Düsseldorf Eine Parzelle voll Glück

Düsseldorf · Vor 37 Jahren kauft Irene Weigelt für sich und ihre Kinder einen Schrebergarten. Inzwischen kommen auch die Enkel. Für Gartenzwerge gibt es keinen Platz.

 Drei Generationen in Lohausen: Irene Weigelt mit ihren Söhnen Frank (l.) und Thorsten sowie ihren Enkeln Julia und Max.

Drei Generationen in Lohausen: Irene Weigelt mit ihren Söhnen Frank (l.) und Thorsten sowie ihren Enkeln Julia und Max.

Foto: Andreas Endermann

Nicht einmal das Getöse der startenden Flugzeuge kann die Idylle im Schrebergarten von Irene Weigelt in Lohausen stören. Wenn die 69-Jährige neben ihrem japanischen Fächerahorn auf einem der dunkelbraunen Stühle aus Kunststoff Platz nimmt, hört sie Vögel zwitschern, Bienen brummen und das Gelächter ihrer beiden Söhne und Enkelkinder. Denn jedes Frühjahr, wenn das Wasser auf der Kleingartenanlage in Lohausen angestellt wird, kommt auch das Glück in den kleinen, parzellierten und umzäunten Garten von Irene Weigelt.

Wenn es ein Preisschild dafür gäbe, müsste 10.000 DM darauf stehen: Das ist der Preis, den Irene Weigelt und ihr Mann vor 37 Jahren bezahlen, als sie den Garten für sich und ihre beiden Söhne Frank und Thorsten kaufen. An der Schlossstraße in Derendorf, wo die Familie wohnt, können die Kinder nicht spielen. "Vor dem Haus fuhr eine Straßenbahn, und im Hinterhof durften Kinder nicht spielen, weil die Leute sich um Lärm und Staub sorgten", sagt Irene Weigelt und schüttelt den Kopf. Da Klein-Frank immer euphorisch vom Kleingarten-Besuch bei einem Freund in Lohausen zurückkehrt, entsteht die Idee, dass auch die Weigelts sich dort einen Kleingarten kaufen sollten.

Anfangs gibt es in dem Garten nicht einmal Strom. Doch dem Spaß und der Zufriedenheit tut das keinen Abbruch. Im Gegenteil. "Wir mussten improvisieren, und das war wunderbar! Wir waren immer so stolz, wenn wir etwas erreichten", sagt Irene Weigelt und lacht. So müssen die Weigelts als Kleingärtner einiges dazulernen, sind sie doch gar nicht so kundig im Gärtnern, wie sie anfangs vermuten. "Wenn mein Mann Unkraut zupfte, riss er auch die Pflanzen heraus", sagt die 69-Jährige und lacht.

"Wir feierten jede Zucchini", sagt Thorsten Weigelt (48). Als sich die Familie allerdings eines Morgens auf dem Weg zum Garten macht, um die prallen Kirschen zu pflücken, erleidet sie einen Schock: "Alle Kirschen waren plötzlich weg! Wir dachten, dass wir bestohlen worden waren." Dafür ernten sie aber nur Gelächter der Nachbarn: Denn die Diebe, das waren Vögel. Und die Weigelts wissen, dass ein Kirschbaum wohl doch nicht das Richtige für sie ist.

Auf dem Rasen, der anfangs an einigen Stellen ungewollt eine bräunliche Farbe annimmt, campen die Söhne. Oft wird natürlich auch gegrillt. Manchmal stellen die Jungen auch Unfug an. Doch im Schrebergarten in Lohausen gelten von Anfang an andere Regeln als im Leben an der Schlossstraße. Und so lacht Mutter Irene über das, was ihre Söhne in dem Garten schon so alles angestellt haben.

Als ihr Mann vor knapp 15 Jahren stirbt, ist es ihre Parzelle, die sie Kraft schöpfen, nach einiger Zeit auch wieder Glück empfinden lässt. Beim Säen ist es, als ob sie auch ihre Trauer in die Erde gibt. Wenn sie Unkraut aus dem Boden reißt, ist es, als ob sie sich auch von ihrer Sorge, wie es weitergehen soll, befreit: "Der Garten ist mein Ort der Meditation, der Ruhe und Zufriedenheit. Ich komme immer gerne hierher, und das geht auch meinen Söhnen und Enkelkindern so", sagt sie. Ein Gartenzwerg - der sei aber noch nie willkommen gewesen.

Erst wenn im Herbst das Wasser auf der Kleingartenanlage in Lohausen abgestellt wird, die Bienen nicht mehr brummen und die Vögel kaum noch zwitschern, verlässt Irene Weigelt ihren Garten und mit ihr das große Glück hinter den gestutzten Hecken und dem grünen Gartenzaun.

(semi)
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