Anzeigetafeln in Düsseldorf Was die Rheinbahn mit zwei Minuten Wartezeit meint

Düsseldorf · "U 75 – 2 Minuten" steht auf der Anzeige der Rheinbahn. Aber die Straßenbahn kommt und kommt nicht. Warum zwei Minuten bei der Rheinbahn auch mal zehn dauern können, erklären wir hier.

 Beim Warten auf die Bahn kann die Zeit gefühlt unheimlich langsam vergehen (Symbolbild).

Beim Warten auf die Bahn kann die Zeit gefühlt unheimlich langsam vergehen (Symbolbild).

Foto: Rheinbahn

"U 75 — 2 Minuten" steht auf der Anzeige der Rheinbahn. Aber die Straßenbahn kommt und kommt nicht. Warum zwei Minuten bei der Rheinbahn auch mal zehn dauern können, erklären wir hier.

Wer auf etwas wartet, der hat ein anderes Zeitgefühl. Das bestätigt auch die Wissenschaft. "Das liegt an einem Wahrnehmungsphänomen, das Zeit-Paradoxon genannt wird", sagt Zeitforscher Jonas Geißler. "In Situationen, in denen wenig geschieht, wenig Reize auf uns einwirken, kommt uns die Zeit in der Regel länger vor, sie vergeht subjektiv empfunden langsamer."

Dass einem fünf Minuten am Bahnsteig mal wie 15 Minuten vorkommen können, ist also vollkommen normal. Und doch wird der Nutzer öffentlicher Verkehrsmittel in Düsseldorf schnell merken, dass irgendetwas mit den elektronischen Haltestellenschildern nicht stimmen kann.

"Die Bahn kommt in zwei Minuten" — das ist dort schon mal fünf Minuten und länger zu lesen. Manchmal wird spontan eine andere Bahnlinie vorgezogen oder man muss plötzlich losrennen, weil der Zug schon nach 30 Sekunden einfährt.

830 Linienfahrzeuge funken permanent ihren Standort

Ist das alles Einbildung? Nein. "Die zwei Minuten auf der Anzeigentafel können bis zu zehn Minuten dauern", sagt Georg Schumacher, Sprecher der Rheinbahn. "Das liegt an dem neuen Betriebsleitsystem." 830 Linienfahrzeuge der Rheinbahn sind dafür mit einem Funksystem ausgestattet worden, das permanent den Standort jeder einzelnen Bahn durchgibt. Aus diesen Daten berechnet das 32 Millionen Euro teure System, wie lange die Bahn bis zu den folgenden Haltestellen braucht und gibt die Information an die Anzeigen weiter.

"Wenn aber ein Unfall passiert oder jemand mit dem Auto die Strecke blockiert, erkennt das System das natürlich nicht", sagt Schumacher. Stattdessen funkt die Bahn weiterhin ihren aktuellen Standort und gibt entsprechend weiterhin zwei Minuten bis zur Ankunft an die Anzeige durch. "Das kann ungefähr zehn Minuten lang so gehen. Wenn sich die Bahn dann nicht bewegt hat, springt das System automatisch auf den nächsten fahrplanmäßigen Stopp um."

Kann der auch nicht eingehalten werden, nimmt das System die Bahnlinie vorerst komplett aus der Anzeige heraus. "Deshalb kann es sein, dass eine Bahn, die in zwei Minuten angekündigt war, plötzlich vollkommen verschwindet", sagt der Rheinbahnmitarbeiter.

Häufig passiere das nicht. Aber, so räumt Schumacher ein, das System sei noch neu und Düsseldorf die erste Stadt in NRW, in der es zum Einsatz komme. "Entsprechend kommt es immer noch häufiger zu Fehlern und Ausfällen, und wir müssen noch viel nachjustieren."

Das Wörtchen "sofort" ist bei der Rheinbahn übrigens entsprechend ähnlich relativ zu sehen. "Eigentlich heißt das, dass die Bahn in unter einer Minute kommt", sagt Schumacher. Recherchen unserer Redaktion zeigen jedoch: "Sofort" bedeutet eine Spanne zwischen 15 Sekunden und 1 Minute 23 Sekunden.

(ham)
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