Düsseldorfs wohl dienstälteste Lehrerin Sie lehrt und lehrt und lehrt
Düsseldorf · Eugenia Iliescu ist Lehrerin aus Leidenschaft. Seit 51 Jahren betreut sie Schüler, erst in ihrer Heimat Rumänien, später in Marokko, der Türkei und schließlich in Deutschland. Ans Aufhören denkt die 73-Jährige noch lange nicht.
Mathematik ist bei vielen Schülern unbeliebt, erst recht am Montagmorgen. In der letzten Woche vor den Ferien ist diese Abneigung nicht kleiner, sondern eher noch größer. Doch Eugenia Iliescu bleibt hart, die 9a des Luisen-Gymnasiums soll binomische Formeln üben, p-q-Formel und abc-Formel. "Das ist wichtig für die Oberstufe, schreibt das mit!", ruft sie in das aufgeregte Geschnatter der letzten Stunden des Schuljahrs hinein.
Es ist unruhig in der Klasse, aber wenn Eugenia Iliescu spricht, dann hören die Schüler zu. Der Respekt vor der Lehrerin ist groß. "Wenn wir Frau Iliescu nicht als Lehrerin hätten, würden wir viel schlechter abschneiden", sagt Monika. Streng, aber auch witzig sei die Lehrerin — und immer bemüht, ihren Schülern alle Chancen auf gute Noten zu geben. "Sie opfert sogar ihre Freizeit für uns", berichtet Jovana. "In einer Woche haben wir acht Stunden Mathe gemacht, damit wir die nächste Arbeit schaffen."
Acht Stunden in einer Woche ist ungewöhnlich, weil Eugenia Iliescu laut Vertrag eigentlich nur sechs Stunden unterrichtet: Vier davon in der 9a, zwei weitere in der internationalen Klasse. Die gebürtige Rumänin könnte schon seit mehreren Jahren in Rente sein — aber die 73-Jährige hat zu viel Spaß an ihrem Beruf, um aufzuhören.
Iliescu studierte Mathematik und Physik in Rumänien, schloss ihr Studium mit 22 Jahren ab. Zunächst lehrte sie in ihrem Heimatland Rumänien, später in Casablanca in Marokko sowie an der deutschen Schule in Istanbul. 1995 kam sie ans Luisen-Gymnasium nach Düsseldorf.
Dass sie dort immer noch unterrichtet, hat sie auch Schulleiter Wolfgang Mesenholl zu verdanken. "Als ich 65 geworden bin, hat Herr Mesenholl gemerkt, wie gerne ich das mache und dass ich nicht aufhören möchte", sagt Iliescu. Seitdem bekommt sie von Jahr zu Jahr einen neuen Vertrag. Im kommenden Schuljahr stockt sie auf zehn Stunden in der Woche auf. Und wenn mal ein Kollege ausfällt, springt sie immer gern ein.
Frau Iliescu ist Kulturbotschafterin für die Schüler
Neben dem Unterricht ist Eugenia Iliescu sozusagen die "Eventmanagerin" der Schule, nimmt ihre Klassen mit ins Theater oder in die Oper, organisiert Klassenfahrten und Schulfeiern. Als das Luisen-Gymnasium 2012 sein 175-jähriges Bestehen feierte, übernahm Iliescu die künstlerische Leitung des Festakts in der Tonhalle. "Es ist schon faszinierend, wie viel Energie und wie viele Ideen sie hat", sagt Schulleiter Mesenholl.
Das Künstlerische liegt der 73-Jährigen ebenso sehr wie die nüchternen Naturwissenschaften. Deshalb versucht sie, den Stoff nicht "trocken" wirken zu lassen, erzählt Anekdoten über die Denker hinter den Formeln oder über die letzte Inszenierung von Dürrenmatts "Die Physiker".
Iliescu ist mit einem Schauspieler verheiratet, hat viele Freunde in der Kunstszene und vielleicht kommt auch daher ihre Vorliebe für Oper, Theater und klassische Musik, die sie an ihre Schüler weitergeben möchte. Teenager für die Oper zu begeistern ist ein ambitioniertes Unterfangen, aber Iliescu sagt: "Wenn ich mit 30 Schülern in die Oper gehe und danach sagen fünf, das hat mir gefallen, dann habe ich etwas erreicht."
Um ihren Schülern etwas mit auf den Weg zu geben, in der Klasse, aber auch außerhalb - dafür ist Eugenia Iliescu Lehrerin geworden. "Und wenn dann etwas zurückkommt, gibt das viel Kraft", sagt sie. Kraft genug, um mindestens noch das 52. Jahr als Lehrerin zu arbeiten.
