Zeltlager bei 2 Grad Celsius Wie kommen Flüchtlinge in NRW mit der Kälte klar?

Düsseldorf · Noch immer leben in Düsseldorf knapp 1000 Flüchtlinge in Zelten - und das bei Temperaturen, die nachts nahe am Gefrierpunkt liegen. Wie soll das erst werden, wenn der Winter kommt? Besuch in einem Provisorium.

Flüchtlinge Düsseldorf: In den Zelten wird es kalt
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Düsseldorf: So leben Flüchtlinge bei Kälte im Wohnzelt

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Foto: Hans-Juergen Bauer

Gähnende Leere herrscht im Außenbereich der Flüchtlingsunterkunft. Nur vereinzelt streifen junge Männer über den roten Ascheweg vor ihrer Unterkunft, ziehen sich die Kapuzen zum Schutz vor dem beständigen Regen tief ins Gesicht und rauchen hastig eine Zigarette. Selbst der Wachmann im Eingangsbereich hat sich in einem kleinen Container vor dem nasskalten Wetter in Sicherheit gebracht, kritisch beobachtet er den grauen Himmel. In diesem Moment betreten drei junge Frauen, eingepackt in dicke Winterjacken, die Unterkunft und suchen schnurstracks die wohlige Wärme.

Dabei handelt es sich bei der städtischen Flüchtlingsunterkunft auf dem Schützenplatz des St. Sebastianus- Schützenvereins allerdings nicht um ein massives Gebäude, sondern schlicht und einfach um vier große Zelte, jedes rund 1000 Quadratmeter groß. Immerhin: die Seitenwände bestehen aus formstabilen Plastikelementen und halten wenigstens ein wenig den kalten Wind ab, die Decken sind wasserfest, der Boden ist mit Holzplatten ausgelegt. Das verhindert zumindest, dass innen klirrende Kälte herrscht.

 Marouane (l.) und Hamzi Allaoui leben derzeit in der Flüchtlings-Zeltunterkunft an der Heidelberger Straße in Düsseldorf. Beide haben mit den kalten Temperaturen der vergangenen Tage zu kämpfen.

Marouane (l.) und Hamzi Allaoui leben derzeit in der Flüchtlings-Zeltunterkunft an der Heidelberger Straße in Düsseldorf. Beide haben mit den kalten Temperaturen der vergangenen Tage zu kämpfen.

Foto: Hans-Juergen Bauer

Dennoch würden gerade in der Nacht die Temperaturen empfindlich sinken. "Mein Bett steht direkt an der Wand, da kommt immer kalte Luft durch", berichtet Marouane Allaoui. Der 23-jährige Algerier lebt mit seinem jüngeren Bruder Hamza in einem der Zelte. Beide tragen große, plüschige Ohrenwärmer und einen dicken Pullover. "Wenn man sich tagsüber bewegt und warm anzieht, dann lässt es sich aushalten. Aber nachts ist mir schon sehr kalt." Glaubt man seinem Bruder, ginge es aber nicht nur ihnen so: "Vielen hier geht es eindeutig besser als in der Heimat. Aber den meisten ist seit einigen Tagen sehr kalt, sie sind so ein Wetter einfach nicht gewohnt." 266 Flüchtlinge aus elf Nationen leben aktuell in der Zeltunterkunft, darunter auch viele Familien mit kleinen Kindern. "Sollten die Temperaturen weiter fallen, müssen wir uns etwas einfallen lassen", sagt der 21-jährige Hamza.

Die Verantwortlichen der Flüchtlingsunterkunft an der Heidelberger Straße geben ihr Bestes, die Folgen der niedrigen Außentemperaturen durch Heizschläuche, die die Zelte permanent mit warmer Luft versorgen, zumindest abzumildern. "In der aktuellen Situation reicht diese Ausstattung durchaus dazu aus, dass die Asylbewerber nicht übermäßig frieren müssen", sagt Herbert Spies vom Kreisverband Düsseldorf des Deutschen Roten Kreuzes. "Aber eine Dauerlösung kann das nicht sein." Wenn der Winter nun wirklich kommt, muss nachgerüstet werden. "Denn so wie Zelte hier stehen, sind sie nicht winterfest. Die Böden sind zu dünn, die Wände nicht luftdicht und das Dach hält keine Schneelasten aus. Und hier geht es sogar noch, in der Zeltunterkunft an der Itterstraße sieht es teilweise schlimmer aus.", erläutert Spies. Nach Angaben des Zeltbauers würde eine Aufrüstung pro Zelt rund eine Woche dauern. "In dieser Zeit müssten die Flüchtlinge anderweitig untergebracht werden."

Das weiß man auch bei der Stadt Düsseldorf. Die Behörden haben daher bereits in den vergangenen Wochen damit begonnen, winterfeste Traglufthallen an der Koblenzer Straße und Sankt-Franziskus-Straße zu errichten. In diesen ist nach Angaben der Stadt jeweils Platz für bis zu 300 Personen. Ende Oktober sollen dort voraussichtlich die ersten Flüchtlinge einziehen. Die bisherigen Zeltunterkünfte sollen dann ausgedient haben.

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Foto: dpa, awe


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(RP)
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