Düsseldorf Aufstand gegen Kahlschlag im Aaper Wald

Düsseldorf · Die Fällung von mindestens 650 Bäumen im Aaper Wald für eine Gas-Pipeline stieß bei der Mobilen Redaktion der RP auf massive Kritik. Die Bürger fordern eine Änderung der Pläne.

 Intensive Diskussion (v.l.): Birgid Maren Vogel, Andrea Vogelgesang, Julia Brabeck (RP), Philipp Tacer (SPD) und Erica Lienau vom Waldkindergarten.

Intensive Diskussion (v.l.): Birgid Maren Vogel, Andrea Vogelgesang, Julia Brabeck (RP), Philipp Tacer (SPD) und Erica Lienau vom Waldkindergarten.

Foto: Orthen

Brutal, intransparent, willkürlich: Selten haben sich Bürger so ablehnend gegenüber einer Maßnahme gezeigt. Im Aaper Wald will die Firma Open Grid Europe (OGE) die Gas-Pipeline (Trasse Duisburg-Köln) aus dem Jahr 1930 erneuern. 650 Bäume sollen dafür fallen. Eine Maßnahme, zu der es angeblich keine Alternative gibt. Die Anlieger am Wald sind auf den Barrikaden, konnten ihre Fragen aber bei der Mobilen Redaktion der RP nicht an Firmenvertreter stellen - OGE hatte abgesagt. Die Kritikpunkte:

Akzeptanz Der Ex-Chefarzt des Augusta-Krankenhauses, Axel Mittelstedt, lehnt das Vorhaben ab. Die Bäume gehörten als Sauerstoffspender zur grünen Lunge der Stadt und hätten auch für Tiere existenzielle Funktion - auch das Umweltamt spreche von einem Biotopeingriff. So argumentiert auch Schauspielerin Dorkas Kiefer: "Ich möchte, dass mein Sohn in einer Umgebung aufwächst, die Natur schützt. Der Einfluss der Stadt ist schon groß genug." Das sieht Otto Gutsch ähnlich. "Ich bin mehrmals in der Woche im Wald, das ist für mich Lebensqualität. Jeder Baum, der fällt, tut mir weh." "Was passiert mit den Tieren? In dem Gebiet lebt der seltene Schwarzspecht und Fledermäuse", fragt Sylvia Franzen. Dutzendfach äußerten die Bürger die Überzeugung, dass man solche Arbeiten schonender durchführen könne oder andernfalls ein anderer Trassenverlauf gefunden werden müsse. CDU-Fraktionschef Rüdiger Gutt äußerte als Chef des Ausschusses für öffentliche Einrichtungen die Überzeugung, dass die Firma sich hauptsächlich aus Kostengründen gegen andere Möglichkeiten wende.

Nachvollziehbarkeit Die geforderte bis zu 14 Meter breite Schneise bleibt unverständlich. "Würde man in der Altstadt so denken, müsste man die Häuser fürs Verlegen abreißen", meint Jürgen Hauswald. "Wenn wir eine Birke kappen wollen, schickt das Gartenamt zwei Prüfer", moniert Ina Diedel, "und hier geht das so einfach?" Dieser Eingriff sei "ein selbst geschaffener Sturm Ela", und alle, die für neue Bäume gespendet hätten, dürften sich auf den Arm genommen fühlen. Ernst Otto vom Grafen versteht nicht, warum man die Rohre nicht bergmännisch, also unterirdisch verlegen kann.

Intransparenz "Ich laufe seit 30 Jahren durch den Wald", sagt Jörg Mintrop. "Und nun soll mal eben gerodet werden? Dubios." Planungsexpertin Susanne Tebbel bemängelt: "Die Bevölkerung ist bislang fachlich nicht informiert worden." Alex Hauck fragt, ob denn in all den Jahren schon mal etwas passiert sei. "Wurde die Leitung überhaupt gründlich untersucht?" Rechtsanwalt Herman Piepenbrock verlangt, die Stadt solle Gutachten und geprüfte Alternativen ins Netz stellen.

Dauer "Wie lange dauert es, bis diese Maßnahme abgeschlossen ist", fragt Karlheinz Blasberg. Auch für den Waldkindergarten, der unmittelbar an der Trasse liegt, ist der Zeitplan sehr wichtig. "Wir müssen bis dahin entscheiden, ob wir am Standort bleiben können", sagt die 2. Vorsitzende Martina Kürten.

 Ein Bagger ist schon angerückt: Im Stadtwald (hier an der Stadtgrenze zu Ratingen) soll eine 14 Meter breite Schneide geschlagen werden.

Ein Bagger ist schon angerückt: Im Stadtwald (hier an der Stadtgrenze zu Ratingen) soll eine 14 Meter breite Schneide geschlagen werden.

Foto: Andreas Bretz

Bedenken Dietmar Piecha kommt fünfmal in der Woche von Unterrath, um durch den Wald zu joggen. "Ich will auch nicht, dass Bäume gefällt werden, will aber sicher sein, dass die Gasleitung, über die mein Weg führt, sicher ist." Axel Müllner gibt zu bedenken: "Eine andere Trasse kann erhebliche Einschränkungen bedeuten, wenn etwa Teile der Reichswaldallee gesperrt werden müssen."

Politik CDU-Fraktionschef Rüdiger Gutt moniert, dass der Antrag schon seit 2014 der Verwaltung bekannt sei, man aber erst jetzt - also zwei Monate vor dem gewünschten Beginn der Bauarbeiten - mit dem Projekt in die Ratsausschüsse gegangen sei. Zudem habe die OGE erst unproblematische Abschnitte der Pipeline erneuert, um zum Schluss diesen Kahlschlag zu präsentieren.

Andrea Vogelgesang von der Baumschutzgruppe erinnert die Ratsmehrheit daran, dass sie den Schutz der Bäume bei Bauprojekten vereinbart habe. Philipp Tacer (SPD), Vorsitzender des Umweltausschusses, erklärt, dass alle Parteien die Verwaltung aufgefordert hätten, aktiv zu werden. Diese soll nun prüfen, ob es alternative Trassenführungen gibt und ob die OGE wirklich einen Rechtsanspruch darauf hat, die Leitung an der alten Stelle zu belassen. Gerald Helmke (Grüne) fordert zudem eine Informationsveranstaltung für Bürger.

(RP)
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