Auf ein Wort Siegfried Wolf Einander wertschätzen

Düsseldorf · Unterdrückt nicht die Fremden, die bei euch im Land leben, sondern behandelt sie genau wie euresgleichen. Jeder von euch soll seinen fremden Mitbürger lieben wie sich selbst. Denkt daran, dass auch ihr in Ägypten Fremde gewesen seid. Ich bin der HERR, euer Gott! - 3. Mose 19,33f.

 Siegfried Wolf ist Pastor der evangelisch-freikirchlichen Gemeinde an der Luisenstraße.

Siegfried Wolf ist Pastor der evangelisch-freikirchlichen Gemeinde an der Luisenstraße.

Foto: HANS-JÜRGEN BAUER

Angesichts des Anschlags auf die Flüchtlingsunterkunft in Tröglitz fiel mir dieses Bibelwort ein. Vor allem die Begründung lässt aufhorchen. Das alte Israel wird daran erinnert, dass es selbst ja das Leben von Fremden erfahren hatte. Fremdenfurcht hat auch heute oft mit mangelhaftem Geschichtsbewusstsein zu tun.

In unserem Land leben unzählige Menschen, deren Vorfahren aus Polen, Russland, der Ukraine und anderen osteuropäischen Ländern stammen. Sie sind so gut integriert, dass sie nicht mehr als Fremde wahrgenommen werden.

Manche älteren Mitbürger erinnern sich noch an die sog. Vertreibung aus ihrer ursprünglichen Heimat. Sie wurden hier nicht immer mit offenen Armen aufgenommen. Dennoch haben sie ihren Teil zum Wiederaufbau Deutschlands geleistet. Wir haben also gute Erfahrung mit ehemals Fremden in unserem Land gesammelt. Daran müssen wir uns gemeinsam erinnern, wenn Ängste vor Flüchtlingen geschürt werden.

Die Verfasser des Bibeltextes fordern ihre Landsleute auf, keinen Unterschied zwischen Einheimischen und Fremden zu machen. Sie sollen die Fremden sogar lieben wie sich selbst. In der kleinen Landgemeinde, deren Pastor ich war, hatten wir uns für eine kurdische Familie eingesetzt. Weil sie von Abschiebung bedroht war, brachten wir sie fünf Monate lang in unserem Gemeindehaus unter. Während dieser Zeit haben wir die Mitglieder der Familie schätzen gelernt. Immer wieder überraschten sie uns mit ihrer herzlichen Gastfreundschaft. Mehrfach haben Familienmitglieder unsere Gottesdienste besucht, um ihre Dankbarkeit auszudrücken. Dass sie Muslime waren, störte nicht. Für beide Seiten war es eine Bereicherung, sich gegenseitig schätzen zu lernen. Da blieb kein Raum für Angst.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort