Kolumne Mein Düsseldorf Düsseldorf ist wie Sylt - und umgekehrt

Düsseldorf · Sie halten den Vergleich für Blödsinn? Dann können Sie jetzt umblättern. Oder Sie lesen weiter und stellen fest, dass es da doch einige verblüffende Ähnlichkeiten gibt.

 Wenn Außenstehende auf Sylt blicken, haben sie oft nur die Schickimicki-Szene im Fokus. Das ist so falsch wie die Ansicht, ganz Düsseldorf sei wíe die Königsallee.

Wenn Außenstehende auf Sylt blicken, haben sie oft nur die Schickimicki-Szene im Fokus. Das ist so falsch wie die Ansicht, ganz Düsseldorf sei wíe die Königsallee.

Foto: dpa

Natürlich ist die Aussage ein bisschen zugespitzt: Düsseldorf ist eine Stadt, Sylt eine Insel. "Goldener Sand", schrieb die Süddeutsche Zeitung neulich über Deutschlands nördlichstes Stück Land vor der dänischen Küste. So ein Titel ist sehr klug und spricht gebildete Leute an. Nämlich solche, die um die Ecke denken können. Denn Golden Sand (deutsch: goldener Sand) heißt ein Hotel mit Casino in Las Vegas. Und da geht es um viel Geld. Wie auf Sylt eben. Nur dass in Vegas Glücksspiel gemeint ist, und auf Sylt ist es - nun ja, auch ein bisschen Gezocke, mit Blick in der bisher erfüllten Hoffnung auf ewig steigende Grundstückspreise.

Warum wir das erwähnen? Weil wir damit bei der ersten Gemeinsamkeit sind: dem Immobilienmarkt. Der ist hier wie da problematisch. Die Preise kennen nur eine Richtung, und zwar nach oben. Das ist schön (oder auch Glück, siehe oben!) für jene mit Land oder Häusern, und schlecht für solche auf der Suche danach.

Auf Sylt sorgt man sich daher seit geraumer Zeit wegen eines Trends, der in Düsseldorf ebenfalls absehbar ist: Normalverdiener können sich die Insel nicht mehr leisten. Wer dort als Alteingesessener bereits ein Häuschen hat, gerät zudem sehr in Versuchung, es zu verkaufen und sich vom Ergebnis auf dem Festland ein ruhiges Leben zu finanzieren. Falls sich das nicht stoppen lässt, gibt es also bald keine Sylter mehr auf Sylt. Jedenfalls keine echten.

Aber man braucht Verkäuferinnen und Taxifahrer, Polizisten und Apotheker, Metzger und Bäcker, Kindergärtnerinnen und Lehrer - schließlich will ja keiner der Residenten oder Urlauber alles selbst erledigen. Schon jetzt sitzen tausende Pendler jeden Morgen im Zug über den Hindenburgdamm auf dem Weg zum Job auf der Insel.

Kommt Ihnen das bekannt vor? Auch nach Düsseldorfer pendeln jeden Morgen mehrere hunderttausend Menschen. Darunter ein erheblicher Anteil solcher, die irgendwann mal ins Umland gezogen sind, weil die Stadt ihnen zu teuer wurde. Die nächste Parallele: Gegen Sylt wie Düsseldorf gibt es viele Vorurteile - genährt von Menschen, die die Stadt oder die Insel nicht kennen. Schickimicki hier wie da, heißt es dann gern.

Und die Realität? Es stimmt, aber eben nur in Teilen. Ja, zwischen List, Hörnum und Kampen ist die Dichte an Cayennes, 911er Porsche, Bentley und Range Rover extrem hoch, ähnlich wie auf der Kö. Aber zu glauben, Sylt wäre ein reines Pflaster der vermeintlich Reichen und mehr oder weniger Schönen, nur weil man die Whisky-Meile in Kampen (circa 300 Meter lang) mit Pony und Gogärtchen und die benachbarten Luxus-Geschäfte zum Maßstab nimmt, der liegt ziemlich daneben. Das ist ebenso falsch wie die Ansicht, ganz Düsseldorf sei wie die Königsallee. Die Haupteinkaufsstraße in Sylts Westerland beispielsweise erinnert an ein Mittelding zwischen Kölner Straße in Oberbilk und Flinger Straße in der Altstadt. Normal also. So normal wie die meisten Urlauber auf der Insel. Der Promifaktor ist sicher höher als in Grömitz an der Ostsee, aber keineswegs überwältigend. Klar, Sie können Johannes B. Kerner oder Jürgen Klopp am Strand treffen - aber meistens stehen keine Frauen und Männer vor der Sansibar Schlange, deren Gesicht man kennt. Oder man erkennt sie nicht in Bermudas und T-Shirt.

Ach ja - noch eine Parallele: die Sansibar. Düsseldorf hat auch eine, genauer: einen Ableger. Wenn auch nur mit Blick auf den Hofgartenweiher statt auf die Nordsee. Aber immerhin.

(RP)
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