Patent europaweit genehmigt Düsseldorfer erfinden Windel ohne Klebstoff

Düsseldorf · Gifte in Babywindeln haben in den vergangenen Monaten bundesweit für Schlagzeilen gesorgt. Zwei Düsseldorfer haben nun ein Verfahren zum Patent angemeldet, das das Herstellen von Windeln ohne Klebstoffe möglich macht.

 Michael Gierlings (l.) und Thorsten Klomfass haben ein Sachverständigenbüro und jetzt ein Patent für eine Art Klebemethode ohne Kleber.

Michael Gierlings (l.) und Thorsten Klomfass haben ein Sachverständigenbüro und jetzt ein Patent für eine Art Klebemethode ohne Kleber.

Foto: Andreas Bretz

Ein Jahr, zwei Jahre, manchmal drei Jahre lang tragen kleine Kinder Wegwerfwindeln, fast 24 Stunden am Tag, bis sie es auch ohne schaffen. Wegen des engen dauernden Hautkontaktes sollte die Stoff-Hosen schadstofffrei sein. Immer wieder aber kommt der Verdacht auf, dass die in Windeln verarbeitete Chemie genau das eben nicht ist. Zuletzt erregte ein Bericht im ZDF-Wirtschaftsmagazin Wiso aufsehen. Dort waren in einer Windel des Herstellers Pampers Dioxine festgestellt worden. Zwar waren sich Hersteller und Reporter einig, dass die Mengen so gering seien, dass keine akute Gefahr fürs Baby ausgehe, aber Gift bleibt Gift, besonders beim Kleinkind.

Und so lange man nicht weiß, ob die Substanzen nun schädlich sind oder nicht, sollte man nach Wegen suchen, diese zu vermeiden, dachten sich die Düsseldorfer Klebstoff-Experten Michael Gierlings und Thorsten Klomfass. Sie arbeiten mit ihrer Firma KGP eigentlich meist als Sachverständige in Klebstofffragen. Beide waren viele Jahre bei Henkel tätig, einem der größten Hersteller von Klebstoffen weltweit. Und die Idee der beiden?

"Wir brauchen ein Verfahren, in dem man den Klebstoff bei der Herstellung einer Windel einfach vermeidet", sagt Gierlings, der gelernter Chemiemeister ist. An einer Stelle zumindest ließ sich Klebstoff an der Babywindel bislang nicht vermeiden. An den Seiten nämlich, die flexibel und elastisch sein müssen, weil nicht alle Babys gleich groß sind, gibt es drei Lagen übereinander. "Oben und unten ist eine Art Vliess, dazwischen eine Folie. Damit es zusammenhält, wurde bislang Kleber verwendet", sagt Klomfass.

2012 hatten die beiden Düsseldorfer die Idee, ein Verfahren aus anderen Bereichen zu kopieren. "Vereinfacht gesagt, ersparen wir den Kleber, in dem man bei der Produktion mit Wärme einerseits und Kälte andererseits das Material bearbeitet", sagt Klomfass. So verbinden sich wasserfeste Folie und Vliess ohne Kleber. "Man kann sich das vorstellen wie Wachs, der auf eine Tischdecke tropft und weil er noch heiß und flüssig ist, untrennbar ins Gewebe eindringt", erklärt Gierlings. 2013 meldeten die Unternehmer das Verfahren zum Patent an. Danach begannen umfangreiche Experimente in Zusammenarbeit mit der Firma Infratec und der RWTH Aachen. Inzwischen wird an einer Pilotanlage zur Fertigung in Augsburg gearbeitet. Erst vergangene Woche kam die gute Nachricht nach vier Jahren Arbeit: Das Patent wird europaweit gewährt.

Neben dem Gesundheitsschutz fürs Kind hat die kleberlose Idee noch ganz andere Vorteile, zumindest wenn man das Patent auf andere Hygieneprodukte wie Binden oder OP-Tücher überträgt. Denn Klebstoff hat nicht den Ruf, unglaublich umweltfreundlich zu sein. Und für diese Produkte werden jährlich weltweit 20.000 Tonnen Klebstoffe produziert. Diese sind darüber hinaus auch nicht gerade billig, auch wenn man das ob der geringen Mengen pro Produkt denken könnte. "Der Weltmarkt dieser Klebstoffe setzt jährlich mehr als 80 Millionen Euro um", sagt Klomfass.

(tb.)
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