Sonderzüge nach NRW Trains of Hope bringen Flüchtlinge in Sicherheit

Düsseldorf · Zwei Sonderzüge mit 900 Flüchtlingen sind in der Nacht zu Mittwoch teils mit Verspätung in Düsseldorf angekommen. Erschöpft und verzweifelt sprangen manche Asylsuchende bei Zwischenhalten aus dem Fenster oder zogen die Notbremse.

900 Flüchtlinge kommen mit Sonderzügen in Düsseldorf an
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900 Flüchtlinge kommen mit Sonderzügen in Düsseldorf an

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Foto: Christoph Reichwein

Eine lange Nacht liegt hinter den Helfern, den Mitarbeitern des Ordnungsamts, der Sozialbehörden und Hilfsdienste und der Diakonie, die auch viele Freiwillige zum Dolmetschen mit an den Fernbahnhof gebracht hatte. Um 21.30 Uhr hatten sie mit der Ankunft der ersten Flüchtlinge gerechnet, die in Düsseldorf nicht aufgenommen, sondern von dort an Erstaufnahmeeinrichtungen im Land verteilt werden sollte. Seit gestern unterstützt Düsseldorf die Stadt Dortmund, die bislang allein als solches Drehkreuz fungiert hatte. Doch erst ein paar Minuten vor Mitternacht kamen die 389 Menschen aus Salzburg an - nach knapp zwölfstündiger Fahrt.

Von Syrien nach München – die Route der Flüchtlinge
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Foto: AP/Lefteris Pitarakis

Der Zug der Deutschen Bahn mit der Nummer 2948 ist einer jener Züge, die sie Train of Hope nennen, Zug der Hoffnung. Mittags ist er in Salzburg losgefahren, und es muss wohl vor allem Angst und Verunsicherung geherrscht haben, unter den Fahrgästen.Es sind Familien darunter, Mütter mit kleinen Kindern in kurzen Hosen und ohne Schuhe, junge Männer in dünnen T-Shirts, die vergeblich über ihre Smartphones versuchen, herauszufinden, wo sie sind, was sie erwartet. Diese Menschen besitzen buchstäblich nicht mehr als das, was sie am Leib tragen, das Handy ist der wichtigste Besitz, der letzte, der einzige Kontakt zu ihren Familien irgendwo in den Krisenregionen der Welt. Sie haben Geschenke bekommen, unterwegs in Österreich, Plüschtiere für die Kinder, die zu müde sind, um sie festzuhalten, und die ohnehin keine Hand von ihren Eltern lassen, an die sie sich eingeschüchtert klammern. Trinkpäckchen und Tee für die Erwachsenen, einige haben auch ein paar Kleidungsstücke, die sie in Plastiktüten tragen. Das ist alles, was sie mitbringen, in den Zug der Hoffnung.

Als der in Würzburg hält, aber die Türen sich nicht öffnen, springen einige aus den Fenstern auf die Bahnsteige. Offenbar hat ihnen niemand gesagt, dass dieser Halt ein betriebsbedingter ist, dass hier das Personal wechselt, und dass ihnen keine Gefahr droht.

Eine Nacht in der Düsseldorfer Flüchtlingsunterkunft
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Eine Nacht in der Düsseldorfer Flüchtlingsunterkunft

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Foto: Bernd Schaller

Auch unterwegs muss es solche Befürchtungen gegeben haben. Mehrfach sei die Notbremse gezogen worden, sagt ein Bahnsprecher. Ob es für die Flüchtlinge im Zug sprachkundige Betreuer gab, die ihnen den Ablauf der langen Reise erklären konnten, weiß er nicht. Nur, dass es dadurch zu Verzögerungen kam. Zuletzt sei in Koblenz "der Wunsch nach Verpflegung geäußert" worden, und ein erneuter Halt notwendig gewesen, um Essen und Getränke in den Zug 2948 zu bringen.

Als der fünf Minuten vor Mitternacht am Fernbahnhof Düsseldorf-Flughafen eintrifft, steht niemand an den Fenstern, drängt keiner zum Ausgang. Der Zug der Hoffnung ist ein Zug der Erschöpften. Auf englisch und arabisch werden die Fahrgäste von den Helfern geweckt, in kleinen Gruppen ins Konferenzzentrum im Fernbahnhof gebracht. "You're safe here", sagt eine Diakonie-Helferin immer wieder. Ihr seid hier sicher. Ihr seid sicher hier angekommen.

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Rund 130 Flüchtlinge erreichen Düsseldorf mit Zügen

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Foto: Kai Jürgens

Viele kommen aus Syrien. Kobane. Aleppo. Die Bürgerkriegshölle. Sie sind seit Wochen unterwegs, haben zuletzt in Ungarn festgesessen. Jetzt also Sicherheit, zum ersten Mal. Manche können das noch nicht realisieren, andere strahlen vor Freude und Erleichterung.

Im Konferenzraum gibt es warme Suppe und etwas zu Trinken, Windeln für die Kinder und Feldbetten zum Ausruhen. Zwei Stunden bleiben sie dort, umsorgt von den freiwilligen Helfern. Dann werden sie in Bussen abgeholt und in die Städte gebracht, in denen ihre Erstaufnahme erfolgt. Die Helfer stehen da schon wieder am Bahnsteig. Um 2 Uhr kommt der nächste Zug der Hoffnung mit 520 Flüchtlingen aus München.

(sg)
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