Düsseldorf Eine Million Euro weniger für Sozialarbeiter?

Düsseldorf · Die Stadt will im sozialen Bereich weniger Geld ausgeben. Betroffen von den aktuellen Vorschlägen aus dem Rathaus sind auch die freien Wohlfahrtsverbände. Die sind zwar gesprächsbereit, warnen aber vor Qualiltätseinbußen.

 Erziehungsberatung von Familien wie hier im Rather Familienzentrum der Caritas gehört zu den klassischen Aufgaben der freien Träger.

Erziehungsberatung von Familien wie hier im Rather Familienzentrum der Caritas gehört zu den klassischen Aufgaben der freien Träger.

Foto: Hans-Jürgen Bauer

Um das drohende Finanzloch von rund 90 Millionen Euro im städtischen Haushalt für 2018 schließen zu können, hat die Stadt auch im sozialen Bereich zwei Möglichkeiten: Sie muss mehr Geld einnehmen oder aber Ausgaben reduzieren. Die Pflicht zu sparen soll - so die Pläne der Stadtspitze - auch Sozialverbände wie die Diakonie, die Caritas, das Deutsche Rote Kreuz (DRK) und die Arbeiterwohlfahrt (Awo) treffen. Die kannten die Vorschläge - von einer Ausnahme abgesehen - bislang nicht. Die wichtigsten Daten und Fakten im Überblick.

Hilfe zur Erziehung Laut einer auf den 8. November datierten Vorschlagsliste zum Haushaltsplan sollen hier eine Millionen Euro eingespart werden. Im Kern geht es um die Sozialarbeiter, die Familien mit Problemen zu Hause aufsuchen und ihnen bei der Bewältigung ihres Alltags helfen. Die Summe, die für die Arbeitsstunde eines solchen Mitarbeiters abgerechnet wird, liegt nach Angaben von Sozialdezernent Burkhard Hintzsche rund fünf Euro über dem Satz benachbarter Städte wie Duisburg oder Ratingen. "Mangelnden Wettbewerb" sieht Hintzsche als Ursache für diese Differenz. Bei der Hilfe zur Erziehung bediene bislang jeder größere Verband schwerpunktmäßig ganz bestimmte, für ihn vorgesehene Stadtteile. "Das wollen wir abschaffen und für mehr Wettbewerb sorgen", sagt Hintzsche. Diakonie-Chef Thorsten Nolting ("wir haben keine Angst vor Wettbewerb") warnt an diesem Punkt vor falschen Erwartungen und verweist auf Erfahrungen des Berliner Bezirksbürgermeisters Heinz Buschkowsky. "Der hatte irgendwann mehr als 150 Jugendhilfeträger unter Vertrag und empfand das als kaum noch handhabbar", sagt Nolting. Wegen der notwendigen Kontrollen der Qualitätsstandards seien am Ende sogar neue Kosten entstanden. "Eine Kommune muss überlegen, ob sie in einem so sensiblen Bereich tatsächlich die Billigsten oder nicht doch lieber die Bewährten nehmen will", sagt er.

Kita-Sonderförderung Bei den Kindertagesstätten-Plätzen übernimmt die Stadt in fast allen Fällen den Eigenanteil, den freie Träger wie die Awo, die Diakonie und das DRK eigentlich selbst berappen müssen. Im kirchennahen Bereich wären das beispielsweise zwölf Prozent der Gesamtkosten. Die Stadt tut das, um verschiedene Kita-Betreiber im Spiel zu halten und somit den Eltern unterschiedliche Angebote machen zu können. 13 Millionen hat sich die Stadt das pro Jahr bislang kosten lassen. "Wir wollen die Summe auf etwa zehn Millionen Euro abschmelzen", sagt Hintzsche. Ausgeglichen werde das Ganze durch künftige neue Geldleistungen des Landes im Kita-Bereich. Caritas-Chef Henric Peeters wundert sich über diesen Vorschlag: "Was das Land irgendwann zahlen wird, ist noch reine Spekulation. Im Vorgriff schon mal drei Millionen Euro zu kürzen, halte ich nicht für sinnvoll. Das klingt so, als ob wir bislang mehr Geld als nötig erhalten hätten." Vor den Konsequenzen einer Unterfinanzierung warnt auch DRK-Chef Stefan Fischer, der Sprecher der Liga der Wohlfahrtsverbände ist: "Schon jetzt ist eine Reihe unserer 14 DRK-Kitas defizitär, weil sie in sozialen Brennpunkten liegen. Spielräume, uns hier finanziell stärker zu belasten, gibt es nicht. Würde das am Ende so kommen - wovon ich nicht ausgehe - stünde die Frage im Raum, ob wir als freie Träger uns den Betrieb von Kitas überhaupt noch leisten können."

Lohnkosten Künftig will die Stadt dort, wo sie Lohnkosten für Mitarbeiter der freien Träger übernimmt, nur noch den Betrag zahlen, der im Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TVöD) festgelegt ist. Das deckt sich nicht in jedem Fall mit den tatsächlichen Lohnkosten, die Diakonie und Co. haben. "Mal zahlen wir weniger, mal etwas mehr, zum Beispiel bei Mitarbeitern, die noch nach alten Verträgen entlohnt werden", sagt Awo-Chef Michael Kipshagen. Die Stadt hofft, hier rund 200.000 Euro einsparen zu können.

Verfahren Die Verbände sehen die Liste als reine Diskussionsgrundlage. "Nichts ist schon konkret, lediglich der Ernst der jetzt anstehenden Gespräche wird mit dieser Liste der Verwaltung markiert", sagt Nolting. Am kommenden Dienstag berät der Jugendhilfeausschuss (Rathaus, 15 Uhr) über diesen Teil des Etats.

(jj)
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