Serie 60 Ist Die Neue Lebensmitte Ein Leben für die Bühne

Düsseldorf · Ingrid Wanske führt das Theater an der Luegallee, schreibt Stücke, spielt darin mit und macht auch mal sauber.

 Ingrid Wanske am Theater an der Luegallee, das sie seit vielen Jahren leitet - mit wachsender Begeisterung.

Ingrid Wanske am Theater an der Luegallee, das sie seit vielen Jahren leitet - mit wachsender Begeisterung.

Foto: Anne Orthen

Es war Mitte der 1980er-Jahre, da brach sich Ingrid Wanske ein Bein. Der Unfall wäre nicht erwähnenswert, hätte er nicht die große Wende in das Leben der heute 66-Jährigen gebracht. Denn den dreiwöchigen Krankenhausaufenthalt nutzte sie zum Nachdenken: Während ihre Knochen von den Ärzten gerichtet wurden, richtige die Patientin ihr Leben neu aus. Aus dem Krankenhaus entlassen, kündigte sie ihren Job als Bankangestellte und gründete ein Tourneetheater. "Ich habe mich gefragt, wenn nicht jetzt, wann dann?" Bereut hat sie es nie: Das Tourneetheater wurde so erfolgreich, dass Wanske 1998 mit ihrem jetzigen Ehemann Joachim Meurer das Theater an der Luegallee übernahm.

Den Weg auf die Bühne hat Ingrid Wanske über Umwege geschafft. 1950 in Trier geboren, wollte sie als junge Frau unbedingt in die Großstadt ziehen. Die Eltern bestanden auf einer Banklehre, "was Ordentliches eben", sagt sie. Nach den Prüfungen aber ging sie nach Düsseldorf. Da machte sie erst einmal das Abitur und begann, ihrer Leidenschaft nachzugehen, dem Schauspiel. "Ich besuchte Kurse und Workshops. Für eine staatliche Schauspielschule war ich mit Mitte 20 schon zu alt." Ein Glück für sie, denn so lernte sie Joachim Meurer kennen. Einer Arbeit im Büro ging sie weiterhin nach, so dass ihr Leben, "ein wenig orientierungslos verlief, bis ich Mitte 30 war". Einen sicheren Job hinzuschmeißen und als Schauspielerin auf Tournee zu gehen - klar sei das ein Wagnis gewesen, sagt sie. "Aber wenn man etwas wirklich will, dann klappt es auch." Und weil sie viele Talente für das Theater hat, fing sie auch an, selbst zu schreiben. Ihr erstes Stück war ein Ehedrama ("Ich bin ich"), etwa 20 weitere Stücke folgten - meist Revuen. Eines Tages - es war wohl im Jahr 1998 - gab Wanske ein Gastspiel im Theater an der Luegallee. Die damalige Leiterin Isolde Rasem war von der Aufführung so begeistert, dass sie - kaum, dass das Licht ausging - dem Paar anbot, das Theater zu übernehmen, um selbst in den Ruhestand gehen zu können. Einige Monate später war es so weit, und Ingrid Wanske war Inhaberin der Bühne, die bis heute ein treues Publikum hat. Selbstverständlich ist es aber nicht, dass die bis zu 80 Plätze oft besetzt sind. "Theater ist kein Selbstläufer", sagt das Multitalent.

Ingrid Wanske spielt noch immer selbst gern auf der Bühne, führt Regie, schreibt Stücke. Von der ersten Idee bis zur Premiere können schon mal drei Jahre vergehen, rechnet sie aus. Und auch sonst gibt es im Theater immer etwas zu tun. Einlass, Getränkeverkauf, mal die Bühne putzen: Die Chefin springt ein, wenn Not am Mann ist. Gelassen sagt sie, manche Arbeitstage gingen schon mal bis zu zwölf Stunden. Und so wird es noch lange bleiben für Ingrid Wanske, die schon die Spielpläne für 2018 schreibt, weiter Regie führt und Ideen für neue Stücke verwirklicht. Es sei wichtig, immer offen und flexibel zu bleiben, stets Neues zu wagen, sagt sie. "Es ist ein wertvolles Geschenk, dass ich so viel erleben und ausprobieren kann."

Zurzeit probt sie mit ihren Schauspielern "Die Lüge" (Premiere im Dezember), zuvor steht sie selbst in der Komödie "Wenn nicht jetzt, wann dann?" auf der Bühne. Auch der von ihr geschriebene Schwank "Die Nacht ist nicht allein zum Schlafen da" steht weiter auf dem Herbstprogramm. Ein ordentliches Pensum für eine 66-Jährige. Ist sie manchmal müde? "Oooch", sagt sie, verblüfft bei dem Gedanken, die Arbeit im Theater könne ihr einmal zu viel werden. "Ich gehe zwar bis zu meinen Grenzen, aber nicht über sie hinaus. Die Freude an der Arbeit wächst mit dem Alter."

(lod)
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