Düsseldorf Düsseldorf in der Kreditversuchung

Düsseldorf · Die Landeshauptstadt hat bei Banken hohe Bonität und erhält Nullzins-Angebote. Schulden zu machen wird dadurch reizvoller.

 OB Thomas Geisel und Kämmererin Dorothée Schneider

OB Thomas Geisel und Kämmererin Dorothée Schneider

Foto: Endermann, Andreas (end)

Die wirtschaftliche Schuldenfreiheit Düsseldorfs hat Thomas Geisel (SPD) schon im Wahlkampf offen in Frage gestellt. Nicht nur wegen bestehender Kredite der Stadt und ihrer Töchter, auch, weil er es für wirtschaftlich sinnvoll hält, für Investitionen Kredite aufzunehmen. Schließlich werde durch Schulbauten oder Infrastruktur ein Wert geschaffen, so seine Argumentation. Daran hat sich nichts geändert, seit Geisel das Amt des Oberbürgermeisters angetreten hat.

Die Versuchung ist sogar größer geworden. Denn die Banken stehen gewissermaßen Schlange bei der mit "Triple A", also hoher Bonität bewerteten Landeshauptstadt. Ein mit null Prozent verzinster Kredit, wie ihn Düsseldorfs Kämmerin Dorothée Schneider gerade in Höhe von 90 Millionen Euro zur Sicherung der Liquidität und mit Laufzeit bis November aufnimmt, ist kein einmaliges Angebot. Wegen der Strafzinsen, die Banken an die Europäische Zentralbank (EZB) zahlen müssen, wenn sie ihre Tagesgelder dort bunkern (0,3 Prozent pro Jahr), ist es für sie vorteilhafter, Geld wegzugeben, ohne Zinsen zu verlangen. Den Zuschlag hat, so ist zu hören, die HypoVereinsbank bekommen. Dass Städte noch billiger an Geld kommen können, zeigen niederländische Banken, die einer Kommune im Rheinisch-Bergischen Kreis für ein Darlehen sogar eine Gutschrift angeboten haben. Einige skandinavische Banken verfahren ähnlich.

Ginge es nach Geisel, würde er nicht nur Kredite für Liquidität, sondern auch für Investitionen aufnehmen, zum Beispiel, um Wohnraum zu schaffen oder Schulen zu bauen. Doch dafür hat er im Stadtrat keine Mehrheit. Die FDP, mit SPD und Grünen in einer Ampel-Kooperation, schließt solche Schulden aus. Sie will auch für Übergangskredite wie den aktuellen nicht die Hand heben, wenn - was abzusehen ist - der Ermächtigungsspielraum der Kämmerin ausgeschöpft ist und im Rat auch über solche Darlehen entschieden wird. Deshalb hat sie ein Ultimatum gesetzt: Bis zur Haushaltssitzung am 15. September muss ein Konzept zur Schaffung von Liquidität in Höhe von 300 Millionen Euro vorliegen, sagt Fraktionschefin Marie-Agnes Strack-Zimmermann. "Sonst sagen wir Tschüss zur Ampel." SPD-Fraktionschef Markus Raub erwartet, dass so ein Konzept schon vor der Sommerpause Anfang Juli vorliegt.

Die Ursache für die jüngste Kreditaufnahme (die zweite innerhalb weniger Wochen) sind unerwartet hohe Rückzahlungen bei der Gewerbesteuer, für die die Stadt den Empfängern auch noch sechs Prozent Zinsen zahlen muss. Gerätselt wird noch immer, weshalb die Rückzahlungen so kurzfristig bekannt wurden: "Man könnte den Eindruck haben, das städtische Steueramt sei für Wochen in Urlaub gefahren", so Strack-Zimmermann. Leiter des Steueramts ist Frank Scholz, zuvor Büroleiter von Geisels Amtsvorgänger Dirk Elbers (CDU).

Bei der CDU sorgt für Verwunderung, dass der Überbrückungskredit nicht bei der Stadtsparkasse, deren Trägerin die Stadt ist, aufgenommen wurde. Bei der Stadtsparkasse wollte man sich nicht dazu äußern. Aus dem Sparkassenverband aber war zu hören, dass Null-Prozent-Kredite trotz möglicher Strafzinsen wenig attraktiv sind. Sparkassen bunkern ihre überschüssige Liquidität zurzeit nicht bei der EZB, sondern bei der Zentralbank des eigenen Verbandes, der Helaba.

Die Handwerkskammer Düsseldorf sieht die Entwicklung der städtischen Finanzen mit großer Sorge. "Die Schulden von heute sind die Steuererhöhungen von morgen", sagt Kammerpräsident Andreas Ehlert. "Es müssen schnellstmöglich Konzepte zur Verringerung der Ausgaben her." Die Stadt habe bei einem Gewerbesteueraufkommen rund 900 Millionen Euro pro Jahr kein Einnahmeproblem.

(RP)
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