die Leute uns vertrauen und Tiere bei sich aufnehmen. Deshalb haben wir gerade alle Gebäude saniert, das Kleintierhaus ist kürzlich als letztes fertig geworden. Das Tierheim hat dadurch ein ganz anderes Erscheinungsbild als früher, und das ist wichtig. Darüber hinaus investieren wir viel Arbeit in die Vermittlung.

Was meinen Sie?

Piasetzky Wir wollen wissen, wer unsere Tiere bekommt. Deshalb lernen die Mitarbeiter die Tiere genau kennen, wir haben sogar eine Hundetrainerin. Wenn das Tier bei den neuen Haltern ist, kommen unsere Mitarbeiter zur Kontrolle zum Hausbesuch. Im schlimmsten Fall nehmen sie das Tier wieder mit. Und es gibt nicht wenige Fälle, wo wir Leuten ein Tier gar nicht geben.

Warum?

Piasetzky Wir haben zum Beispiel Fälle, wo alte und gebrechliche Menschen unbedingt einen jungen, kräftigen und großen Hund nehmen wollen. Wenn unsere Mitarbeiter das Gefühl haben, dass es nicht passt, dann sollen sie die Vermittlung stoppen. Denn wir fühlen uns für die Lebewesen verantwortlich. Am Ende macht es sich bezahlt, wenn man bei der Vermittlung gut arbeitet: Wir freuen uns darüber, dass wir selten Tiere zurückbekommen.

Auffallend ist, dass das Tierheim viel Energie in seine Internet-Seite steckt, wo auch die Tiere vorgestellt werden.

Piasetzky Ja. Seit wir das machen, haben wir sehr viel Zuspruch. Wir verzeichnen inzwischen 30.000 Klicks pro Monat. Wir müssen die Leute ja anlocken, damit sie nicht zum Züchter gehen, sondern zu uns - wo die Tiere oft viel gesünder sind. Die Erstellung der neuen Internetseite war teuer, aber sie entwickelt sich gut. Ich finde auch, Tierschutz muss nicht immer nur Billigheimer sein. Die Tiere haben es verdient, dass wir uns professionell kümmern. Dafür müssen aber die Menschen auch bezahlt werden.

Man hat inzwischen das Gefühl, ein Großteil der Hunde in Düsseldorf kommt als ehemaliger Straßenhund aus Osteuropa. Auch das Tierheim vermittelt viele Tiere aus Rumänien. Haben Sie keine Sorge, dass in solchen Ländern inzwischen für den Markt im Westen gezüchtet wird?

Piasetzky Die Gefahr ist natürlich groß. Aber für uns kann ich das ausschließen. Wir arbeiten mit der Smeura in Rumänien zusammen, das ist das größte Tierheim der Welt mit 5000 Straßenhunden. Unsere Mitarbeiter haben sich immer wieder vor Ort ein Bild gemacht. Man sieht auch am teilweise erbärmlichen Zustand der Tiere, dass es sich nicht um eine Zucht handelt. Das ist einfach ein gutes Projekt zum Tierschutz.

Sie wollten ein Jugendtierschutzzentrum in einer alten Schäferei in Garath einrichten. Davon hat man gar nichts mehr gehört.

Piasetzky Das stimmt. Das Projekt hat sich verzögert. Aber das wird noch kommen. Es ist Teil eines Jugendtierschutzprogramms, dass der Tierschutzverein 2017 startet. Wir wollen zwei bis drei Begegnungsstätten mit Tieren schaffen.

Um Tiere zu vermitteln?

Piasetzky Nein, gar nicht. Dabei geht es um sogenannte Nutztiere. Die meisten Schulkinder kennen sie ja vor allem als Schnitzel auf dem Teller. Wir wollen zeigen, wie Kühe, Schafe oder Enten lebend aussehen. Wir setzen dazu auf ehrenamtliche Tierschutzlehrer, die in die Schulen gehen. Ich habe selber gemerkt, wie groß das Interesse ist.

Wieso?

Piasetzky Ich war mal zu Besuch in einer Schulklasse in Lörick. Nachdem der Lehrer gesagt hatte, dass ich im Tierheim arbeitete, befeuerten die Schüler mich mit Fragen. Sie haben sogar die Pause noch drangehängt. Ich glaube deshalb, dass das Projekt super wird.

Werden die Begegnungsstätten so etwas wie ein Streichelzoo?

Piaseztky Nicht ganz. Die Kinder werden die Tiere sicher streicheln dürfen. Aber das soll schon eine ruhige und konzentrierte Lehrstunde sein. Die Schüler sollen erkennen, dass auch Tiere einen Charakter haben. Und vielleicht auch ein wenig mehr die Beziehung zwischen Mensch und Tier hinterfragen.

Sie selbst sind überzeugte Veganerin.

Piasetzky Ja. Denn man darf nicht vergessen: Vor jedem Schnitzel steht ein Mord. Ich habe die Hoffnung aufgegeben, dass mal alle Menschen vegan leben. Aber ich fände einen kritischeren Umgang mit Fleischkonsum dringend notwendig.

ARNE LIEB FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
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