Aktionen zur NRW-Wahl 2017 Ein fetter Hitler für mehr Wahlbeteiligung

Düsseldorf · "Hauptsache, du gehst wählen - was ist erst mal egal!": Das ist die Botschaft mehrerer Organisationen in Düsseldorf. Ihre Hoffnung: Wenn die Wahlbeteiligung steigt, sinken die Chancen von Populisten und Extremisten bei der Landtagswahl.

 Gesichtet in Düsseltal: Diese Plakate eines Künstlerkollektivs rund ums Zakk wollen zum Wählen motivieren.

Gesichtet in Düsseltal: Diese Plakate eines Künstlerkollektivs rund ums Zakk wollen zum Wählen motivieren.

Foto: Thomas Bernhard

Ein gekröntes Affenhaupt, die Hände übers Gesicht geschlagen. Ein fetter Adolf Hitler im schmutzigen T-Shirt, der mit seinem gereckten rechten Arm anzeigt, wie hoch der Haufen Kot vor ihm ist. "Hass stoppen - Vielfalt leben", im Stil eines Schriftzuges auf einem altdeutschen Wappen.

Die "Plakate gegen Rassismus und Ausgrenzung", die Street-Art-Künstler für das Projekt "zakk findet Stadt" geschaffen haben, wollen anecken. "Man muss ein bisschen provozieren", sagt Jochen Molck, Geschäftsführer des alternativen Kulturzentrums. "Sonst verliert man sich in allgemeinen Phrasen der Politik." Das ist mit den Plakaten, die am Mittwoch schon in Düsseltal gesichtet wurden, gelungen. Polarisieren werden sie ganz sicher.

Ab Donnerstag sollen sie laut Zakk in der ganzen Stadt aufgehängt werden — nur wenige Tage vor der Landtagswahl. "Im Moment ist das Interesse an politischen Fragen besonders groß", erklärt Molck. "Wir wollen die Leute dafür sensibilisieren, über Rassismus und Ausgrenzung noch mal besonders nachzudenken."

Dazu gehöre natürlich auch das Plädoyer, wählen zu gehen. "Wir wollen, dass die Leute informiert, mit Haltung und Wissen ihr Kreuzchen machen", sagt Molck. Bei welcher Partei - das sagen die Plakate nicht.

Die Idee, möglichst viele Menschen zum Wählen zu motivieren, teilt auch die Kampagne "Du hast die Wahl 2017". Mit Kinospots, Testimonials und Mitmachaktionen wollen die Organisatoren gegen die Wahlverdrossenheit kämpfen. "Die geringe Wahlbeteiligung in den vergangenen Jahren hat oft die politischen Ränder gestärkt", sagt Mitinitiator Boris Bartels. "Aber je mehr Menschen wählen, desto eher hat die politische Mitte eine Chance."

Hilft Wahlbeteiligung wirklich gegen Extremismus?

Wählen gehen, Extremismus keine Chance geben - das ist ein weit verbreiteter Gedanke. Ganz so einfach funktioniert der Mechanismus allerdings nicht, sagt Stefan Marschall, Professor für Politikwissenschaft an der Heinrich-Heine-Universität. "Natürlich kann eine höhere Wahlbeteiligung auch so aussehen, dass mehr Menschen extrem rechte oder linke Parteien wählen."

Anders sei es aber, wenn eine allgemeine Mobilisierung der Bevölkerung stattfinde. Wenn also die breite Mitte der Bevölkerung tatsächlich wählen geht. In Nordrhein-Westfalen sieht Marschall eine solche Mobilisierung derzeit. "Die Messe ist hier noch nicht gelesen - die Wahl kann so oder so ausgehen." Das sei ein entscheidender Faktor, um Menschen zum Wählen zu motivieren: Sie müssten das Gefühl haben, dass ihre Stimme etwas bewirken könne.

Genau da setzt auch "Du hast die Wahl an". "Die Leute sind frustriert", sagt Boris Bartels. "Sie glauben, ihre Stimme zähle nicht. Wir wollen ihnen sagen, dass es sinnvoll ist, sich mit Politik zu befassen." Dass sowohl Bartels Kampagne als auch die Plakate der Zakk-Künstler das mit einer sehr direkten, teils emotionalen Ansprache tun, kann laut Politikwissenschaftler Marschall gut funktionieren.

Eins jedoch haben Aktivisten und Künstler nicht in der Hand: Dass die Wahlbürger das Gefühl haben, wirklich eine Wahl zu haben. Auch das sei ein entscheidender Faktor bei der Wahlbeteiligung, sagt Marschall: "Die Leute müssen wahrnehmen, dass es Unterschiede zwischen den Parteien gibt." Das ist allerdings eine Botschaft, den nur die Politik senden kann - und die sie in der Zeit zwischen den Wahlen einlösen muss.

(hpaw)
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