So wohnt Düsseldorf Dieses Haus saugt die Sonne auf

Düsseldorf · Eine Architektenfamilie lebt in einem Denkmal aus den 1930-er Jahren in Golzheim und stellte sich der Herausforderung, so viel wie möglich zu erhalten.

Düsseldorf: So wohnt es sich in einem Denkmal aus den 30ern
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So wohnt es sich in einem Denkmal aus den 30ern

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Schwer zu sagen, was sie an diesem Haus zuerst fasziniert hat. Vielleicht dieses Licht. "Sensationell wie das Haus um das Licht herum gebaut wurde", sagt der Architekt Klaus Brandt, "es saugt so viel Sonne auf wie nur möglich." An diesem Tag aber ist der Himmel grau, Brandt und seine Frau Ulrike, ebenfalls Architektin, versuchen wortreich zu erklären, wie es ist, wenn diese Räume illuminiert werden. Aber da muss noch etwas anderes sein, was dieses Haus in Golzheim seine Inspirationskraft entfalten lässt.

An der Fassade zur Straßenseite scheiden sich die Geister. Die einen teilen die Begeisterung der Besitzer, die anderen stehen kopfschüttelnd davor. In seiner strengen Bauhausform hat das Haus fast etwas Abweisendes, wohl auch durch die sechs vergitterten Fenster neben der Eingangstür. Darüber aber schweben fast spielerisch sechs Bullaugen - ein maritimer Spleen des Erbauers? Vielleicht haben die Schiffe auf dem nahen Rhein den Architekten Karl Wach, Professor an der Düsseldorfer Kunstakademie, Anfang der 1930-er Jahre zu diesen runden Ausblicken angeregt.

Klaus und Ulrike Brandt entdeckten das Haus vor 17 Jahren. Liebe auf den ersten Blick? Jedenfalls muss der Eindruck so stark gewesen sein, dass das Paar auf der Stelle alle Pläne verwarf, eventuell selbst zu bauen. "Wenn man als Architekt für die eigene Familie baut, meint man ja immer, es müsse alles perfekt sein", meint Klaus Brandt. Allerdings stellte sich bei einem alten Haus mit Charakter die Herausforderung, so viel wie möglich zu erhalten, so wenig wie nötig zu verändern - auch unter dem strengen Blicken der Denkmalschützer. Das Ergebnis ist beeindruckend, denn einerseits ist der Respekt vor der Vergangenheit deutlich spürbar, andererseits ist das Haus etwas ganz und gar eigenes geworden, ein Zuhause für eine Familie mit drei Kindern - und ein Ort zum Arbeiten.

Karl Wach hatte das Haus an der Emmericher Straße als Atelier- und Wohnhaus konzipiert, mit einer weiß gestrichenen Fassade aus rauem Sichtbeton, einem Material, das zum ersten Mal für ein Wohnhaus im Rheinland verwendet wurde - schon deshalb ist es denkmalgeschützt. Im Erdgeschoss, dort wohnte der Erbauer, ist nun das Architekturbüro der Eigentümer. Die Erstausstattung blieb sichtbar: Marmorfensterbänke, gusseiserne Heizkörper, eine weiße Falttür als Raumteiler, ausziehbare Fenstergitter ("sind sie zugezogen, geben sie einem sofort ein Gefühl von Abgeschiedenheit") - alles original 1930-er Jahre. Wie auch der helle Fußboden aus Solnhofener Steinplatten, nur wo er brüchig war, wurden Platten ausgebessert und ergänzt. Von seinem Schreibtisch blickt der Hausherr durch ein rundes Fenster - das Gegenstück zu den Bullaugen - in den Garten. Eine Hecke aus hoch gewachsenem Bambus schützt vor Einblicken aus einem Bürohaus in der Nachbarschaft, eine Holzterrasse an der Mauer lässt ein Schwimmbecken aus den Anfangsjahren verschwinden. Der Rasen ist eine besonders robuste Art, "selbst zum Partyfeiern geeignet".

Wohnen und Arbeiten wurden - im Gegensatz zu frühen Jahren - getrennt, hinter einer gläsernen Schiebetür im Erdgeschoss verbirgt sich der Treppenaufgang zu den beiden Wohnetagen, auch dort lässt sich erkennen, was Klaus Brandt "einen absolut fortschrittlichen Grundriss" nennt. Denn das Haus ist so flexibel, das es sich leicht den Bedürfnissen seiner neuen Bewohner anpassen ließ und selbst in Zukunft, wenn die drei Kinder ihre Lebenswege gehen werden - kann es sich weiter verwandeln, vielleicht teilen lassen.

Vor dem Einzug der Familie wurden auf der Wohnetage einige Wände entfernt, so Räume vergrößert, eine Tür zur Diele durch ein Glasfenster ersetzt. Jetzt fällt das Licht von einem Balkon durch dessen gläserne Hauswand ungehindert auf den Esstisch. "Wir haben das Innenleben nur durch wenige Eingriffe verändert", so Klaus Brandt. Wie in einem der Bäder, das einen gläsernen Schlitz bekam - nun treffen die Sonnenstrahlen exakt die Badewanne. Und gegenüber in einem Regal sind die Buchreihen nach Farben sortiert - ein Triumph der Ästhetik, aber nicht unbedingt praktisch, um einen Titel zu finden.

Von der Straße aus lässt sich von all diesen Details nichts erahnen. Das Haus verbirgt sich hinter der Musikhochschule (an manchen Abenden wehen Klänge aus den Übungsräumen rüber), zum Rheinpark sind es nur ein paar Schritte, zum alten Golzheimer Friedhof auch. Nur ein paar Grabmäler aus dem 19. Jahrhundert, einige schon in bedrohlicher Schieflage, sind übrig geblieben, darunter ein kopfloser Engel - Poesie in Stein. Auch wegen einer solchen Nachbarschaft ist dieses Haus unverwechselbar.

(RP)
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