"Licht aus"-Aufruf war rechtswidrig Eine Schlappe für Düsseldorfs OB Thomas Geisel

Düsseldorf · Der Oberbürgermeister hätte das Rathaus aus Protest gegen die Dügida-Demo nicht verdunkeln dürfen, sagt das Oberverwaltungsgericht. Erlaubt war dagegen Geisels Aufruf zur Gegendemo. Ob der Streit weitergeht, ist offen.

 Oberbürgermeister Thomas Geisel bei der Demonstration gegen "Dügida" im Januar 2015 mit Landtagspräsidentin Carina Gödecke (SPD, v.l.), Sigrid Wolf (DGB) und Henrike Tetz (Evangelische Superintendentin)

Oberbürgermeister Thomas Geisel bei der Demonstration gegen "Dügida" im Januar 2015 mit Landtagspräsidentin Carina Gödecke (SPD, v.l.), Sigrid Wolf (DGB) und Henrike Tetz (Evangelische Superintendentin)

Foto: Bernd Schaller

Tausende Düsseldorfer zogen Anfang 2015 durch die Stadt, um Flagge zu zeigen gegen "Dügida". Sie wollten zeigen, dass "Düsseldorfer gegen die Islamisierung des Abendlandes" nur eine rechtspopulistische Minderheit sind. Allen voran marschierte Oberbürgermeister Thomas Geisel, und er rief unter dem Motto "Licht aus" dazu auf, "Dügida" dunkle Gebäude entgegenzustellen. Und so knipste Geisel die Beleuchtung im Rathaus aus, auch Rhein- und Schlossturm blieben dunkel. Das war rechtswidrig, urteilte am Freitag das Oberverwaltungsgericht Münster (OVG) und folgte damit in weiten Teilen der Einschätzung des Düsseldorfer Verwaltungsgerichtspräsidenten.

Eine Schlappe für Geisel, aber sie fällt nicht komplett aus. Denn die Richter hatten nichts dagegen, dass Geisel zur Teilnahme an der Gegendemo aufrief. Sie betonen aber, er habe mit dem "Licht aus" gegen das Sachlichkeitsgebot verstoßen. Mit dem Aufruf habe er "seine Befugnis, sich in sachlicher Weise mit Geschehnissen im Stadtgebiet von Düsseldorf auseinanderzusetzen, überschritten, indem er den auf eine geistige, diskursive Auseinandersetzung beschränkten Bereich politischer Kommunikation verlassen habe". Die Richter betonen, dass der OB nicht das Neutralitätsgebot verletzt habe.

Geisel lässt offen, ob er die Revisionsmöglichkeit zum Bundesverwaltungsgericht nutzt. Er wundert sich über das Urteil. "Die Differenzierung zwischen einem zulässigen Aufruf zur Teilnahme an einer Gegendemonstration und dem offenbar unzulässigen ,Licht aus'-Appell vermag mich nicht zu überzeugen." Er wisse sich in bester Gesellschaft mit seinen Kollegen in Köln, Hannover und Berlin sowie Kardinal Woelki.

Geisel meint auch, der Dügida-Spuk sei ja inzwischen vorbei. Sogar auf der Gegenseite ist eine gewisse Ermattung feststellbar. Björn Clemens, Anwalt von Dügida-Organisatorin Melanie Dittmer, könnte ebenso für eine Revision votieren. Ein Drittel der vierstelligen Prozesskosten verbleiben auf seiner Seite. Zudem könnte er disziplinarische Konsequenzen für Geisel anstreben. "Uns ging es aber eher darum zu zeigen, dass ein Oberbürgermeister sich nicht so verhalten darf."

SPD-Fraktionschef Markus Raub stellt sich hinter Geisel, er würde eine Revision unterstützen. Sein CDU-Pendant Rüdiger Gutt findet Geisels Verhalten menschlich nachvollziehbar, sieht den OB aber mittlerweile öfter in rechtlichen Grauzonen. Michael Szentei-Heise (Jüdische Gemeinde) steht zu Geisel. Er bewerte den politischen Anstand höher "als den grenzwertigen Umgang mit dem Sachlichkeitsgebot".

(ujr)
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